Sonderausstellung
 Deutsches Zweirad- und NSU-Museum Neckarsulm

MZ - die Motorradlegende aus dem Osten Deutschlands


Fotos und Text: Karl-Heinz Bendix

Nsulm_Museum.JPG (102598 Byte)

Neckarsulm in Baden-Württemberg ist in der Motorrad-Geschichte genauso verankert wie Zschopau im Erzgebirge:
Neckarsulm war für viele Jahrzehnte die Heimat von NSU, einer der wichtigsten deutschen Marken, so wie Zschopau die Heimat einer ebenso wichtigen Marke war, deren Name vor dem zweiten Weltkrieg DKW und anschließend nach einigen Wirren bezüglich der Markenrechte MZ lautete. In Neckarsulm ging der Motorradbau ca. zwei Jahrzehnte eher los als in Zschopau, dafür konnte er sich in Zschopau mindestens vier Jahrzehnte länger halten!
Zudem gibt es nach wie vor die Hoffnung, dass der Motorradbau in Zschopau in sinnvoller Weise fortgesetzt werden kann. www.classic-motorrad.de drückt kräftig die Daumen!
Wenn man also die gerade geschilderte Motorrad-Geschichte der beiden Städte betrachtet, so ist es geradezu nahe liegend, dass es unmittelbar nach der politischen „Wende“, noch vor der nominellen Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, zu einer Städte-Partnerschaft kam. Trotzdem gehörte damals Mut und Initiative dazu, zu der wir heute nach fast zwei erfolgreichen Jahrzehnten dieser Partnerschaft den damals Beteiligten und Verantwortlichen nur herzlich gratulieren können. Denn nur durch solche intensiven Kontakte der Bürger der alten und der neuen Bundesländer wächst erst wirklich zusammen, was zusammengehört.
Weiter geht es mit den Parallelen der beiden Städte:
Neckarsulm kann stolz sein, das großartige Deutsche Zweirad-Museum in seinen Mauern zu beherbergen, und nicht weit von Zschopau gibt es mit dem Motorradmuseum Augustusburg ein Museum von mindestens ebenbürtigem Kaliber. Zudem hat Zschopau nun auch selbst ein kleines, aber feines DKW/MZ-Museum direkt in der Stadt. Wieder gibt es eine bemerkenswerte Parallele, denn das Neckarsulmer Museum ist im alten Deutschordensschloss einquartiert, und in Zschopau hat man das Museum im alten Jagdschloss Wildeck unterbringen können.
Irgendwann muss jemand in Neckarsulm oder in Zschopau eine tolle Idee gehabt haben:
Im Jahr der „Wende“ sollte sich die turnusmäßige Sonderausstellung des Neckarsulmer Museums mit der Marke der Partnerstadt, mit MZ, der Marke des Motorrad-Werks Zschopau, beschäftigen!  www.classic-motorrad.de gratuliert herzlich zu dieser großartigen Idee!
Nächste Idee: Die Sonderausstellung soll am 03.Oktober eröffnet werden, dem Feiertag der Deutschen Einheit! Auch die wurde natürlich in die Tat umgesetzt!



Das Museum wurde in den
nationalen Farben geschmückt.
----------------------------------------------------------------------------------------------------

An dieser Stelle nur noch ein kleines, aber ausgesprochen nettes Detail:
Die Getränke des kleinen Empfangs anlässlich der Ausstellungseröffnung waren mit dem traditionellen MZ-Männchen geschmückt, und diese farbliche Kombination harmonierte gut mit schwarz-rot-gold, den Farben des Tages!

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Die Eröffnungsveranstaltung wurde mit einer Podiumsdiskussion begonnen, u.a. mit den heutigen und ehemaligen Bürgermeistern der zwei Städte, den Verantwortlichen für die Städte-Partnerschaft. Neben dem Podium hat das Museum einige seiner DKW-Exponate mit der zugehörigen Dokumentation der Zschopauer Vorkriegsproduktion gruppiert, da sich die eigentliche Sonderausstellung nur mit der Zschopauer Motorrad-Geschichte ab 1950 beschäftigt.

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Anschließend konnte Fr. Natalie Scheerle-Walz, der unlängst nach einer Neuorganisation der Administration der Neckarsulmer Museen die Leitung des Zweiradmuseums übertragen wurde, die MZ-Ausstellung erst thematisch erläutern und anschließend eröffnen.

 

Ausstellung

Die ökonomischen Verhältnisse in der seinerzeitigen SBZ in den ersten Nachkriegsjahren können aus heutiger Sicht nur katastrophal genannt werden. Trotzdem beschäftigte man sich in Zschopau noch vor der Gründung der DDR mit einem neu konzipierten Leichtmotorrad aufgrund der Hubraum-Beschränkung durch die alliierten Siegermächte. Als diese Beschränkung dann doch zurückgenommen wurde, konnte man in Zschopau glücklicherweise auf einen „großen Wurf“ der Vorkriegszeit zurückgreifen, auf die DKW RT 125.

