NSU - RENNFOX

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Nach dem Solitude-Wochenende 1952 wusste die Fachwelt, dass die NSU-Rennmotorräder in beiden Klassen siegfähig waren, denn Bill Lomas auf der Rennmax war den sieggewohnten Guzzis ebenbürtig und hätte mit etwas Glück einen weiteren GP an diesem denkwürdigen Tag für NSU gewinnen können, wenn nicht wieder ein Pleuellager versagt hätte. So fiel dieses Glück den DKW-Leuten und besonders Rudi Felgenheier in den Schoß, die damit einen GP mit ihrem eigentlich nicht sonderlich konkurrenzfähigen Zweitakt-Twin erringen konnten.
In der Höhle der italienischen Löwen, in Monza, war das Pleuellager-Problem gelöst, und diesmal hatte Werner Haas die Guzzis schon im Sack, doch er konnte ihn nicht zubinden, als er sich in der letzten Runde nach der Lesmo-Kurve in Führung liegend verschaltete.

Trotzdem war den Neckarsulmern nun klar, dass sie mit intensiver Arbeit an den Detail-Problemchen der Renn-Fox und –Max WM-reif werden können, denn das Konzept der beiden Rennmotorräder passte schon ausgezeichnet. Folgerichtig plante NSU im Winter 52/53 den „Großangriff“ (ein problematischer Begriff zu dem Zeitpunkt, schließlich lag das Kriegsende erst sieben Jahre zurück!) auf die WM-Titel in den zwei kleinen Soloklassen.
Trotz der ausgezeichneten Rennreife der Rennfox wurde der 125er-Motor über den Winter völlig neu konzipiert. Unter der Leitung von Dr. Froede arbeitete man in Neckarsulm intensiv an der systematischen Analyse der Reibleistung der Rennmotoren, und bei der Neukonzeption des 125er Rennmotors flossen erstmals Erkenntnisse dieser Studien in die Praxis. Dazu gehörte einerseits eine sorgfältige Gestaltung der mechanischen Baugruppen, besonders der Ventilsteuerung, andererseits betraf es aber auch das Schmiersystem, denn schließlich war der zuerst völlig provisorisch konzipierte Rennfox-Motor ursprünglich noch nicht mit Trockensumpfschmierung ausgestattet. Außerdem schien der bisher nur mit einem Viergang-Getriebe ausgestattete und immer noch mit etlichen Kompromissen aus dem Erbe des 500er Vierzylinders belastete Rennfox-Motor nicht in der Lage, die Phalanx der seit Einführung der WM dominierenden italienischen 125er Maschinen auf Dauer niederzuhalten, denn deren Konstrukteure wussten, was sie von NSU in der 53er Saison zu erwarten hatten. Daher konnten die Neckarsulmer nicht damit rechnen, dass man bei MV, Mondial und Morini den Winter im Tiefschlaf  verbringen würde. So wurde der neue Rennfox-Motor mit einem Sechsgang-Getriebe ausgestattet.

Der an der nun links angeordneten Königswelle leicht zu identifizierende neue Rennfox-Motor erwies sich aber erstaunlicherweise am Anfang der Saison 1953 als nicht „pflegeleicht“, und ausgerechnet die erstmals als ohc-„Einnocker“ ausgelegte Ventilsteuerung war problematisch, so dass mit ziemlich provisorischen Mitteln wie durch Schweißung modifizierten Zylinderköpfen der Rückzug zum dohc-Kopf angetreten werden musste.
Dann aber begann die gemeinsame Erfolgssträhne der Rennfox und von Werner Haas, und mit drei GP-Siegen und zwei zweiten Plätzen holt er den Fahrertitel, wohingegen der Markentitel bei Punktgleichheit an MV ging aufgrund der kürzeren gefahrenen Gesamtzeit.

Wie sah Werner Haas’ erfolgreiche Rennfox 1953 aus?

Jedenfalls leider nicht so wie die hier ausgestellte Rennfox. Denn deren Motor fällt sofort dadurch auf, dass die Königswelle noch rechts angeordnet ist. Das ist also noch „das Entlein mit dem schiefen Kopf“, wie die Rennfox bei ihrem Erscheinen mitten in der Saison 1951 genannt wurde, als Fachleute und Laien über den aus der Symmetrieachse gedrehten Zylinderkopf rätselten.

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Dieser Motor weist natürlich auch noch den BOSCH-Standmagnetzünder auf, der 1951 ganz klar „state of the art“ war. 1953 ging NSU als eine der ersten Marken im Motorrad-Rennsport zur Batterie-Zündung über, der zu dem Zeitpunkt noch der Makel der Unzuverlässigkeit anhing, der aber durch die Fox erstmals widerlegt wurde: eine echte Neckarsulmer Pionier-Leistung!

