Der Sparta Racer...
oder wie sich eine ur-holländische Fabrik auf das internationale Rennparkett wagte

ein Artikel aus der holländischen Zeitschrift Bromfiets
Übersetzung:  Karl Hübben

Wer in Mofakreisen den Namen Sparta fallen lässt, denkt normalerweise wohl nicht an 50ccm Rennmaschinen. Die Fabrik in Apeldoorn hat nach dem Zweiten Weltkrieg neben dem Bau von Motorrädern, auf denen einzelne Fahrer wie Gijs Lagerweij, Jaap Kaspers (Straßenrennen) und Jaap van Etten (Trialchampion) starteten, wohl mehr Furore mit der Produktion von Mopeds und Fahrradhilfsmotoren gemacht (Fahrräder stellte und stellt sie übrigens immer noch her, Anm. des Übersetzers). Und doch war es genau dieser Hersteller, der einem wirklich konkurrenzfähigen 50ccm Renner seinen Namen gab. Nur wenige werden das noch wissen und das werden zweifellos die etwas älteren Rennenthusiasten sein. 

Wie bereits gesagt, es ist fast in Vergessenheit geraten, aber am Ende der 70er Jahre, genauer gesagt 1978, wurde die nationale und auch die internationale Rennszene plötzlich durch ein knallgelb lackiertes Maschinchen aufgefrischt, auf dessen Verkleidung der so vertraute Name Sparta stand. Von einem Donnerschlag aus heiterem Himmel zu sprechen, würde vielleicht zu weit gehen, aber Tatsache ist, dass selbst Insider der nationalen Rennszene nicht damit gerechnet hatten, dass die Kreidler Rennmaschinen Konkurrenz von der gediegenen Apeldoorner Motorrad- und Mofafabrik bekommen würden.

Der Name Piet Plompen dürfte inzwischen ja bekannt sein. Er war jedenfalls der Mann, der mit Jan van Tilburg und den Helfern Leo de Ridder und  Andre Greeve sowie Fahrer Henk van Kessel die 50ccm “Black Arrow“ Weltrekordmaschine konstruierte.
Mit diesem “Schwarzen Pfeil“ brach der frühere 50ccm Weltmeister van Kessel 1977 den Geschwindigkeitsweltrekord in der 50ccm Klasse. Er fuhr mit der Maschine mehr als 221 km/h! Als wir für eine Reportage über die Weltrekordmaschine beim stolzen Besitzer Jac Albers zu Besuch waren, stellte sich heraus, dass an der Wand in seiner Garage auch eine “gelbe Wespe“ in hervorragendem Zustand hängt. Auf der Rennverkleidung stand ein wohlbekannter Name: Sparta!
Damit war also auch das Rätsel um den Verbleib der originalen Sparta 50ccm Rennmaschine gelöst.
Mit dieser Rennmaschine fuhren der ex 50ccm Weltmeister Henk van Kessel und der erst 17jährige Erik Vierdag viele gute Platzierungen und sogar einen nationalen Titel ein, und das trotz einer extrem kurzen Entwicklungszeit in einer gerade mal 16 m² großen Werkstatt.

Wie sah die Geschichte hinter dem Einsatz der kleinen Rennmaschine aus Apeldoorn aus?
Wer wäre besser geeignet, sie zu erzählen, als Technikspezialist Piet Plompen, der Mann hinter dem NGK Rennteam, dem Weltrekordmotorrad und auch dem 50ccm Sparta Rennprojekt.
Piet Plompen hält allerdings wenig von Rückblicken, seine Lebenseinstellung ist: Was gewesen ist, ist gewesen. Aber dank seines langjährigen Freundes Dick Teunissen brachten wir ihn soweit, die Geschichte der Sparta Rennmaschine noch einmal zu erzählen.

Der Weltrekord war der Anlass

Der 50ccm Weltrekord war, wie bereits erwähnt, bereits “eingefahren“, aber die Rennwelt war für Piet Plompen noch voller Herausforderungen, und eine davon war die Konstruktion eines rein niederländischen 50ccm Renners, mit dem man der Konkurrenz auf Kreidler, Bultaco etc. Paroli bieten könnte. Warum sollte man also nicht an eine holländische Zweiradfabrik herantreten, um diesen Plan vorzustellen?

