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Oldtimer-Museum
 Herbert Schmidt


Fotos + Text:
 Karl-Heinz Bendix

Bereits im vergangenen Jahr haben wir eine Motorradsammlung im großen Umfeld von Berlin zum Thema in unserer Reihe über Museen gemacht, die schon zu DDR-Zeiten zusammengetragen worden war, und die sich schwerpunktmäßig mit den D-Rädern der „Deutschen Werke AG" aus dem nahen Spandau beschäftigt.
Jetzt müssen wir endlich über eine weitere großartige und reichhaltige Fahrzeugsammlung aus dem Brandenburger Umland der Hauptstadt berichten, die jeder echte Freund historischer Motorräder unbedingt aufsuchen sollte, wenn es ihn einmal nach Berlin verschlägt. Schon an dieser Stelle sei angemerkt, dass der Veteranen-Fan nun wirklich keinen weiteren Anlass in Berlin benötigt, um sich direkt nach Bergholz-Rehbrücke zu begeben!

Es handelt sich um das Oldtimer Museum von Herbert Schmidt, der in nun schon jahrzehntelanger hartnäckiger Sammler-Tätigkeit und anschließender hochwertiger Restauration eine Kollektion von beachtlichen 120 Motorrädern zurück auf die Räder gestellt hat, die sich mit vielen anderen bekannteren Sammlungen problemlos messen kann!
Der Schwerpunkt der Sammlung besteht aus einer jeweils erstaunlichen Anzahl von Typen einiger großer deutscher Marken der 20er und 30er Jahre, von denen wir hier nur eine ganz kleine Auswahl im Bild zeigen können, und selbst die Konzentration auf diese wenigen Stücke ist sehr schwer gefallen.


Victoria

Neben einer einzigartigen, fast vollständigen Reihe der Victoria-Motorräder mit längs eingebautem Boxer-Motor, die damals echte „Superbikes" dargestellt haben, ist so gut wie alles dieser Marke vorhanden, was in ihrer Geschichte wichtig war, und sogar viele „Brot- und Butter"-Modelle sind dabei, mit denen die Firmen seinerzeit die Umsätze erwirtschafteten, um sich
den Bau der Luxus- und Sportmodelle erlauben zu können.


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Als Fichtel & Sachs sich entschied, Konfektions-Motoren für die damals kleinsten motorisierten Zweiräder („MoFa" genannt) zu produzieren, gehörte Victoria sofort zu den ersten Kunden. Schließlich war der Fahrradbau ein weiteres Standbein der Nürnberger Traditionsfirma. Hier sieht man den „Ur-Sachs", den ab 1930 gebauten 74 ccm-Motor im zeitgenössischen Victoria-Fahrwerk „V 75", und im Hintergrund kann man gerade noch das Victoria-Emblem auf dem Seitendeckel des nun von Victoria selbst produzierten Fahrrad-Hilfsmotors FM 38 sehen, mit dem Victoria die Entwicklung nach dem Krieg wieder aufnahm.


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Als Sachs dann den legendären „98er"-Motor ab 1932 in Serie fertigte, dauerte es nicht lange, bis Victoria auch damit ein Leichtkraftrad am Markt hatte. Victoria hatte sich frühzeitig in der kleinsten Motorrad-Kategorie etabliert und verkaufte beachtliche Stückzahlen dieser MoFas mit dem prägnanten Namen „FIX". In der Sammlung von Herbert Schmidt befindet sich zum Beispiel dieses Damen-Modell mit dem dafür notwendigen Durchsteige-Rahmen.


Neben den heute leider oft sträflich missachteten, historisch wichtigen Zeugen der beginnenden Massenmotorisierung sind natürlich auch Modelle aus dem Beginn der eigentlichen Motorisierung zu sehen wie diese großartige „Vintage"-Victoria.

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Als Victoria in den 30er Jahren begann, eigene Zweitakt-Motoren für die Mittelklasse zu entwickeln, landete man mit der KR 25 „AERO" einen Volltreffer am Markt. Nach dem Krieg wurde sie erneut ein begehrtes „Arbeitspferd", das aber auch im Geländesport sehr erfolgreich war.
Dieses Motorrad hier ist allerdings die kleine Schwester der KR 25, die KR 20 LN, und die hat sogar einen Ehrenplatz im Museum und darf auf einem Teppich parken!