DKW hatte nämlich bereits Mitte der 30er Jahre das moderne Leichtkraftrad erfolgreich neu definiert, und zwar in Konkurrenz zu den zu dem Zeitpunkt in großen Stückzahlen verkauften 98er MoFa’s der vielen Konfektionsmarken, das eigentlich immer noch ein motorisiertes Fahrrad darstellte. Die DKW RT 21/2 und anschließend die RT 3 waren vollwertige Motorräder, mit Kickstarter und Fußrasten statt Tretkurbeln. Auf dieser Basis konzipierte der Zschopauer Cheftechniker Hermann Weber eine richtungsweisende 125er, die RT 125, die allerdings vor dem Krieg nur in kleiner Stückzahl ausgeliefert werden konnte, und die im Krieg zum Behörden- und Wehrmachts-Leichtkraftrad wurde.
Diese RT 125 feierte nach 1945 ein Renaissance auf dem ganzen Globus. Viele Marken kopierten sie, einige Marken hatten sogar Zugriff auf die als Kriegsbeute entwendeten Fertigungsunterlagen. Harley-Davidson gehörte ebenso dazu wie BSA, und noch in der Mitte der 50er Jahre war das RT125-Vorbild immer noch Benchmark für Yamaha und deren erste 125er, der YA1.
Unter großen Mühen gelang es den Zschopauern, einen erneuten Serieanlauf der RT 125 im Jahr 1950 zustande zu bringen. In fünf Baujahren bis 1954 wurden ca. 30.000 Exemplare produziert, übrigens im Gegensatz zur Vorkriegs-RT stets mit Telegabel und Hinterrad-Federung. Das Nachfolgemodell RT125/1 brachte es in drei Baujahren auf erneut ca. 30.000 Stück, und beide Modelle wurden aufgrund der ungeklärten Namensrechte erst als IFA-DKW, und dann nur als IFA (Industrievereinigung Fahrzeugbau) angeboten.
1956 wurde dann der neue Markenname MZ (Motorradwerk Zschopau) verwendet, und die hier gezeigte MZ 125/2 verzichtete zusätzlich noch auf die Typenbezeichnung „RT“, die schließlich vor dem Krieg für „Reichs-Typ“ stand. Kein Wunder, dass man sich besonders in der DDR nicht sonderlich gern an das untergegangene „Reich“ erinnern lassen wollte. Die MZ-Fans in Ost und West nennen sie und die nachfolgende MZ 125/3 trotzdem munter weiter RT/2 und RT/3!
6 PS erwarteten damals den frohen Kunden, und damit war man trotz des immer noch verwendeten Dreigang-Getriebes auf den damaligen Straßen und bei der damaligen Verkehrsdichte recht flott unterwegs. Übrigens war MZ’s 125er Motor wie sein DKW-Vorläufer jahrzehntelang mit 52 mm Bohrung und 58 mm Hub langhubig ausgelegt, wohingegen die Zschopauer 125er Rennmotoren ab 1953 den ebenso jahrzehntelangen Standard mit der quadratischen Auslegung (54mm Hub und Bohrung) definierten.

Die Zschopauer mussten sich bei den diversen Zubehörteilen mit der Qualität zufrieden geben, die die DDR-Zubehör-Industrie liefern konnte, und die war viel zu oft unterhalb der Erwartungen der Ingenieure. Die Qualität der Ketten war z.B. lange Jahre nicht ausreichend für die Kundenansprüche auf den Exportmärkten. Also reagierte man in Zschopau mit dem genialen Kettenschutz mit Gummischläuchen, der den verschleißfördernden Schmutz von der Kette fernhält, und der bei der RT 125/1 debutierte.

Mit der neuen Marke „MZ“ wurde auch ein neues Emblem – heute würde man dazu „Logo“ sagen – geschaffen, das ein Rad mit dem Dynamik suggerierenden Schweif darstellt.
Meines Erachtens eine großartige stylistische Leistung!

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Die gerade geschilderte Situation bei den Ketten führte dazu, dass man sich bei der ersten Nachkriegs-Neukonzeption für den Kardan-Antrieb entschied, galt es doch, ein Seitenwagen-taugliches Reisemotorrad zu schaffen. Die IFA BK 350 („Boxer Kardan“) ging 1953 mit 15 PS in Serie, und 1956 hieß sie dann MZ BK 350, wobei die Leistung des Motors auf 17 PS angehoben wurde. 1959 endete die Produktion nach ca. 41.000 gebauten Exemplaren.
Zuvor wurde bei MZ zwar noch mit der BK 351 eine modernisierte Version, z.B. mit Langschwinge vorn entwickelt, aber die politisch dominierte Produktionsplanung verhinderte den Serienanlauf.

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Obwohl Mitte der 50er Jahre die BK 350 in ausgereifter Form auf dem DDR-Markt fest etabliert war, wusste die MZ-Leitung unter dem fähigen Werksleiter Sibbe nur zu genau, dass ein zeitgemäßes Mittelklasse-Motorrad gebraucht wurde, das vom ersten Federstrich an neu zu konzipieren war. 1956 war es soweit: Die lang erwartete MZ ES250 wurde vorgestellt, mit dem damals topmodernen Vollschwingen-Fahrwerk, das mit Priorität auf Fahrkomfort ausgelegt worden war, was damals auf den immer noch unter den Kriegsfolgen „leidenden“ Straßen folgerichtig war. „Die Ballerina aus Zschopau“, schwärmte die Werbung seinerzeit! Zu Recht!

Im ersten Jahrgang hatte sie noch eine Doppelport-Auspuff-Anlage, doch schon im Folgejahr hatten die Entwickler den Zylinder thermisch im Griff, so dass auf die preiswertere Einport-Anlage umgestellt werden konnte. Das Styling war damals absolut zeitgemäß, wenn man sich die Wettbewerber aus dem Westen zum Vergleich anschaut, z.B. die Victoria Swing oder die DKW VS-Modelle. 1962 folgten die ES/1-Modelle, die stylistisch kaum verändert waren. Erst die ES/2-Modelle trennten sich in dieser Hubraumklasse vom stylistischen Mainstream ihrer Zeit, doch dazu kommen wir gleich!
----------------------------------------------------------------------------------------------------
ES125_re.JPG (392779 Byte)

1962 war die Fahrwerktechnik der MZ 123/3 („RT/3“ im „Volksmund“) veraltet, und so hatten die Zschopauer Entwickler längst an einem Nachfolger gearbeitet. Nachdem die „/3“ das lange erwartete Viergang-Getriebe bekommen hatte, war am Motor nur von außen kaum sichtbare Detail-Arbeit notwendig. Das Fahrwerk wurde nun auch endlich auf „Vollschwinge“ umgestellt, und damit stellte man sich in Zschopau nun gegen den weltweiten Trend zur Telegabel.

