Bereits im vergangenen
Jahr haben wir eine Motorradsammlung im großen Umfeld von Berlin zum
Thema in unserer Reihe über Museen gemacht, die schon zu DDR-Zeiten
zusammengetragen worden war, und die sich schwerpunktmäßig mit den
D-Rädern der „Deutschen Werke AG" aus dem nahen Spandau
beschäftigt.
Jetzt müssen wir endlich über eine weitere großartige und
reichhaltige Fahrzeugsammlung aus dem Brandenburger Umland der
Hauptstadt berichten, die jeder echte Freund historischer Motorräder
unbedingt aufsuchen sollte, wenn es ihn einmal nach Berlin
verschlägt. Schon an dieser Stelle sei angemerkt, dass der
Veteranen-Fan nun wirklich keinen weiteren Anlass in Berlin benötigt,
um sich direkt nach Bergholz-Rehbrücke zu begeben!
Es
handelt sich um das Oldtimer Museum von Herbert Schmidt, der in nun
schon jahrzehntelanger hartnäckiger Sammler-Tätigkeit und anschließender
hochwertiger Restauration eine Kollektion von beachtlichen 120 Motorrädern
zurück auf die Räder gestellt hat, die sich mit vielen anderen
bekannteren Sammlungen problemlos messen kann!
Der Schwerpunkt der Sammlung besteht aus einer jeweils erstaunlichen
Anzahl von Typen einiger großer deutscher Marken der 20er und 30er
Jahre, von denen wir hier nur eine ganz kleine Auswahl im Bild zeigen
können, und selbst die Konzentration auf diese wenigen Stücke ist
sehr schwer gefallen.
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Victoria |
Neben einer einzigartigen, fast
vollständigen Reihe der Victoria-Motorräder mit längs eingebautem
Boxer-Motor, die damals echte „Superbikes" dargestellt haben,
ist so gut wie alles dieser Marke vorhanden, was in ihrer Geschichte
wichtig war, und sogar viele „Brot- und
Butter"-Modelle sind dabei, mit denen die Firmen seinerzeit die
Umsätze erwirtschafteten, um sich
den Bau der Luxus- und Sportmodelle erlauben zu können. |
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Als Fichtel & Sachs sich entschied,
Konfektions-Motoren für die damals kleinsten motorisierten Zweiräder
(„MoFa" genannt) zu produzieren, gehörte Victoria sofort zu
den ersten Kunden. Schließlich war der Fahrradbau ein weiteres
Standbein der Nürnberger Traditionsfirma. Hier sieht man den „Ur-Sachs",
den ab 1930 gebauten 74 ccm-Motor im zeitgenössischen
Victoria-Fahrwerk „V 75", und im Hintergrund kann man gerade
noch das Victoria-Emblem auf dem Seitendeckel des nun von Victoria
selbst produzierten Fahrrad-Hilfsmotors FM 38 sehen, mit dem Victoria die
Entwicklung nach dem Krieg wieder aufnahm. |
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Als Sachs dann den legendären „98er"-Motor
ab 1932 in Serie fertigte, dauerte es nicht lange, bis Victoria auch damit ein Leichtkraftrad am Markt hatte. Victoria hatte sich
frühzeitig in der kleinsten Motorrad-Kategorie etabliert und
verkaufte beachtliche Stückzahlen dieser MoFas mit dem prägnanten
Namen „FIX". In der Sammlung von Herbert Schmidt befindet sich
zum Beispiel dieses Damen-Modell mit dem dafür notwendigen
Durchsteige-Rahmen. |
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Neben den heute leider oft sträflich missachteten,
historisch wichtigen Zeugen der beginnenden Massenmotorisierung sind
natürlich auch Modelle aus dem Beginn der eigentlichen Motorisierung
zu sehen wie diese großartige „Vintage"-Victoria. |
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Als Victoria in den 30er Jahren begann, eigene
Zweitakt-Motoren für die Mittelklasse zu entwickeln, landete man mit
der KR 25 „AERO" einen Volltreffer am Markt. Nach dem Krieg
wurde sie erneut ein begehrtes „Arbeitspferd", das aber auch im
Geländesport sehr erfolgreich war.
Dieses
Motorrad hier ist allerdings die kleine Schwester der KR 25, die KR 20
LN,
und die hat sogar einen Ehrenplatz im Museum und darf auf einem
Teppich parken!
