MOTORRAD-CLASSIC Zweitakt-Treffen am Nürburgring


Die Mischung macht’s

Ob nach alter Väter Sitte als Mischung eingeträufelt, oder durch eine Ölpumpe geschmiert, beim MOTORRAD-CLASSIC Zweitakt-Treffen waren Oldies genau so gerne gesehen wie japanische Zweitakt-Sportler der 70er und 80er Jahre. Denn eines haben allesamt gemein: Sie gehören zur aussterbenden Art einer höchst dynamischen Fortbewegung. 

Von Werner Koch

Welcher Rahmen hätte besser gepasst als das alte Fahrerlager am Nürburgring? Hinter den klapprigen Rolltoren, fast so alt wie der Zweitaktmotor selbst, verbargen sich in den 60er Jahren die ersten japanischen renntauglichen Kopien der DKW und Adler-Motoren. Zwanzig Jahre später waren die Boxen vollgestopft mit plärrenden Yamaha TZ-Rennern, die um den Junioren-Pokal und die deutsche Meisterschaft stritten. Auch für die legendären Gefechte, allen voran Anton Mang gegen Jon Ekerold oder Marco Lucchinellis Husarenritt auf der Suzuki RGB 500, wurden die giftigen Zweitakter in den historischen Mauern gehegt und gepflegt. Man hat tatsächlich das Gefühl, der Duft aus Avgas 105 Flugbenzin und Castrol R30 durchstreift noch immer die Katakomben der quadratischen Anlage, die einem den nostalgischen Schauer über den Rücken jagt.
Das änderte sich auch nicht, als am letzten Septemberwochenende die ersten Besucher einlaufen. Von der gemütlich daher pöttelnden MZ 250, über ein Pärchen fein zurechtgemachter Adler MB bis zu ganz schrill plärrenden RG 500-Vierzylinder, deckt die Bandbreite alles ab, was das Herz begehrt. Vorausgesetzt man ist der Leidenschaft zum simplen Motorenprinzip mit Haut und Haaren verfallen. Was bei den rund 1000 Besuchern zweifellos der Fall war. Ob die blitzblank polierten Sahnestückchen auf dem Hänger herangekarrt wurden oder die Zweitakter mit mehr oder weniger Patina überzogen und vollbeladen daher rollten, war letztendlich egal; Hauptsache, die Szene hatte zum Saisonende noch einmal Gelegenheit ihre Leidenschaft zu pflegen.
Eine erfreuliche Entwicklung beim MOTORRAD-Classic Zweitakt-Treffen: immer mehr Raritäten und Klassiker fanden den Weg in die Eifel. Zum Beispiel eine Geländesport-Zündapp 125, die zweifelsfrei noch artgerecht bewegt und eingestaubt wird. Das gilt auch für diverse Gespanne, denen die Mühen des Alters und des Alltags deutlich anzusehen waren.
Noch etwas dürftig besetzt dagegen das Feld der 50er Zweitakter. Was sich jedoch in Zukunft ändern sollte. Schließlich begann das Motorradabenteuer bei fast allen Klassik-Lesern auf Kreidler und Konsorten.
Kein Mangel herrschte dagegen in der Sparte japanische Klassiker aus den 70er Jahren. Von der eins- zu-eins restaurierten Suzuki GT 750 über eine RD 250, die den Eindruck erweckte, als ob die 1000km-Inspektion noch ansteht, bis zu einem ganzen Geschwader an Dreizylinder-Kawasakis reichte das Repertoire. Logisch, dass auch hierbei heftig und leidenschaftlich diskutiert wurde, ob die Schraube am Bremssattel ein Original oder eine Fälschung ist oder der Drehzahlmesser an der J-Baureihe von einer G-Serie stammt.
Dieser allzu kleinlichen Erbsenzählerei wollte sich die MOTORRAD-CLASSIC-Mannschaft bei der Prämierung des schönsten Serien-Zweitakters nicht anschließen, und so kassierte eine bildschöne, aber leicht modifizierte 500er Dreizylinder Kawasaki den Hauptpreis. Dank dieser Großzügigkeit stand auf Platz zwei eine mit viel Liebe und Leidenschaft präparierte RD 250, bei sich der Besitzer zwar im Farbton etwas vergriffen hatte, die mechanische und optische Aufbereitung jedoch schwer beeindruckte.
Der Besitzer einer Suzuki GT 185 auf Nummer sicher. „Schon deshalb, weil der Mini zehn Jahre lang die Dinger repariert hat und sich bestens auskennt, ist jede Schraube ein Original. Außer einer - aber die verrate ich euch nicht.“ Platz drei also für die Suzuki. Dabei standen noch mindestens zehn andere feine Stücke auf der Wertungsliste, die leider nicht zum Zuge kamen.  
Dass der Zweitakter bis zum Ende seiner Ära die pure Sportlichkeit auf seine (Rauch)Fahne geschrieben hatte, machten Dutzende von Renn-Replicas deutlich. Ob in gelb/schwarzer Kenny-Roberts Lackierung oder als Huldigung an Carlos Lavado in weiß/rot/blau, die Supersportler waren das Salz in der Suppe. Natürlich gab es auch hier handwerklich fragwürdige Konstruktionen, doch dem Ideenreichtum und Erfindergeist waren keine Grenzen gesetzt. Weshalb ein ganz schlauer Kopf den Zylinderblock einer RD 350 LC einfach um 180 Grad verdrehte und die Auspuffrohre wie an den 250er Werksmaschinen aus dem Heck qualmen.
Da Hubraum auch beim Zweitakter durch nichts zu ersetzten ist, implantierten ein paar pfiffige Bastler einer TDM 250 den RD 350 YPVS-Motor, was dem Fun-Bike zu satten Fahrleistungen und bei so manchem 170-PS-Sportfahrer zu erheblichen Depressionen führt.
Auch wenn das geplante einstündige Rennstreckenheizen auf der Grand Prix-Strecke am Sonntagnachmittag wegen einer zeitlichen Verzögerung der laufenden Rennveranstaltung leider ausfallen musste, war das dritte MOTORRAD-CLASSIC Zweitakt-Treffen allemal eine Reise in die Eifel wert, denn wie gesagt: die Mischung macht’s.


In der  Ausgabe 6/2005 der Zeitschrift "Motorrad-Classic" gibt es weitere Infos und Bilder von diesem Treffen.

Zum nächsten Treffen am Ring werde ich meinen Zweitakter 
anwerfen und zu einer lange Reise zum Nürburgring starten.

Peter Frohnmeyer
www.classic-motorrad.de