Abschließend zum Victoria-Kapitel kann nur bedauert werden, dass hier nicht noch all die anderen herrlich restaurierten Modelle wie KR3, KR6, KR9 etc. vorgestellt werden können, denn schließlich wollen wir auch von den anderen Marken ein paar Stücke zeigen.

Zündapp

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Die nächste Marke, die einen deutlichen Schwerpunkt der Sammlung darstellt, ist Zündapp, wie Victoria eine der großen Nürnberger Motorrad-Ikonen der Vorkriegszeit, die aber im Gegensatz zu Victoria erst nach dem ersten Weltkrieg mit dem Motorradbau begann.
Mit dem hier gezeigten 250er „Einheitsmodell" wurde Zündapp ab 1925 zum ernstzunehmenden Topseller in der Mittelklasse. Ob es wegen seiner historischen Bedeutung ebenfalls auf dem Teppich stehen darf?


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Als Zündapp in die Oberliga der deutschen Motorradhersteller aufsteigen wollte, engagierte man Richard Küchen, der ein Konzept mit Blechrahmen-Fahrwerk und Boxer-Viertaktern mit Kardan-Antrieb präsentierte. Das BMW-Vorbild war deutlich zu erkennen, aber viele Details des Küchen-Konzepts waren deutlich unterschiedlich wie das Kettengetriebe und die geteilten Pleuelfüße. Die 500er und 600er ohv-Motoren der KS-Modelle begründeten einen Nimbus, der nach dem Krieg direkt in die Legende vom „grünen Elefanten" mündete. In den 30er Jahren war aber ganz besonders so ein KS-Gespann ein viel bewundertes Luxus-Fahrzeug.


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Zündapp hatte die Tradition der in den 20er Jahren zu Topqualität aufgestiegenen Zweitakt-Mittelklasse-Motorräder natürlich in die 30er Jahre fortgeführt, und zwar in die 1933 begonnene „Derby"- Baureihe, die noch 20 Jahre später in modernisierter Form im Verkaufs-Programm zu finden war.
Als sich das oben genannte Küchen-Konzept in der Oberklasse durchgesetzt hat, wurden deren Konstruktions-Prinzipien aber versuchsweise auch in der Mittelklasse probiert wie bei dieser KK200, die den Kastenrahmen, den Kardanantrieb und das Kettengetriebe wie die großen Modelle aufwies, aber gepaart mit einem 200er Zweitaktmotor. Das Konzept war klar zu teuer, und so war solchen Zündapp-Modellen nicht der große Verkaufserfolg beschieden wie z.B. den verschiedenen DB-Modellen. Da sie weder das Luxus- noch das Sport-Image aufwiesen, wurden sie selbst in Veteranen-Sammler-Kreisen häufig vernachlässigt!
Umso schöner und wichtiger, dass viele dieser weniger bekannten und heute kaum noch zu findenden Modelle in der Sammlung von Herbert Schmidt so überreichlich präsent sind! Und alle sind wirklich mehr als nur vorzeigbar!
Ein großes Kompliment von www.classic-motorrad.de !


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Abschließend aus der Zündapp-Sammlung noch der mobile Generator mit dem gebläsegekühlten 600er ohv-Boxer auf KS-Basis. Wie die Derby-Modelle und die 600er KS wurde auch dieses Zündapp-Produkt nach dem Krieg in überarbeiteter Form weiter produziert.


NSU

Bei der nächsten wichtigen deutschen Marke würde man vermuten, dass sie hier in Brandenburg eigentlich nicht so stark in der Sammlung repräsentiert sein könnte, sondern eher bei Sammlern im Schwoabeländle anzutreffen sei. Vermutlich sorgte aber die Nähe der Metropole Berlin dafür, dass es auch im Umfeld viele starke Händler der großen Marken gab, so natürlich auch von NSU aus dem nord-württembergischen Neckarsulm. Einige der vielen von ihnen vertriebenen Exemplare hatten dadurch eine etwas bessere Chance, solange zu „überleben", bis sie für die Interessenten der aufkommenden Veteranen-Bewegung interessant wurden.