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Abschließend zum Victoria-Kapitel kann nur
bedauert werden, dass hier nicht noch all die anderen herrlich
restaurierten Modelle wie KR3, KR6, KR9 etc. vorgestellt werden
können, denn schließlich wollen wir auch von den anderen Marken ein
paar Stücke zeigen. |
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Zündapp |
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Die nächste Marke, die einen deutlichen
Schwerpunkt der Sammlung darstellt, ist Zündapp, wie Victoria eine
der großen Nürnberger Motorrad-Ikonen der Vorkriegszeit, die aber im
Gegensatz zu Victoria erst nach dem ersten Weltkrieg mit dem
Motorradbau begann.
Mit dem hier gezeigten 250er „Einheitsmodell" wurde Zündapp ab
1925 zum ernstzunehmenden Topseller in der Mittelklasse. Ob es wegen
seiner historischen Bedeutung ebenfalls auf dem Teppich stehen darf? |
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Als Zündapp in die Oberliga der deutschen
Motorradhersteller aufsteigen wollte, engagierte man Richard Küchen,
der ein Konzept mit Blechrahmen-Fahrwerk und Boxer-Viertaktern mit
Kardan-Antrieb präsentierte. Das BMW-Vorbild war deutlich zu
erkennen, aber viele Details des Küchen-Konzepts waren deutlich
unterschiedlich wie das Kettengetriebe und die geteilten Pleuelfüße.
Die 500er und 600er ohv-Motoren der KS-Modelle begründeten einen
Nimbus, der nach dem Krieg direkt in die Legende vom „grünen
Elefanten" mündete. In den 30er Jahren war aber ganz besonders
so ein KS-Gespann ein viel bewundertes Luxus-Fahrzeug. |
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Zündapp hatte die Tradition der in den 20er Jahren
zu Topqualität aufgestiegenen Zweitakt-Mittelklasse-Motorräder
natürlich in die 30er Jahre fortgeführt, und zwar in die 1933
begonnene „Derby"- Baureihe, die noch 20 Jahre später in
modernisierter Form im Verkaufs-Programm zu finden war.
Als sich das oben genannte Küchen-Konzept in der Oberklasse
durchgesetzt hat, wurden deren Konstruktions-Prinzipien aber
versuchsweise auch in der Mittelklasse probiert wie bei dieser KK200,
die den Kastenrahmen, den Kardanantrieb und das Kettengetriebe wie die
großen Modelle aufwies, aber gepaart mit einem 200er Zweitaktmotor.
Das Konzept war klar zu teuer, und so war solchen Zündapp-Modellen
nicht der große Verkaufserfolg beschieden wie z.B. den verschiedenen
DB-Modellen. Da sie weder das Luxus- noch das Sport-Image aufwiesen,
wurden sie selbst in Veteranen-Sammler-Kreisen häufig
vernachlässigt!
Umso schöner und wichtiger, dass viele dieser weniger bekannten und
heute kaum noch zu findenden Modelle in der Sammlung von Herbert
Schmidt so überreichlich präsent sind! Und alle sind wirklich
mehr als nur vorzeigbar!
Ein großes Kompliment von www.classic-motorrad.de
! |
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Abschließend aus der Zündapp-Sammlung noch der
mobile Generator mit dem gebläsegekühlten 600er ohv-Boxer auf
KS-Basis. Wie die Derby-Modelle und die 600er KS wurde auch dieses
Zündapp-Produkt nach dem Krieg in überarbeiteter Form weiter
produziert. |
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NSU |
Bei der nächsten wichtigen deutschen Marke würde
man vermuten, dass sie hier in Brandenburg eigentlich nicht so stark
in der Sammlung repräsentiert sein könnte, sondern eher bei Sammlern
im Schwoabeländle anzutreffen sei. Vermutlich sorgte aber die Nähe
der Metropole Berlin dafür, dass es auch im Umfeld viele starke
Händler der großen Marken gab, so natürlich auch von NSU aus dem
nord-württembergischen Neckarsulm. Einige der vielen von ihnen
vertriebenen Exemplare hatten dadurch eine etwas bessere Chance,
solange zu „überleben", bis sie für die Interessenten der
aufkommenden Veteranen-Bewegung interessant wurden. |
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NSU war bereits in den frühen 20er Jahren ein
Pionier des Blockmotor-Konzepts, bei dem der eigentliche Motor und das
Getriebe in einem gemeinsamen Gehäuse, oft „Block" genannt,
angeordnet wurden. Dabei gerieten die Kurbelgehäuse der großen
500er- und 600er sv-Motoren ziemlich „ausladend", aber diese
Modelle waren weder Renn- noch Sport-Motorräder und sollten es
gemäß der angestrebten Marktposition auch keineswegs sein. Dafür
waren sie aber mit einer legendären Zuverlässigkeit ausgestattet,
sie waren quasi „unkaputtbar", vermutlich nur durch Dummheit zu
zerstören. Viele Exemplare der späten 20er und frühen 30er Jahren
wurden nach dem Krieg bis in die frühen 50er Jahre immer noch
gefahren, so dass NSU dann mit dieser Tatsache sogar Werbung für die
seit den 20er Jahren unverändert hohe Qualität machte. |
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Die kleineren Hubräume, die ab 1923 gefertigte
250er und die 1929 aufgrund der Steuergesetzgebung nachgeschobene
200er mit Blockmotoren hatten aber ein wunderschön zierlich
gezeichnetes Gehäuse, und neben dem hier gezeigten wechselgesteuerten
Modell („ioe") gab es auch eine 250er ohv-Version, die damals
als überragend schnell galt, und die für einige Jahre sehr
konkurrenzfähig war auch gegen starke internationale Konkurrenz in
der 250er Klasse.
