Schotten (fz). Erstmals in den alten Bundesländern stellte am Samstag der
ehemalige DDR-Spitzenrennfahrer
Heinz Rosner sein Buch „Heinz Rosner … startet für MZ“ vor. Auf der
Pressekonferenz des MSC Rund um Schotten e.V. im ADAC plauderte der
Publikumsliebling des Schottenring Classic Grand Prix mit Humor und
bitterer Ironie „aus meiner hässlichen Zeit von Ost und West“.
Heinz Rosner gelang in der Weltmeisterschaftssaison 1968 ein Kunststück,
das bislang noch keiner geschafft hat: Er schloss in drei Kubikklassen das
Klassement in den Top 5 ab. „Bronze“ holte er bei den 250ern, jeweils
WM-Vierter wurde er im 125er- und 350er-Feld. Das haben Legenden wie
Giacomo Agostini, Mike Hailwood oder Phil Read auch angestrebt, aber nie
geschafft! Zwar hat es gegen solch übermächtige Gegner nie für einen
Grand-Prix-Sieg gereicht, aber zwischen 1965 und 1969 nahm Rosner
insgesamt 26 Mal (nahezu bei jedem vierten WM-Lauf, den er bestritten hat)
als Zweiter oder Dritter an der Siegerehrung teil. Der Nächstbeste in
dieser Wertung hat es auf 19 solcher Ehrenplätze gebracht.
Der Werks-Rennfahrer der DDR-Marke MZ erhielt bereits 1966 ein Angebot von
Suzuki und 1968 von Yamaha. Die DDR-Führung verbot dem eigentlich bodenständigen
Rosner aus Hundshübel im Erzgebirge („Als Sachse sehe ich mich
nicht…“) den Einsatz auf den japanischen Maschinen. Genau wie 1961
Ernst Degner wäre nur die „Republikflucht“ die Alternative gewesen.
„Aber ich wäre ein Lump, wenn ich meine Mutter zurück gelassen hätte.“
Die DDR-Sportoberen hatten aus dem Fall Degner gelernt. Dessen Familie
weilte auf Verwandtenbesuch in der Bundesrepublik, als er mitten im
Schweden-Grand-Prix vom Motorrad sprang und im Wald verschwand!
MZ-Werksfahrer Degner verschenkte damit als DDR-Bürger die
Weltmeisterschaft, holte sie sich aber als Bundesdeutscher im darauf
folgenden Jahr auf einer japanischen Suzuki.
Da Rosner und Degner befreundet waren, setzte die DDR-Sporthoheit fortan
auf (den dreifachen Vater…) Werner Musiol und Rosner durfte erst ab 1965
zu allen Grand Prix und wurde prompt Gesamt-Vierter in der 250-ccm-Klasse.
Das Sensationsjahr 1968 hätte er 1969 mit der Vizemeisterschaft toppen können,
aber zwei Ausfälle ließen ihn wieder Vierter bei den 350ern werden.
„Ich sagte mir nie wieder MZ“, denn das ostdeutsche Motorradwerk bekam
keine Unterstützung mehr von der Ostberliner Führung und verlor endgültig
den Windschatten der japanischen Werke oder der italienischen MV Agusta.
1989 „packte mich wieder der Virus“ und Rosner machte sich mit seinen
beiden MZ-Maschinen einen Namen in der Oldtimer-Rennszene und ist seit
1991 Stammgast in Schotten. Natürlich ist der neue Schottenkurs nicht mit
dem alten zu vergleichen, auch wenn die Kurvenkombination entlang der Post
„WM-Niveau“ hat, wie der holländische Vizeweltmeister Jos Schurgers
einmal sagte. Den alten Schottenring bekam Rosner vom MSC-Vorstand gezeigt
und er war begeistert: „Ich habe ja immer solche Straßenkurse geliebt.
Du hast Bäume, ja, auch mal eine Mauer, um dich zu orientieren. Die
150/100/50-Meter-Schilder auf modernen Strecken helfen überhaupt nicht,
den optimalen Bremspunkt zu finden.“
Ungeachtet des gefährlichen Rufs solcher Strecken wie Isle of Man, Brünn,
und den alten Ausgaben des Sachsen- und Nürburgrings, wie sie bis in die
1970er-Jahre hinein den WM-Terminkalender ausmachten, war ein Schlüsselbeinbruch
die schwerste Verletzung Rosners in der aktiven Zeit. Becken und Schulter
brach er sich hingegen auf dem Hockenheimring 2005. Der Doktor im
Heidelberger Krankenhaus prophezeite ihm „nie wieder gehen zu können“.
Rosner wechselte umgehend das Krankenhaus und ist auch weiterhin gut zu Fuß.
Was den Rennfahrer Rosner angehe, verriet der 69-Jährige in Schotten vor
den rund 30 Besuchern „habe ich die alte Härte wieder“.
Rosner vermisst im heutigen GP-Zirkus auch noch „echte Kameradschaft,
wie wir sie damals pflegten“. Das ist heute noch im Veteranensport,
insbesondere in Schotten. Sein Name zählt auch bei der jüngeren
Generation und er erzählt von Fahrern, die sich nach erfolgreichen und
erfolglosen Überholmanövern bei ihm gemeldet hätten. Die schönste
Antwort hätte freilich der Schweizer Weltmeister Luigi Taveri einmal
einem solchen Überholenden gegeben: „Das hast Du gut gemacht, aber
leider 40 Jahre zu spät.“
„Damals konnten alle schrauben, eine Top-Rennmaschine kostete
erschwingliche 10.000 Mark.“ Und die Besten und nicht etwa die mit dem
meisten Sponsorengeld kamen auf ein Werksmotorrad und die „meckerten,
wenn es nicht lief, auch nicht über die Reifen und den Motor“, sondern
bekannten, dass ihnen bestimmte Strecken nicht gefallen. Insbesondere auf
Strecken im „neutralen Ausland“, wie im finnischen Imatra, „stand
hinter jedem Baum ein Japaner, der genau deine Fahrtechnik beobachtete und
dir hinterher ein Angebot machte“. Im heimatlichen Erzgebirge fand er
dann „hinter jedem Baum einen Russen vor“, denn die Grenzregion war
Aufmarschgebiet zur Niederschlagung der Regierung Dubcek in der
Tschechoslowakei…
Apropos Finnland: Die Äußerung, dass das angesichts der vielen Seen
„ein herrliches Land“ sei, brachte ihm eine Vorladung bei der Polizei
ein… Nicht die einzige während (und auch nach) seiner Karriere, denn
die DDR-Rennfahrer standen unter Beobachtung. „Mindestens drei
Berichte“ gingen ans MZ-Werk, an den DDR-Motorsportverband und „nach
Berlin“. Berichte und Fotos wurden also gemacht, aber nicht für die
Presse der DDR. So beschäftigte sich die DDR-Führung mehr mit den
Artikeln über ihre Rennfahrer als deren Erfolge herauszustellen… So
zeigte sich Rosner wenig überrascht, dass die Staatssicherheit von ihm
eine Akte angelegt hatte, aber umso enttäuschter von der Person, die ihn
als „IM“ für die „Stasi“ ausspitzelte.
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