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NSU war bereits in den frühen 20er Jahren ein Pionier des Blockmotor-Konzepts, bei dem der eigentliche Motor und das Getriebe in einem gemeinsamen Gehäuse, oft „Block" genannt, angeordnet wurden. Dabei gerieten die Kurbelgehäuse der großen 500er- und 600er sv-Motoren ziemlich „ausladend", aber diese Modelle waren weder Renn- noch Sport-Motorräder und sollten es gemäß der angestrebten Marktposition auch keineswegs sein. Dafür waren sie aber mit einer legendären Zuverlässigkeit ausgestattet, sie waren quasi „unkaputtbar", vermutlich nur durch Dummheit zu zerstören. Viele Exemplare der späten 20er und frühen 30er Jahren wurden nach dem Krieg bis in die frühen 50er Jahre immer noch gefahren, so dass NSU dann mit dieser Tatsache sogar Werbung für die seit den 20er Jahren unverändert hohe Qualität machte.


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Die kleineren Hubräume, die ab 1923 gefertigte 250er und die 1929 aufgrund der Steuergesetzgebung nachgeschobene 200er mit Blockmotoren hatten aber ein wunderschön zierlich gezeichnetes Gehäuse, und neben dem hier gezeigten wechselgesteuerten Modell („ioe") gab es auch eine 250er ohv-Version, die damals als überragend schnell galt, und die für einige Jahre sehr konkurrenzfähig war auch gegen starke internationale Konkurrenz in der 250er Klasse.
Das Ende dieser fortschrittlichen Modellreihe kam, als NSU den Norton-Cheftechniker Walter William Moore nach Neckarsulm verpflichtete, und mit ihm kam der britische Traditionalismus in die NSU-Konstruktionen zurück, was man nach dem Krieg z.B. noch der Konsul deutlich ansah! Die von ihm entworfenen OSL-Modelle sind in der Sammlung Schmidt natürlich auch vorhanden, aber da sie in großer Stückzahl in der Szene vorhanden sind, brauchen wir sie hier gewiss nicht mehr zu dokumentieren.


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In den späten zwanziger Jahren wurde bei NSU klar, dass angesichts der weltweiten ökonomischen Krise preiswertere Modelle im Programm benötigt wurden, und so platzierte man unterhalb der 200er/250er Viertakt-Baureihe ab 1930 erstmals eine „Z" getaufte Zweitakt-Konstruktion mit 175, 200 und 250 ccm Hubraum.
Aus der hier zu sehenden Einport-Version wurde dann ab 1933 das nachfolgende Doppelport-Modell entwickelt, das folgerichtig „ZD" getauft wurde.


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Auch NSU hatte frühzeitig erkannt, dass die Massenmotorisierung bei den ganz kleinen Hubräumen beginnen würde, und im Gegensatz zu manchem Wettbewerber baute NSU die Motoren auch der kleinsten Modelle stets selbst. In der Mitte der 30er Jahre war die 98er Quick ein echter Topseller, und selbst nach dem Krieg wurde die Quick noch lange gefertigt, bis sie aufgrund der neuen Gesetzgebung für den damals neuen Fahrzeug-Typ „Moped" von der dann sogar noch erfolgreicheren Quickly abgelöst wurde.
Wie hier zu sehen musste auch NSU einen Sonderrahmen für die MoFa-fahrenden Mädels anbieten, die Damen-Quick!


Stationär-Motoren

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Außer Kraftfahrzeugen gibt es auch einige interessante Motoren jenseits des Kfz-Einsatzes wie den bereits gezeigten Zündapp-Generator und zum Beispiel diesen Boots-Motor der Marke Daimler aus den frühen 20er Jahren zu sehen, der in Berlin-Marienfelde gefertigt wurde. Die Daimler-Motoren-Gesellschaft gründete bereits kurz nach der Jahrhundertwende, also mehr als zwei Jahrzehnte vor der Gründung der Daimler-Benz AG, diesen Produktionsstandort, an dem auch heute noch die Produktion von großen Stückzahlen der Mercedes PKW-Dieselmotoren angesiedelt ist.


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Dieser alte Stamo der Marke Christoph ist voll betriebsfähig und wird für interessierte Gäste gern gestartet.


PKWs

Abschließend noch ein ganz kurzer Blick auf zwei der ausgestellten historischen PKWs:

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Eigentlich kein wirklicher PKW, sondern ein kleines Nutzfahrzeug, und zudem ein wichtiges Exponat der Geschichte der mitteldeutschen Motorisierung: ein FRAMO THL-Dreirad, das bei einem BOSCH-Dienst „gedient" hat.
FRAMO (zuerst Frankenberger Metallwerke) war eine Gründung des DKW-Inhabers J.S. Rasmussen, um von DKW benötigte Motorradkomponenten unter eigener Kontrolle fertigen zu können, und um so nicht von den bekannten Zulieferern abhängig zu sein. Bald wendete sich Rasmussens Interesse dem Automobil-Bau zu, und bei FRAMO ließ er ab Mitte der 20er Jahre Prototypen kleiner Nutzfahrzeuge entwickeln, die natürlich möglichst viele DKW-Teile zu übernehmen hatten. Daraus wurde dann der FRAMO Dreirad-Transporter, dessen letzte Typen bis zum Kriegsausbruch in Serie blieben.
Im Gegensatz zu DKW ging FRAMO (die 1933 in eine größere Produktionsstätte in Hainichen übersiedelten, wo das hier gezeigt Modell LTH 200 bereits produziert wurde) nicht in der AutoUnion auf, so dass dieser Betrieb bis 1945 im Besitz der Familie Rasmussen blieb.


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Dieser toprestaurierte Ford A stammt aus der Zeit von 1926 bis 1931, als Ford in Berlin ein Montagewerk betrieb. Zuerst war das natürlich das Modell „T", denn es gab bekanntlich nur dieses eine Modell bei Ford. Nach einer Produktions-Pause von fast exakt einem Jahr folgte das Modell A auf die „Blechliesel", wie das T-Modell gern genannt wurde. Als Ford dann beschloss, PKWs in Deutschland nicht nur zu montieren, sondern komplett zu fertigen, wurde das Werk in Köln etabliert. So kam es im Frühjahr 1931 zur Einstellung der Montage des A-Modells in Berlin. Immerhin fast 30.000 Stück wurden in Berlin montiert.

Der voll betriebsfähige Ford A aus der Sammlung Schmidt wird übrigens für Festivitäten wie z.B. Hochzeiten vermietet. Ob ein KFZ-interessierter Bräutigam nach der Fahrt zur Kirche mit diesem Schmuckstück bei der entscheidenden Frage des Pfarrers wohl voll konzentriert antworten kann?


Wir konnten auf dieser Seite leider nur einen ganz kleinen Ausschnitt aus der großartigen Sammlung in Bergholz-Rehbrücke bringen, und wir haben uns dabei auf die Marken konzentriert, die aufgrund der vielen Modelle einen wichtigen Schwerpunkt der Kollektion darstellen. Schade eigentlich, denn all die schönen Einzelstücke, die großartigen OD, Ernst-MAG, JUHÖ, Standard, die kleine Wanderer, die kaum bekannten Panse, Meteor, SB (Schmidt Berlin), GSM, die Stock und ihr Vorbild Evans, die müssen wir dieses Mal unberücksichtigt lassen. Die müssen warten, bis sie beim nächsten Besuch dort für einen Nachfolgeartikel entsprechend dokumentiert werden. Ich freue mich schon sehr darauf!

Abschließend kann man der Familie Schmidt nur noch einmal ein dickes Kompliment für das Museum aussprechen, das echte KFZ-Geschichte hochkonzentriert in vorbildlicher Weise dokumentiert! Alle Fahrzeuge im historisch korrekten Zustand! Absolut keine Frickeleien und überhaupt keine Phantasie-Bikes, wie man sie beim sogenannten „Sport" mit angeblich historischen Fahrzeugen fast nur noch sieht. Es wird ganz deutlich, dass der Großteil der Sammlung schon zu „Zonen"-Zeiten angelegt wurde, als die Mauer neben all den grauenhaften Folgen, die sie verursacht hatte, immerhin verhindern konnte, dass der schlimme VFV-Clubsport-Virus über die DDR-Veteranen-Bestände herfallen und durch die Folgen der Infektion unwiederbringliches Material zerstören konnte.
Was man jedoch gezeigt bekommt, ist bei wenigen absichtlich nicht zurückgerüsteten Exponaten wie z.B. einer Zündapp KS 601, was Besitzer älterer Motorräder in der DDR anstellen mussten, um die Dinger weiter auf der Straße betreiben zu können. Auch das ist echte Geschichte und damit Museums-tauglich!

Noch etwas an dieser Stelle: Eigentlich war auch noch ein Besuch und anschließender Bericht der Motorrad-Ausstellung in 09350 Lichtenstein geplant, die angeblich die schnellsten Zweitakter der Welt in ihren Räumen beherbergen soll……, doch da hing nur ein lapidarer Zettel an der Tür, dass die Ausstellung an dem Tag geschlossen sei….., dumm nur, wenn man dazu extra aus Stuttgart anreisen muss, um das zu lesen……

weitere Infos:

www.oldtimermuseum-schmidt.de




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