Das Ende dieser fortschrittlichen Modellreihe kam, als NSU den
Norton-Cheftechniker Walter William Moore nach Neckarsulm
verpflichtete, und mit ihm kam der britische Traditionalismus in die
NSU-Konstruktionen zurück, was man nach dem Krieg z.B. noch der
Konsul deutlich ansah! Die von ihm entworfenen OSL-Modelle sind in der
Sammlung Schmidt natürlich auch vorhanden, aber da sie in großer
Stückzahl in der Szene vorhanden sind, brauchen wir sie hier gewiss
nicht mehr zu dokumentieren. |
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In den späten zwanziger Jahren wurde bei NSU klar,
dass angesichts der weltweiten ökonomischen Krise preiswertere
Modelle im Programm benötigt wurden, und so platzierte man unterhalb
der 200er/250er Viertakt-Baureihe ab 1930 erstmals eine „Z" getaufte Zweitakt-Konstruktion mit 175, 200 und 250 ccm Hubraum.
Aus der hier zu sehenden Einport-Version wurde dann ab 1933 das
nachfolgende Doppelport-Modell entwickelt, das folgerichtig „ZD"
getauft wurde. |
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Auch NSU hatte frühzeitig erkannt, dass die
Massenmotorisierung bei den ganz kleinen Hubräumen beginnen würde,
und im Gegensatz zu manchem Wettbewerber baute NSU die Motoren auch
der kleinsten Modelle stets selbst. In der Mitte der 30er Jahre war
die 98er Quick ein echter Topseller, und selbst nach dem Krieg wurde
die Quick noch lange gefertigt, bis sie aufgrund der neuen
Gesetzgebung für den damals neuen Fahrzeug-Typ „Moped" von der
dann sogar noch erfolgreicheren Quickly abgelöst wurde.
Wie hier zu sehen musste auch NSU einen Sonderrahmen für die
MoFa-fahrenden Mädels anbieten, die Damen-Quick! |
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Stationär-Motoren |
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Außer Kraftfahrzeugen gibt es auch einige
interessante Motoren jenseits des Kfz-Einsatzes wie den bereits
gezeigten Zündapp-Generator und zum Beispiel diesen Boots-Motor der
Marke Daimler aus den frühen 20er Jahren zu sehen, der in
Berlin-Marienfelde gefertigt wurde. Die Daimler-Motoren-Gesellschaft
gründete bereits kurz nach der Jahrhundertwende, also mehr als zwei
Jahrzehnte vor der Gründung der Daimler-Benz AG, diesen
Produktionsstandort, an dem auch heute noch die Produktion von großen
Stückzahlen der Mercedes PKW-Dieselmotoren angesiedelt ist. |
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Dieser alte Stamo der Marke Christoph ist voll
betriebsfähig und wird für interessierte Gäste gern gestartet. |
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PKWs |
Abschließend noch ein ganz kurzer Blick auf zwei
der ausgestellten historischen PKWs: |
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Eigentlich kein wirklicher PKW, sondern ein kleines
Nutzfahrzeug, und zudem ein wichtiges Exponat der Geschichte der
mitteldeutschen Motorisierung: ein FRAMO THL-Dreirad, das bei einem
BOSCH-Dienst „gedient" hat.