 Man darf aber bei der Konzeption der ES125 nicht vergessen, für welche Märkte sie konzipiert war, und auf der zu erwartenden eher mäßigen Qualität der Fahrbahnoberflächen machte das Schwingen-Fahrwerk durchaus Sinn! Allerdings wurde auch das Styling der 125er radikal verändert. Es wirkte zum Teil avantgardistisch, zum Teil aber auch „bizarr“, nicht unbedingt „modern“, was die Vorwegnahme des kommenden Mainstreams bedeutet hätte. Mit der technischen Konzeption und dem „radikal“ wirkenden Styling wurden die Exportchancen in die westlichen Länder deutlich negativ beeinflusst.
 Die dortigen Interessenten an einer 125er hatten eben meistens kein „Nutzfahrzeug“ auf zwei Rädern mehr im Sinn, das die ES125  in ausgesprochen tauglicher Weise verkörperte. So konnte sie kaum dazu beitragen, die von der politischen Führung der DDR ersehnten Valuta der westlichen Märkte zu erwirtschaften.
Abschließend soll aber noch eine bemerkenswerte technische Innovation erwähnt werden: Der nicht „gelenkte“ Scheinwerfer besaß bereits asymmetrisches Abblendlicht! Der Scheinwerfer war aber auch nun der Ort, an dem das mittlerweile gekonnt simplifizierte Emblem seinen neuen Platz fand.
----------------------------------------------------------------------------------------------------

In den 50er Jahren war NSU „in aller Munde“ wegen der sensationellen Rennsport-Erfolge. Doch bereits parallel zu der seinerzeit weltweit führenden Rennsport-Technik beschäftigten sich die Neckarsulmer Protagonisten wie Ewald Praxl und Dr. Froede mit einer ganz anderen Technik-Sensation, die dazu auserkoren war, NSU an die technische Spitze der Kfz-Serienentwicklung zu katapultieren: dem Wankel-Motor.

Hier ist nicht der Platz zu diskutieren, wie das von Felix Wankel favorisierte Konzept von NSU modifiziert wurde, doch sorgte die Vorstellung des NSU-Kreiskolbenmotors weltweit für jahrelangen Gesprächsstoff sowohl für Ingenieure und als auch für die Fans. Eine breite Fraktion in der Industrie glaubte fest daran, dass die endgültige Ablösung der Hubkolben-Triebwerke bevorstand.
In der DDR beobachtete man die Wankel-Entwicklung intensiv. PKWs mit Viertaktmotoren gab es schon etliche Jahre nicht mehr, weil die finanziellen Mittel in Berlin nicht genehmigt wurden, die man benötigt hätte, um ein zeitgemäßes Viertakt-Triebwerk zu entwickeln und in eine qualitativ hochwertige Produktion zu bringen. Die Viertakt-AWOs aus Suhl fuhren in den späten 50er Jahren auch bereits ihrem Produktions-Ende entgegen, da die politisch ausgerichtete Lenkung der zentralen Kfz-Entwicklung voll auf den Zweitaktmotor gesetzt hatte, genau zu dem Zeitpunkt,  als er im Westen bei den PKWs kurz vor dem „Aussterben“ stand.
Doch dann sah man eine Möglichkeit, wieder kostengünstig an die weltweite technische Entwicklung anzuschließen. Die Zweitaktentwickler kannten sich schließlich aus mit der Ladungswechsel-Steuerung durch „Schlitze“. Dieses Know-how gedachten die DDR-Entscheider zu nutzen, denn Wankel-Motoren  werden schließlich ebenfalls durch den „Läufer“ gesteuert wie Zweitakt-Hubkolben-Triebwerke durch den Kolben. So erwarb die DDR hochoffiziell eine Wankel-Entwicklungs-Lizenz bei NSU, die schließlich ziemlich preiswert war, solange noch keine stückzahlabhängigen Lizenzgebühren für eine eventuelle Serie zu zahlen waren.
Nicht nur in den PKW-Produktions-Standorten Eisenach und Zwickau beschäftigte man sich also mit dem Wankel-Motor, sondern auch in Zschopau! Auch die Motorrad-Produktion wäre natürlich bei entsprechendem Entwicklungserfolg auf den Wankel-Motoreinsatz umzustellen gewesen.
Die erste Wankel-Motorentwicklung war ein wassergekühlter Einscheiben-Motor, der sogar in Prototypen für die Fahrerprobung umgesetzt wurde, und zwar im Fahrwerk der nicht in Serie gegangenen BK 351. Das hier zu sehende Exemplar überlebte in den vielen Jahren seit der erfolglos abgeschlossenen Entwicklung, und es demonstriert, was in Zschopau alles möglich gewesen wäre, hätten die Ingenieure nur so „gekonnt“, wie sie „gewollt“ hatten!
Was hier auch nicht verschwiegen werden soll: In Zschopau hatte man den Wankel-Motor längst ad acta gelegt, als man in Schweinfurt und in Nürnberg noch daran glaubte, mit Wankel-Motorrädern die Zukunft der Fa. Hercules zu sichern. Vergebens, wie man heute weiß.