Sparta-0006.jpg (62852 Byte)
Piet Plompen

Bei Sparta befürwortete man diesen Plan, die Apeldoorner sahen durchaus einen Vorteil für sich in dem Rennerprojekt. Piet Plompen konnte die Direktion davon überzeugen, dass sich eine Rennteilnahme sehr wohl verkaufsfördernd für die Mopedproduktion auswirken würde. Zwei Drittel der Produktion an Mopeds ging in die USA, aber man wollte eben auch einen höheren Marktanteil in Europa erzielen. Reklame auf den europäischen Rennstrecken müsste sich da durchaus positiv auswirken. 
Piet fand Gehör bei Sparta Ingenieur J.P. van Kleef, einem enthusiastischen und fähigen Techniker. Auf jeden Fall war eine bessere Reklame für das Apeldoorner Werk kaum denkbar. Letztendlich sollte Sparta, neben den vielen Gulden, die Piet Plompen selbst in die Sache stecken wollte, 70.000 Gulden zum Projekt beisteuern. Das war im Vergleich zu den Millionen, die Kreidler und die Japaner in die Rennerei steckten, eher ein Taschengeld. 
Auf der Basis der NGK Gehäuse und des Motorblocks der Weltrekordmaschine ging das “Team PP“, bestehend aus Piet Plompen selbst (Konstruktion, Tuning und Manager), dem genialen Jan van Tilburg Sr. (Konstruktion und Montageleiter), Leo de Ridder (Entwurf und Realisation der aerodynamischen Form), Andre Greeve (Konstruktion) und Henk van Kessel (Konstruktion und Tuning), ans Werk.

In Zusammenarbeit mit dem Sparta Ingenieur van Kleef war das Team monatelang damit beschäftigt, zwei völlig neue wassergekühlte Motoren mit liegendem Zylinder herzustellen, wobei ein Motor als Reserve dienen sollte. Für die Fertigung der Motoren wurde mit zwei massiven Aluminiumblöcken begonnen, an denen die nötigen Dreh- und Fräsarbeiten ausgeführt wurden.
Da es sich nicht lohnte bestimmte Teile selber herzustellen, wurden diese bei renommierten Zulieferern bezogen und in der Fabrik, wo die entsprechenden Apparaturen zur Verfügung standen, harten Tests unter Rennbedingungen unterzogen. Ein wichtiger Teil dieser Tests bestand aus der Prüfung der Monofederung des Hinterrades, der Scheibenbremsanlage sowie der hydraulischen Kupplungsbetätigung. Der Doppelschleifenrahmen wurde durch Jan van Tilburg und Piet Plompen in Zusammenarbeit mit der Firma Sparta entworfen und gebaut. Als großer Vorteil erwies sich dabei, dass die Fabrik über eine Rahmentestbank verfügte.

Formgebung und Technik 

Sparta-0004.jpg (64545 Byte) Sparta-0008.jpg (65410 Byte)
Sparta-0003.jpg (94634 Byte) Sparta-0005.jpg (88791 Byte)

Luftwiderstand ist gerade für Rennmotorräder ein entscheidender “Bremsfaktor“. Es ist deshalb logisch, dass erst recht in der 50ccm Klasse nach einer möglichst perfekten, schmalen Stromlinienform gesucht wird. Wie man auf vielen Rennfotos sehen kann, führt dies aber dazu, dass der Fahrer an allen Ecken regelrecht “übersteht“. Durch die schmale Verkleidung wird der Fahrer auch in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, und genau dies war der Grund für das PP/Sparta Team, eine Verkleidung zu entwickeln, die dem Fahrer mehr Bewegungsfreiheit bot, aber gleichzeitig auch aerodynamisch überzeugen konnte. Das Ergebnis war nicht nur eine höhere Endgeschwindigkeit, sondern auch ein geringerer Auftrieb am Vorderrad.

In einem Brief vom 23. Februar 1978 wurde die Presse durch Manager Piet Plompen über die 50ccm Rennpläne des NGK Road Racing Teams für 1978 informiert. Darin äußerte er auch die Hoffnung, dass Holland durch eine gemeinsame Anstrengung von Fahrern, Technikern und Sponsoren wieder an die Spitze der 50ccm Klasse gebracht werden könne. Sponsoren waren bitter nötig, und neben dem Anteil der Sparta Fabrik waren das die Hersteller oder Importeure von NGK, Akai, Ashai Pentax, Damen Leathers und Castrol.