FRAMO (zuerst Frankenberger Metallwerke) war eine Gründung des
DKW-Inhabers J.S. Rasmussen, um von DKW benötigte Motorradkomponenten
unter eigener Kontrolle fertigen zu können, und um so nicht von den
bekannten Zulieferern abhängig zu sein. Bald wendete sich Rasmussens
Interesse dem Automobil-Bau zu, und bei FRAMO ließ er ab Mitte der
20er Jahre Prototypen kleiner Nutzfahrzeuge entwickeln, die natürlich
möglichst viele DKW-Teile zu übernehmen hatten. Daraus wurde dann
der FRAMO Dreirad-Transporter, dessen letzte Typen bis zum
Kriegsausbruch in Serie blieben.
Im Gegensatz zu DKW ging FRAMO (die 1933 in eine größere
Produktionsstätte in Hainichen übersiedelten, wo das hier gezeigt
Modell LTH 200 bereits produziert wurde) nicht in der AutoUnion auf,
so dass dieser Betrieb bis 1945 im Besitz der Familie Rasmussen blieb. |
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Dieser toprestaurierte Ford A stammt aus der Zeit
von 1926 bis 1931, als Ford in Berlin ein Montagewerk betrieb. Zuerst
war das natürlich das Modell „T", denn es gab bekanntlich nur
dieses eine Modell bei Ford. Nach einer Produktions-Pause von fast
exakt einem Jahr folgte das Modell A auf die „Blechliesel", wie
das T-Modell gern genannt wurde. Als Ford dann beschloss, PKWs in
Deutschland nicht nur zu montieren, sondern komplett zu fertigen,
wurde das Werk in Köln etabliert. So kam es im Frühjahr 1931 zur
Einstellung der Montage des A-Modells in Berlin. Immerhin fast 30.000 Stück wurden in Berlin montiert.
Der voll betriebsfähige Ford A aus der Sammlung
Schmidt wird übrigens für Festivitäten wie z.B. Hochzeiten
vermietet. Ob ein KFZ-interessierter Bräutigam nach der Fahrt zur
Kirche mit diesem Schmuckstück bei der entscheidenden Frage des
Pfarrers wohl voll konzentriert antworten kann? |
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Wir konnten auf dieser Seite leider nur einen ganz
kleinen Ausschnitt aus der großartigen Sammlung in
Bergholz-Rehbrücke bringen, und wir haben uns dabei auf die Marken
konzentriert, die aufgrund der vielen Modelle einen wichtigen
Schwerpunkt der Kollektion darstellen. Schade eigentlich, denn all die
schönen Einzelstücke, die großartigen OD, Ernst-MAG, JUHÖ,
Standard, die kleine Wanderer, die kaum bekannten Panse, Meteor, SB
(Schmidt Berlin), GSM, die Stock und ihr Vorbild Evans, die müssen
wir dieses Mal unberücksichtigt lassen. Die müssen warten, bis sie
beim nächsten Besuch dort für einen Nachfolgeartikel entsprechend
dokumentiert werden. Ich freue mich schon sehr darauf!
Abschließend kann man der Familie Schmidt nur noch
einmal ein dickes Kompliment für das Museum aussprechen, das echte
KFZ-Geschichte hochkonzentriert in vorbildlicher Weise dokumentiert!
Alle Fahrzeuge im historisch korrekten Zustand! Absolut keine
Frickeleien und überhaupt keine Phantasie-Bikes, wie man sie beim sogenannten „Sport"
mit angeblich historischen Fahrzeugen fast nur noch sieht. Es wird
ganz deutlich, dass der Großteil der Sammlung schon zu „Zonen"-Zeiten
angelegt wurde, als die Mauer neben all den grauenhaften Folgen, die
sie verursacht hatte, immerhin verhindern konnte, dass der schlimme
VFV-Clubsport-Virus über die DDR-Veteranen-Bestände herfallen und
durch die Folgen der Infektion unwiederbringliches Material zerstören
konnte.
Was man jedoch gezeigt bekommt, ist bei wenigen absichtlich nicht
zurückgerüsteten Exponaten wie z.B. einer Zündapp KS 601, was
Besitzer älterer Motorräder in der DDR anstellen mussten, um die
Dinger weiter auf der Straße betreiben zu können. Auch das ist echte
Geschichte und damit Museums-tauglich!
Noch etwas an dieser Stelle: Eigentlich war auch
noch ein Besuch und anschließender Bericht der Motorrad-Ausstellung
in 09350 Lichtenstein geplant, die angeblich die schnellsten
Zweitakter der Welt in ihren Räumen beherbergen soll……, doch da
hing nur ein lapidarer Zettel an der Tür, dass die Ausstellung an dem
Tag geschlossen sei….., dumm nur, wenn man dazu extra aus Stuttgart
anreisen muss, um das zu lesen…… |
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