Die Probleme des Wankel-Motors wurden seinerzeit eher nicht in der Öffentlichkeit diskutiert. Ein wesentliches Problem ist, dass sich der Brennraum mit dem Läufer mitbewegen muss. Bescheidene Verbrennungswirkungsgrade und auffällig hohe Schadstoffemissionen wurden anfangs kaum ernst genommen. Auch in Zschopau versuchten die Ingenieure, die benötigte Brenngeschwindigkeit und die Entflammungssicherheit mit einer Doppelzündung sicherzustellen. Die von BOSCH für den Wankel-Motor erprobte HKZ fehlte ihnen damals hingegen.

Das Schicksal des Wankel-Motors ist bekannt: NSU setzte voll auf diese Karte und verlor! NSU verlor besonders seine Selbstständigkeit, seine selbstbestimmte Existenz! In Zschopau arbeitete man verbissen an einer erhofften Eignung für die Serie, und es kam sogar zu einer zweiten Konstruktion, einem luftgekühlten Einscheiben-Motor, der zumindest das angesetzte Kostenziel leichter erreichen sollte als der wassergekühlte erste Entwurf. Auch dieser Motor wurde im Fahrversuch (in einem modifizierten ES/2-Fahrwerk) erprobt.
Trotzdem kam es nach fast einem Jahrzehnt engagierter Arbeit zur Einstellung der Wankel-Entwicklung. Im Gegensatz zu NSU hatte man eben in Zschopau nicht alles auf die Wankel-Karte gesetzt, aber nun ging es halt mit den herkömmlichen Zweitakt-Motoren weiter. Für die MZ-Motorrad-Entwicklung war das in den 70er Jahren noch lange kein Makel, aber für die DDR-PKW-Entwicklung hatte man sich damit international längst in eine Nische gestellt, die die Rückständigkeit der Entwicklungsmöglichkeiten dokumentierte.

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Ein kleines Detail des Wankel-Prototyps wollen wir hier noch behandeln: die Kardanwelle neben dem Schwingenholm, die schon zum BK351-Prototyp gehörte. Diese Konstruktion gab es auch schon bei der 1956 vorgestellten Sport-AWO.
Es wurde immer wieder einmal behauptet, dass die BMW Werksrennmaschine 256 dafür als Vorbild diente, doch für die beiden DDR-Konstruktionen war es sicherlich viel wichtiger, dass für den Rahmen mit Hinterradschwinge kein komplett neues, an den Schwingenholm anzuflanschendes Hinterachs-Getriebegehäuse zu entwickeln war.

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Die Vespa von Piaggio veränderte die Zweirad-Märkte weltweit nach dem zweiten Weltkrieg, und zwar nachhaltig! Auch in der DDR wurde der Markterfolg der neuen Fahrzeug-Kategorie, der „Motor-Roller“, aufmerksam beobachtet. 1953 wurde eine Roller-Entwicklungs-Gruppe etabliert, aber nicht in Zschopau! Deren Entwicklungs-Truppe war nämlich „bis über die Ohren“ ausgelastet. 

Die Berliner Bürokraten hielten die Industriewerke Ludwigsfelde, die in dem dortigen ehemaligen Daimler-Benz-Werk angesiedelt wurden, für geeignet, den Roller-Marktbedarf der DDR zu decken.
Die Zschopauer mussten „nur“ die Triebwerke liefern, was einfacher gesagt als getan war angesichts der Versorgungslage mit den benötigten Zubehör-Lieferungen, und so entstand zuerst für diesen Zweck eine gebläsegekühlte Variante des RT125-Motors. Die ersten beiden Ludwigsfelder Roller, „Pitty“ und „Wiesel“ genannt, hatten es wirklich schwer, sich durchzusetzen. Der „Pitty“ brachte es in zwei Baujahren auf nur ca. 11.000 Exemplare, und der „Wiesel“-Roller konnte in vier Jahren immerhin knapp 60.000 Käufer finden.

1959 wurde dann mit dem Typ „Berlin“ die wohl ausgereifteste DDR-Roller-Konstruktion in die Produktion gebracht. Dabei war besonders wichtig, dass der altehrwürdige RT-Motor nun endlich mit etwas mehr Hubraum ausgestattet wurde. Zu dem Zweck wurde die Bohrung von 52 auf 56 mm vergrößert.
Damit war der „Berlin“ nun nicht nur voll soziustauglich, sondern auch stark genug, noch den ebenfalls von IWL angebotenen Anhänger „Campi“ zu bewältigen!

Berlin_Campi.JPG (88382 Byte)

Das in der Ausstellung zu sehende „Berlin/Campi-Gespann“ ist heute unter den Veteranen-Fans in der ehemaligen DDR eine gesuchte Rarität!
Bis 1962 wurden immerhin ca. 115.000 Exemplare des „Berlin“ produziert! Weiß jemand, wie viele "Campis" produziert wurden?

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Die Fans der Marke MZ in Ost und West wissen sicherlich, wo Zschopau auf der deutschen Landkarte zu finden ist, aber es werden hoffentlich viele Interessierte die Ausstellung besuchen, bzw. einige diesen Artikel lesen, die sich mit diesem geografischen Detail unseres Landes noch nicht beschäftigt haben. Für die gibt es eine Karte in der Ausstellung, auf der man Zschopau ganz im Süden der seinerzeitigen DDR finden kann.
Zudem sind die Campingplätze verzeichnet, die das Berlin/Campi-Pärchen aufsuchen konnte.

ddr-landkarte.jpg (99311 Byte)