In der Presseinformation sind auch technische Details des Sparta Renners zu erfahren. Der Rahmen besteht aus Molybdän Stahlrohr der Dimension 22x1,25mm, der Tank und die Verkleidungsteile sind nach eigenem Entwurf aus glasfaserverstärktem Kunststoff gefertigt. Die Bremsanlage stammt von Brembo und die 28mm Gabel aus dem Hause Marzocchi. Sparta stellte die leichtgewichtigen doppeltwirkenden Stoßdämpfer speziell für dieses Projekt her, und die Räder sind von Campagnolo aus Italien. Der Motor mit einem Bohrungs-/Hub-Verhältnis von 39,5 x 40 mm lieferte 20 PS bei 16.400 U/min an die Hoeckle Kurbelwelle. Die kontaktlose Thyristorzündung lieferte Kröber, und vor dem Drehschiebereinlass ist ein 28mm Bing Vergaser montiert. Die speziell für die Maschine entwickelte NGK “V“ Kerze hat den Wärmewert 11. Das M50 Rennöl für die Mischungsschmierung lieferte Castrol, und die Firma Renold steuerte die Kette der Dimension 1/2x3/16 bei.
Eine elektrische Bosch Wasserpumpe sorgt für die Zirkulation des Kühlwassers, und die sechs Gänge werden mit Hilfe einer Mehrscheibentrockenkupplung geschaltet. Die Maschine steht auf Dunlop Rennreifen der Größe 2,00x18 vorn und 2,25x18 hinten, das Totalgewicht beträgt ganze 55 kg.

Sparta-0002.jpg (178732 Byte) Sparta-1.jpg (109298 Byte)

Fernsehpräsentation und erste Auftritte

Plompen hatte auch im Bereich PR viele Kontakte und eine gute Nase, es gelang ihm, die neue Sparta Rennmaschine sogar im Fernsehen zu präsentieren. Auch auf der RAI Ausstellung 1978 war die Sparta Maschine gleich auf dem Stand Nr. 1 besonders exponiert ausgestellt. Alles in allem eine tolle Reklame für die Firma Sparta, die so ihren Einsatz schon doppelt und dreifach wieder herein geholt hatte.
Die ersten, noch nicht offiziellen Testfahrten fanden auf dem Kurs von Nijvel statt. Fahrer Henk van Kessel war schon nach Ablauf der ersten Testrunden sehr zufrieden mit dem Handling und der Motorleistung. Neben van Kessel sollte Erik Vierdag, der erst siebzehnjährige Enkel des bekannten Gelände- und Straßenfahrers Moby Vierdag, die Sparta fahren.

Podestplätze und eine nationale Meisterschaft

Der erste offizielle Auftritt fand dann unter Fahrer Henk van Kessel bei der TT in Assen statt, und obwohl die Abstimmung noch nicht optimal war, brachte er den ersten Grand Prix mit der Sparta gut über die Runden und wurde am Ende als 16. abgewinkt. 
Zum letzten und entscheidenden Rennen für die nationale niederländische 50ccm Meisterschaft in Heerlen stand Erik Vierdag die Sparta zur Verfügung. Er gewann Rennen und Meisterschaft überzeugend vor Konkurrent Kees van Butter auf Kreidler - ein schöner Erfolg für Sparta. 
Aber wie ging es mit Henk van Kessel weiter? Der fuhr auf einen 10. Platz beim GP von Deutschland, es zeichnete sich also ein richtiger Fortschritt in Richtung Grand Prix Niveau ab. Dies wurde durch einen 3. Platz in Brünn beim GP der CSSR voll bestätigt. Bei den Meisterschaftsrennen in Maastricht konnte Henk einen schönen Sieg einfahren, den das Team gebührend mit Champagner feierte. Es sollte letztendlich das große Finale gewesen sein, denn Sparta zog den Stecker aus dem Rennprojekt!

Die nutzlos gewordene Rennmaschine verstaubte eine Zeit lang in einer Ecke in Plompens Spritzkabine, wodurch sie sicher nicht besser wurde. Der Motor wurde wohl noch einmal in einem NGK Renner verwendet, aber letztendlich wurde die Sparta, zum Glück, wieder mit ihrem originalen Motor vereinigt und durch Marcel Beemsterboer zu einem neuwertigen Zustand restauriert.
Jac Albers, einer der Besitzer der Importfirma Fodor und damit einer der Sponsoren des NGK Sparta Projekts, war befreundet mit Piet Plompen. Als Teil einer Übereinkunft zwischen den beiden konnte Albers die Maschine in seine Auto- und Motorradsammlung übernehmen. So bleibt eine historische und für die Niederlande einzigartige und wertvolle 50ccm Rennmaschine erhalten. 
Was ist nun mit dem zweiten Motor passiert? Auch das ist bekannt. Er ging in den Besitz der portugiesischen Firma Casal. Was man dort weiter damit gemacht hat, ist sozusagen im Nebel der Zeit verschwunden. Vielleicht fährt man damit noch irgendwo in Portugal herum.

Im Rückblick war die Renngeschichte der Firma Sparta bestimmt alle Mühen wert, aber es war zu wenig und zu kurz, um dieser bodenständigen Marke zu einem anderen Image zu verhelfen.



"Thanks to the Dutch magazine Bromfiets, www.bromfiets.nl

+ Ben Looijen
www.jan-de-vries.info


 
Copyright: Classic-Motorrad.de