Im Spätjahr 2004 hat es mich auf die Gosch
gehauen, am Eingang der Schikane in Oschersleben kurz nach der Brücke. Ich hab' mir alle Bänder
in der rechten Schulter gezerrt, was ich auch knapp ein Jahr später immer dann spüre, wenn ich
mich blöd bewege. Also ziemlich oft.
Schon beim Sturz kam die Einsicht: "Schwabenleder haben müssen!".
Denn wenn ich mit meinem Yamaha TZ 250-Oldie von 1979 sowas ähnliches wie "Rennen
fahren!" pflege, ist auch bei der Gleichmäßigkeitsfahrerei des VfV das Risiko doch immer
mit dabei. Wegen "No risk, no fun" wird das Adrenalin bis in die letzte Haarspitze
unterm Shoei hochgetrieben. "No risk, no fun", aber bitte mit aller Kalkulation.
Also habe ich mir eine Schwabenleder anmessen lassen. Der Chef persönlich,
Claus Hämmer ist sein Name, ließ es sich nicht nehmen, mit dem Maßband um mich
herumzuspringen. Da ich Teuchert-Fan bin, war mir klar: Teucherts Schnitt und Farbgebung musste
es sein. Denn so oft, wie der runterfällt und wieder aufsteht, als sei nix gewesen, kann es ja
nur eine gute Kombi sein, die er anhat!
Der Claus und ich kennen uns seit Jahrzehnten. Einer respektiert den
anderen. In den vielen Jahren hat er mir drei Lederkombis gemacht und keine hat richtig gepasst.
Wir blieben dennoch Freunde, weil das Nichtpassen der Schwabenleder wohl zu 90 Prozent an meiner
badischen Figur lag und nur zu zehn Prozent an seinem Schnittmuster.
Nach fünf Monaten war meine neue Schwabenleder fertig. Claus'
Mitarbeiter Robin hat sich während dieser Zeit immer rührend um meine Anliegen gekümmert,
wenn ich zweimal die Woche anrief und fragte, wann meine neue Kombi nun endlich fertig sei.
"Ist in der Schneiderei!" höre ich ihn heute noch sagen.
Die Abholung geriet zum Kultevent. Claus und Robin halfen mir rein.
Stellten mich vor den Spiegel. Halfen mir wieder raus. Ziemlich fertig war ich danach, habe sie
dann auf den Bügel gehängt und lange angeschaut. "Zu schön zum fahren", dachte ich
mir, packte sie ein und fuhr nachdenklich nach Hause, um einen angemessenen Platz für sie zu
suchen.
Ich hängte sie ans Heizungsrohr in meiner Werkstatt, setzte mich
davor, öffnete ein Tannenzäpfle und rauchte eine. Es wurden zwei, drei Zäpfle und noch mehr
blaue Camel. Ich habe mir sozusagen Mut angetrunken, für das, was kommen musste: Denn eine neue
Kombi alleine anzuziehen und dazu noch eine neue Schwabenleder, das verlangt schon nach einem
intensiven mentalen Training.
Nachdem die Tannenzäpfle langsam alle waren und ich allen Mut
zusammen hatte, machte ich mich langsam fertig, sie anzuziehen. Und es hat geklappt: Ich musste nichtmal mein Weib aus dem Schlaf holen, damit sie mir
hilft. Sie hätte ja doch nur gelacht. Komplett mit Daytona, Shoei und Held bin ich dann auf
allen meinen Schätzchen probegesessen. Komisch, je höher der Lenker war, desto besser saß
ich. Auf der R 1100 GS am besten.
In Ermangelung einer echten Probefahrtgelegenheit (und dem Wissen,
dass die Zäpfle für mehr als 0,5 Promille gesorgt hatten) habe ich mich entschlossen, die neue
Teuchert-Replica vor dem Computerbildschirm einzutragen. Alle meine Tippfehler während dieser
Zeit konnte ich wegen "Neue Scxhwobalederkomnbi passt noch nicht, Arm-, Hals- und
Fingerbewreglkichkeit stark eingeschränkt!" glaubhaft entschuldigen. Vier Stunden bin ich
im Hanging-Off vor dem Computer gesessen. Die dabei verfasste Geschichte war nicht zu
gebrauchen.
Heute ziehe ich sie schwupp! an, steige auf meine TZ, fahre ein paar
Runden und komme dann auch alleine wieder raus. Die Schwabenleder gibt mir nicht nur das Gefühl,
gut angezogen zu sein, sondern sie vermittelt mir auch das Wissen, dass ich im Fall der Fälle
bestens geschützt sein werde. Das Restrisiko im nicht kalkulierbaren Bereich ist auf ein
Miniumum reduziert.
In diesem Sinne freue ich mich auf das nächste Mal: TZ warmlaufen
lassen, Motor abstellen, Schwabenleder anziehen, Motorrad anschieben, losfahren, glücklich
sein. Und danach Tannenzäpfle trinken, blaue Camel rauchen und an Claus und Robin ein "Danke
vielmals" schicken.
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