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Die Entwicklungslinie der 250er ES-Modelle endete mit dem /2-Modell, das von 1967 bis 1973 produziert wurde. Die Produktion der ES250/2 wurde deshalb so lange fortgesetzt, weil das sportlicher konzipierte Nachfolge-Modell ETS 250 („Einzylinder-Telegabel-Schwinge“) nicht mehr für den Gespannbetrieb vorgesehen war. Die ES250/2 war hingegen voll gespanntauglich, und die Kombination mit dem Stoye Superelastic-Seitenwagen hatte einen hohen Reifegrad erreicht. Im westlichen Ausland gab es zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine von der Industrie angebotenen Gespanne mehr, es gab auch nach dem Produktionsende der BMW-Schwingenmodelle keine Motorräder mehr, bei deren Konstruktion der mögliche Gespannbetrieb überhaupt berücksichtigt worden war. So besetzte das ES250/2-Gespann diese verwaiste Nische, auch wenn die im Westen abgesetzte Gespann-Stückzahl überschaubar geblieben sein dürfte.
Die ES250/2 übernahm das oben schon ausführlich beschriebene gewöhnungsbedürftige Styling der ES125, das allerdings mit den ETS-Modellen in beiden Hubraumklassen wieder verlassen wurde zugunsten einer weniger exotischen Formgebung. Die ETS-Modelle erzielten damit besonders auf den Export-Märkten eine wesentlich leichtere Akzeptanz.
Die hier in Neckarsulm gezeigte ES250/2 ist ein unter MZ-Fans legendäres Schnittmodell, das seinerzeit auf unzähligen Ausstellungen präsentiert wurde. An ihm lassen sich viele Motor- und Fahrwerkdetails studieren.

Die ES250/2 übernahm den Einschleifen-Rohrrahmen von den Vorgänger-Modellen, aber auf die Motoraufhängung am vorderen Rahmenrohr wurde nun verzichtet, weil der Motor jetzt auf Gummielementen gelagert wurde. Die ETS250 behielt dieses Rahmenkonzept noch bei, aber da nun bei entsprechend steifer Gestaltung der oberen Rahmenpartie der Unterzug ohne Funktion blieb, bekam das nächste 250er MZ-Modell, die TS250 folgerichtig einen Rückgrat-Rahmen.

Zur Sportbeteiligung von MZ kommen wir gleich noch, aber hier bei der ES250/2 muss ganz einfach schon erwähnt werden, dass MZ in den 60er Jahren den Enduro-Zuverlässigkeits-Sport nach Belieben beherrschte. Von 1963 bis 1967 zum Beispiel gewann das MZ-Team ununterbrochen die Six Days-Trophy, die (damals allerdings noch nicht so genannte) Weltmeisterschaft im Gelände-Sport. Daher bekam die ES250/2 den Zusatznamen „Trophy“, mit einem entsprechenden Schriftzug auf dem Tank!

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Die politischen Spitzen der DDR legten stets viel Wert auf korrekte Repräsentation bei Staatsbesuchen, und da seit geraumer Zeit weltweit eine Motorrad-Eskorte dazu gehörte, um den internationalen Gästen seine Reverenz zu erweisen, schien den Herrschaften aus Wandlitz wohl irgendwann der „Look“ der serienmäßigen 250er MZ auch in der Polizei-Ausführung als zu wenig repräsentativ für diesen Zweck. So gab ausgerechnet Erich Mielke’s Ministerium eine spezielle Eskorten-Version der ETS 250 in Auftrag, mit einer heute merkwürdig unelegant wirkenden Verkleidung, und mit viel zusätzlichem Chrom. Es wurden ca. 70 Exemplare der Eskorten-MZ gefertigt, die heute zu den gesuchtesten Sammlerobjekten für die MZ-Fans gehören.

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Über die MZ-Modelle der 80er Jahre brauchen wir hier nicht viele Worte zu verlieren, denn die sind aufgrund ihrer ausgesprochenen Robustheit noch oft präsent im heutigen Straßenverkehr, wie diese ETZ125…

…und diese ETZ250. Beide Modelle wurden und werden von den Fans immer noch liebevoll „ETZE“ genannt!
Mit der ETZ 251 und der ETZ 301 endete die Zschopauer Zweitakt-Entwicklung, die kurz nach dem ersten Weltkrieg mit Hugo Ruppes Spielzeugmotor „Des Knaben Wunsch“ begonnen hatte.

----------------------------------------------------------------------------------------------------
VoPo_mz.JPG (113934 Byte)

Von allen MZ-Modellen gab es Behörden- und Armee-Modelle. Stellvertretend für die lange Liste dieser Sondermodelle wird in Neckarsulm das Armee-Modell ETZ250A gezeigt.
Zu den Ausstattungsdetails von Armee-KFZ gehören stets aufwändige Maßnahmen zur Funkentstörung der Zündanlage, wie man hier an dem Zündkabel sieht!

----------------------------------------------------------------------------------------------------

In den 80er Jahren wurde der brasilianische Motorrad-Markt interessant für viele Hersteller.
Die japanischen Marken haben solche Gelegenheiten, bemerkenswerte Stückzahlen abzusetzen, nie ungenutzt verstreichen lassen, und MZ wurde vom brasilianischen Importeur signalisiert, dass gute Absatz-Chancen vorhanden wären, wenn nur das Styling der Motorräder dem dortigen Geschmack angepasst werden würde. So orientierten sich die DDR-Motorrad-Formgestalter erstmals wieder nach geraumer Zeit an den Markterfordernissen und stylten diese „ETZ 250 RS“ getaufte Brazil-MZ, deren Design-Vorbilder deutlich zu erkennen sind. Schade eigentlich, dass das ganze Projekt ohne nennenswerte Stückzahlen blieb.