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Der Kopf der 53er Rennfox wurde auch auf besten Ladungswechsel optimiert, was besonders bei der Saugrohr-Geometrie auffiel, denn der Vergaser ragte nun „sehr schräg nach oben“, und der Alutank und die mit ihm verbundenen „aerodynamischen Maßnahmen“ mussten auf seine Position Rücksicht nehmen mit einem entsprechenden Ausschnitt. Bei der Fox hier ist deutlich zu sehen, dass die Vergaser-Position des 52er Motors nicht optimal zum Ausschnitt passt.
Es handelt sich also um einen der im Frühjahr 1953 in Windeseile in Neckarsulm aufgebauten „Zwitter“ mit dem Vorjahrs-Viergang-Motor im neuen Fahrwerk, mit dem Haas immerhin seinen zweiten Platz bei der Ultralightweight-TT holte, ein sensationelles Ergebnis für einen TT-Neuling, dem allerdings sein ebenfalls zweiter Platz bei der Lightweight-TT sogar noch vorausging. Diese Zwitter hatten ab der Dutch-TT für die NSU-Spitzenfahrer ausgedient, denn zu dem Zeitpunkt war der neue dohc-Kopf einsatzbereit, und der Sechsgang-Motor stand somit voll zur Verfügung. NSU gab aber bis zum deutschen GP in Schotten immer wieder einmal so einen Zwitter an Nachwuchsfahrer, und genau mit einer solchen Rennfox fuhr Walter Reichert in Schotten im Training in die erste Startreihe und im Rennen dann auf einen großartigen fünften Platz. Damit endete allerdings die Karriere des Viergang-Rennfox-Motors.

Abschließend werfen wir noch einen Blick auf die Dokumentation zur Rennfox:

Der Autor der Haas-Kurz-Biografie lässt ihn mit einer Puch auf der Solitude 1952 „starten“, und erst dort soll er den NSU-Leuten aufgefallen sein? Unsinn, er war ihnen schon am Tag des Rennfox-Debuts 1951 in Ingolstadt aufgefallen. Dann lässt der Autor dieser Zeilen Otto Daiker im „WM-Training“ (was immer das auch sein soll im Motorradsport!) stürzen, und das ist schon wieder Quatsch, denn Haas sollte ursprünglich Daiker im Rennen unterstützen, doch dieser stürzte in der ersten Runde im Rennen. Dann soll Haas mit der „neuen Rennfox“ (wieso „neu“?) gegen den „Europameister“ Carlo Ubbiali auf MV Agusta antreten, doch das Championat gab es damals gar nicht, und Ubbiali war der amtierende Weltmeister, und zwar auf Mondial! Zu MV Agusta ging er erst nach der 52er Saison zurück.

Die Beschreibung der Rennfox nennt den „Durchbruch“ der Rennfox durch Otto Daikers DM-Titel, dabei hatte Haas mitten in der Saison den Solitude-GP gewonnen.
Das soll kein „Durchbruch“ gewesen sein?

Das kleine Foto im Text zeigt die Rennfox vor der Saison 1953, mit dem neuen Sechsgang-ohc-Motor, die großartige Explosionszeichnung zeigt aber den 52er Viergangmotor.
Bei den technischen Daten werden 16 PS bei 11.000 1/min genannt, die der Viergangmotor nicht erreichte. Es ist unverständlich, warum die Unterschiede der beiden Motorengenerationen nicht präzise erläutert werden. So sorgt man nur mit Falschaussagen für Verwirrung wie zum Beispiel mit der Angabe beim Getriebe: das genannte Fünfganggetriebe hat es bei der Rennfox überhaupt nicht gegeben!


Fazit:

Ein wunderbares historisches Rennmotorrad (vielleicht sogar Werner Haas’ TT-Rennfox, Herr Schneider?) und eine fehlerhafte Dokumentation, wie sie gerade bei einer Rennfox in Neckarsulm nicht passieren darf!
Außerdem hätte es besser zum Anlass, eben der 53er WM-Saison von Werner Haas gepasst, wenn eine echte 53er Rennfox und nicht der „Zwitter“ präsentiert worden wäre, denn mit der Sechsgang-Rennfox legte Werner Haas mit drei GP-Siegen den Grundstein zum Titelgewinn.
Wenn ein echtes 53er Modell nicht verfügbar gewesen sein sollte, so hätte ich mir die korrekte Beschreibung des „Zwitters“ gewünscht!


Text + Fotos: Karl-Heinz Bendix


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