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Das Konzept der Neckarsulmer MZ-Ausstellung wurde so gestaltet, dass die ausgestellten Großserienmodelle ab der Wiederaufnahme der Zschopauer Nachkriegs-Motorrad-Produktion im Jahr 1950 so platziert werden, als ob sie sich in Richtung auf die geöffnete Berliner Mauer bewegen würden. Die wesentlichen Jahreszahlen für den Produktionsbeginn der diversen Modelle sind dabei auf dem Boden dargestellt, und die Modelle sind chronologisch geordnet. Die Sondermodelle stehen an den Seiten, und der IWL „Berlin“ und die ES250 gehören zur Camping-Szene, die nicht in Beziehung zur Maueröffnung steht.

MZ nach der Wende

Auf die wechselvolle Geschichte der Zschopauer Motorrad-Produktion nach der politischen Wende in der DDR wollen wir hier nicht detailliert eingehen, sondern nur kurz die gezeigten Exponate erwähnen. Vermutlich muss man noch eine gewisse Zeit abwarten, bis die Geschichte von MuZ/MZ nach 1990 historisch gerecht beurteilt werden kann.

MZ hatte schon in den letzten beiden DDR-Jahren Kontakte zum österreichischen Motoren-Produzenten Bombardier-ROTAX geknüpft. Dabei ging es anfangs weniger um eine Entwicklung für die Serie als um neue Eskorten-Motorräder. Den Staatsgästen möchte man nämlich nicht mehr zumuten, dass die Zweitakter ab und an ihre berüchtigten Qualmwolken aus den Schalldämpfern absetzten. Der sprichwörtliche „Räng-Täng-Täng“-Sound war auch nicht mehr angesagt, kurz: Viertakter mussten her.
Die Eigenentwicklung schied aus Kostengründen natürlich aus, also wählte man den ROTAX 504, um ihn in ein nur wenig modifiziertes ETZ-Fahrgestell zu setzen!
Die Prototypen fuhren schon zur allgemeinen Zufriedenheit der Beteiligten, als die DDR kollabierte. Anschließend brachen nach der Währungsunion die Märkte für die Zweitakt-MZ weg, so dass die von der Treuhand an eine Interessentengruppe abgestoßene Fa. MZ dringend zeitgemäße Produkte zum Überleben benötigte. Die fast abgeschlossene Entwicklung des Eskorten-Krads wurde reanimiert und in ein serientaugliches Konzept gewandelt. Kurze Zeit später wurde daraus ein Modell im Retro-Styling, die „Silver Star“. Ich vermute, dass dieses Modell in nicht allzu ferner Zukunft ein gesuchtes Sammler-Modell werden wird.

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Natürlich blieb die Silver Star ein Nischen-Modell, denn der Markt für retrogestylte Motorräder war und ist begrenzt. Beim Vortrag am 06. Oktober von "MZ-Urgestein" Christian Steiner über die wechselvolle Zschopauer Motorradgeschichte musste Platz geschaffen werden für das Publikum, und so verschwand die Silver Star wirklich in einer Nische!

----------------------------------------------------------------------------------------------------
 

In den letzten Jahren versuchte MZ, sich z.B. ein Stück des Kuchens der 125er Leichtkrafträder zu sichern und entwickelte zu dem Zweck ein 125er Viertakt-Modell. Wer die Szene aber einigermaßen einschätzen kann, weiß, unter welchem Kostendruck ein solches Produkt steht, wenn es mit den in Asien gefertigten Wettbewerben konkurrieren muss.
Auch die Entscheidung, es mit europäischen und asiatischen Marken auf dem Gebiet der Supersport-Bikes mit einer Eigenentwicklung, der MZ 1000S aufzunehmen, war mutig und wurde von vielen Beobachtern in Zweifel gezogen. Allerdings muss man dann auch erst einmal bessere Konzepte zum Überleben in der von starkem Konkurrenzdruck bestimmten Branche haben. Gab es welche? Die ebenfalls ausgestellte MZ Scorpion „Replica“ ist wohl keine derartige Alternative, denn bei ihr handelt es sich auch um ein Nischen-Konzept.
Quo vadis, MZ? www.classic-motorrad hofft, dass sich ein tragfähiges Konzept finden lässt, wie es zum Beispiel Triumph zum Neustart verholfen hat. Dort standen allerdings auch beachtliche Budgets zur Verfügung, die derzeit in Zschopau leider nicht realistisch sind.

MZ und der Motorsport

In Zschopau wurde immer Motorsport betrieben. Schon der DKW-Gründer J.S. Rasmussen hatte frühzeitig die Werbewirksamkeit von Motorsport-Erfolgen erkannt. Kaum war der erste Zschopauer Fahrzeug-Motor, Hugo Ruppes Fahrradhilfsmotor vom Gepäckträger in’s Rahmendreieck gewandert, schon standen die DKWs am Start von Motorsport-Wettbewerben. Schon das erste als Motorrad, als Leichtkraftrad einzuschätzende DKW-Modell wurde in harten Langstreckenfahrten auf Herz und Nieren getestet, und selbstverständlich mit Erfolg, so dass der Name der seinerzeit äußerst populären Reichsfahrt in die Modell-Bezeichnung übernommen wurde: das „Reichsfahrt-Modell“ wies jeden Interessenten auf den motorsportliche Hintergrund der Konstruktion hin.

Schon Mitte der zwanziger Jahre gab es einen Werks-Rennstall von beachtlichen Ausmaßen, und in der zweiten Hälfte der 20er Jahre trennte sich bereits die bei den Werksrennmaschinen eingesetzte Technologie von denen der Serien-Motorräder. Echter Profi-Sport war bereits notwendig, um im Konzert der großen im Motorsport erfolgreichen Marken mitspielen zu können. Doch DKW dachte auch stets an die Markenförderung durch Erfolge von Privat-Fahrern, denen man reinrassige „Production Racer“ anbieten konnte. In den 30er Jahren stieg die Popularität des Motorsports erneut, die Massenwirksamkeit der großen Veranstaltungen ist heute kaum noch vorstellbar. DKW als Marke der AUTO UNION investierte beachtliche Summen, um an die Weltspitze zu gelangen und dort zu bleiben. Hier seien nur Ewald Kluges Lightweight-TT-Sieg mit der DKW ULD 250 und Heiner Fleischmanns 350er Europameisterschaft mit der DKW UL 350 genannt.
Diese Tradition wollte man in Zschopau trotz der furchtbaren ökonomischen Lage in der SBZ der späten 40er Jahre selbstverständlich fortsetzen. Kaum wurden die ersten Prototypen der kommenden IFA-DKW RT125 aufgebaut, die man eigentlich dringend für die Vorserienerprobung, für die Vorführung für Journallisten und nicht zuletzt auch für die Ausstellungen benötigt hätte, schon wurde von der zentralen Kfz-Entwicklungsleitung in Chemnitz entschieden, ein Rennmotorrad aufzubauen. Auf die Demonstration der Leistungsfähigkeit der neuen RT125 im Sport wollte man keineswegs verzichten. Als Fahrer war Harald Linke vorgesehen, dem somit die Ehre zukam, als erster von der Industrie eingesetzte Fahrer in der DDR an den Start zu gehen, lange bevor es wieder eine Sportbeteiligung der Zschopauer gab, lange bevor die neue Sportabteilung unter Walter Kaadens Leitung etabliert wurde.

Sehr bald starteten die Zschopauer selbst wieder im Sport, und die Motorräder mussten aufgrund der vorrangig zu lösenden Produktionsprobleme in sogenannter „Feierabend-Tätigkeit“ präpariert werden. Die RT125 wurde so auf die geradezu sprichwörtliche Zuverlässigkeit gezüchtet, und bald erschien auch die BK 350 solo und im Gespann im damals enorm populären Geländesport. Kaum war die ES 250 in die Nähe der Serientauglichkeit gekommen, schon wurde einer der beiden überhaupt zu dem Zeitpunkt fahrfertigen Prototypen zu einer GS-Maschine umgebaut, der seine Feuertaufe bei der Geländefahrt „Rund um Zschopau“ erlebte. Wer saß dabei in ihrem Sattel? Niemand sonst als wieder Harald Linke, der heute noch lebhaft aus seiner Motorsport-Karriere und seinen vielen anschließenden Jahren in der DDR-Kfz-Industrie berichten kann.

Hier noch eine Bemerkung zu „Rund um Zschopau“, da wir uns ja gerade in Neckarsulm befinden: das NSU-Werksteam trat dort mit einer 10 Jahre später kaum mehr vorstellbaren Selbstverständlichkeit an, und zwar mit dem damaligen Superstar Werner Haas im Sattel, der bereits drei gewonnene Straßen-WM-Titel auf seinem Konto hatte. Werner Haas’ Erscheinen in der Öffentlichkeit löste seinerzeit ähnlich euphorische Fan-Bekundungen aus wie heute etwa Valentino Rossi, aber kann man sich heute vorstellen, dass ein dreifacher Straßenweltmeister bei einer GS-Veranstaltung an den Start geht?

----------------------------------------------------------------------------------------------------

MZ fuhr damals zweigleisig im Sport: neben der für notwendig erachteten Rennsport-Teilnahme wollte man keineswegs auf den seriennahen Zuverlässigkeits-Sport verzichten. Die Rennsport-Technik hatte sich längst weit von der abgesetzt, die in der Serie einsetzbar war.

Aber im Gelände, da konnte man sich mit sehr seriennaher Technik bewähren und damit demonstrieren, auch welchem Niveau man sie beherrschte. Damals wurde das eben noch vom interessierten Publikum, die fast alle selbst Motorrad fuhren und somit potenzielle Kunden darstellten, sorgsam beobachtet.

Das Foto hier zeigt die typische MZ-Geländemaschine der ersten Hälfte der 60er Jahre, die ETS250/G als Werksmaschine. Die Seriennähe des Motors fällt sofort auf, und die Fahrwerkstechnik ist komplett unspektakulär, denn die Feinheiten stecken im Detail. Der einzige echte Unterschied zur Technik der Serienmaschinen ist die Telegabel vorn statt der Langschwinge der ES250/1 oder ES250/2, aber die dann bei der ETS250 in Serie gegangene Telegabel ist selbstverständlich aus der der Geländemaschine hervorgegangen!

In den ersten sechs Einsatzjahren der 250er MZ-Geländemaschine war vorn noch die Langschwinge in Verwendung, so dass das Modell natürlich ES250/G genannt wurde. Da das Modell ziemlich viele Komponenten aus Stahl und anderen Eisen-Werkstoffen besaß, war es noch ziemlich schwer, jedenfalls schwerer, als die Fahrer es sich gewünscht hatten. Da die Geländefahrer damals einen rauen, aber herzlichen Tonfall in ihrer Sprache benutzen, wurde das Kürzel „ES“ („Einzylinder – Schwinge“) kurzerhand zu „Eisenschwein“ umgedeutet.

Wenn man in der Diskussion mit den Kennern der Marke den Begriff „Eisenschwein“ verwendet, weiß jeder, was gemeint ist. Allerdings wurde die Bezeichnung immer noch verwendet, als die GS-Modelle längst „ETS“ hießen und erfolgreich abgespeckt wurden.

Immerhin dominierte MZ mit dem Werks-„Eisenschwein“ die SixDays in der Mitte der 60er Jahre unangefochten! Fünf Tropy-Siege in Folge von 1963 bis 1967 sprechen eine deutliche Sprache! Zudem hatte man die Fahrer herangebildet, die die „Eisenschweine“ auf hohem Niveau einzusetzen verstanden!

In den späten 60er Jahren zeichnete sich endlich ein neuer Motorrad-Boom in den westlichen Ländern ab nach einer fast 10 Jahren Flaute am Markt. Der Geländesport wurde noch wichtiger als bisher, als Erprobungsfeld, und natürlich auch zur Demonstration der technologischen Kompetenz der Marken. Die von den Werken aufgewendeten Budgets wuchsen, weil die Werbeetats die benötigten Summen hergaben.

 Dadurch trennte sich langsam, aber unaufhörlich der technische Stand der GS-Motorräder von der Serie, wie viele Jahre zuvor schon bei der Rennsport-Technik zu beobachten war. MZ versuchte solange wie möglich mit seriennaher Technik dabei zu sein, doch irgendwann war der Punkt erreicht, dass man auch in Zschopau ein neues GS-Konzept auf die Räder zu stellen hatte, um weiter erfolgreich zu sein. So wurde nun ein Motor konstruiert und in kleinen Stückzahlen produziert, der sich deutlich von der Serientechnik abhob. Bei den Serienmotoren war beispielsweise die Kupplung stets auf der Kurbelwelle angeordnet, und so waren auch die Motoren der „Eisenschweine“ aufgebaut. Der neue GS-Motor musste sich nun dem konstruktiven Mainstream anpassen, und so bekam er die Kupplung am üblichen „Ort“, auf der Getriebe-Vorgelegewelle. Die hier in Neckarsulm gezeigte GS350 aus dem Jahr 1975 repräsentiert die MZ-Geländemodelle aus dieser Epoche in wunderbarer Weise.

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Bei diesem Anblick würden britische
 SixDays-Fans bemerken: „What a nice pair!“

----------------------------------------------------------------------------------------------------
GS500WC.JPG (123818 Byte)

Im Laufe der Jahre veränderte sich der Charakter der Six Days beträchtlich! Dennoch wurde man in Zschopau nicht müde, die Motorräder den veränderten Einsatzbedingungen anzupassen. Six Days waren „Pflicht“ für die in Hohndorf angesiedelte MZ-Sport-Abteilung!

In den späten 80er Jahren degenerierten die Six Days zu einer Art „Dauer-MotoCross“, und daher musste sich die Motor-Technik auch der der echten MotoCross-Motorräder anpassen. Das bedeutete für das zu dem Zeitpunkt benötigte Leistungs-Potential den notwendigen Einsatz der im MotoCross-Sport längst obligaten Wasserkühlung!

Die hier gezeigte MZ 500 GS stellt den Schlusspunkt einer jahrzehntelangen Entwicklung dar! Eine Entwicklung, die in der Motorrad-Geschichte Bestand haben wird! Alle Beteiligten können stolz darauf sein.

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Abschließend möchte ich den hier Interessierten, die sich durch die Zschopauer Geschichte bis hierher durchgelesen haben, noch den Zschopauer vorstellen, der heute am intensivsten dafür sorgt, dass die DKW- und MZ-Geschichte nicht in Vergessenheit gerät:

Christian Steiner

 

Er hat fast die ganze Nachkriegs-Geschichte selbst vor Ort erlebt, und er kann stundenlang Anekdoten aus über 50 Jahren MZ-Geschichte berichten.

(In einer kommt ein erboster Jung-Ingenieur vor, der mit einer Testmaschine mitten in Zschopau liegen geblieben ist und in seinem Zorn die beiden Buchstaben der Markenbezeichnung als Abkürzung für „Murks-Zentrale“ deutete…..)

www.classic-motorrad.de wünscht ihm alles Gute, besonders Gesundheit für die Zukunft!

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Christian Steiner war natürlich ein sehr begehrter Gesprächspartner bei den beiden Veranstaltungen am 03.10. und am 06.10.!

Herzlichen Dank, dass er sich dafür zur Verfügung gestellt hat, auch von unserer Seite!
Abschließend müssen wir noch einen kleinen Wermuts-Tropfen in unsere Begeisterung über die Neckarsulmer Ausstellung gießen:

Die Ausstellung enthält nicht einen einzigen Hinweis auf die MZ-Rennsport-Geschichte! Dabei ist die doch so wichtig! Dabei ist die doch komplett unverzichtbar! Schließlich haben Walter Kaaden und seine Mannschaft den modernen Hochleistungs-Zweitaktmotor, der ab der Mitte der 70er Jahre den Motorrad-Rennsport dominierte (bis in diesem Jahrzehnt die FIM Viertakter per Reglement vorschrieb), erst in Zschopau und dann im nahen Hohndorf entwickelt. In der ganzen weltweiten Literatur ist dieses Faktum dokumentiert und anerkannt!

Das hier in Neckarsulm in der Ausstellung überhaupt nicht auch nur mit einem einzigen Satz zu erwähnen, das – in den heutigen Worten – „das geht schon mal gar nicht“!

Aber Fr. Scheerle-Walz hatte sofort ein offenes Ohr für die diesbezügliche Anregung. Wir helfen selbstverständlich nach besten Kräften bei der Realisierung.

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Der GS-Sport wird nämlich bereits in der Ausstellung mit dieser Dokumentation erläutert, und hoffentlich hängt bald eine ähnliche Dokumentation über den MZ-Rennsport daneben!

Wir freuen uns schon darauf!

Abschließend noch einmal unser herzliches Dankeschön für die Realisierung der Ausstellung!

Hoffentlich kann ich schon bald einen Bericht über eine NSU-Ausstellung in Zschopau in die Tastatur tippen!

----------------------------------------------------------------------------------------------------

Copyright: Classic-Motorrad.de