Coupes Moto Légende 2003
von
 Karl Matthias Hübben

Es war unwiderruflich das letzte Mal - das letzte Mal Steilkurven fahren, das letzte Mal diesen unglaublichen Kessel bevölkern, von dessen Kurven jeder Ton so in den Innenraum reflektiert wird, dass man glaubt, die Horde fährt einem mitten durchs Zelt hindurch. Zum letzten Mal diese tausend Grillfeuer im Wald. Zum letzten Mal diese französische Lässigkeit, die einen im Beruf sicher zur Verzweiflung treiben würde. Hier macht sie einen guten Teil des unnachahmlichen Flairs dieser größten Zweirad-Oldtimerveranstaltung Europas aus. Zum letzten Mal dieses unglaubliche Chaos bei der Anfahrt zur Rennstrecke, die auf einem Hochplateau ca. 40 Kilometer südlich des Pariser Stadtkerns im Jahr 1924 errichtet wurde. 
Die ganze Geschichte erinnert mich frappierend an den Werdegang des alten Nürburgrings, als das Sporthotel und die Holztribüne nicht mehr standen und der Dunlopturm als Attrappe ins Museum wanderte. Da war ein großer Teil dessen, was der Ring für mich ausgemacht hatte, verschwunden. Immerhin blieb der Nürburgring als Rennstrecke erhalten. 
Die Immobiliengesellschaft, die das gesamte Autodrom-Gelände in Monthlery-Linas gekauft hat, wird nichts übriglassen als moderne Bürogebäude. Und wo einst “Tim“ Birkin und Rudolf Carraciola die Kompressoren heulen ließen und Freddy Dixon auf  Brough-Superior und später Ray Amm auf der ungewöhnlichen Norton Kneeler ihre Rekorde fuhren, werden bald nur noch Klimaanlagen surren und Sekretärinnen gelangweilt aus getönten Glasscheiben schauen. Vielleicht bleibt ja das Denkmal an die vielen Rekorde, die hier gefahren wurden, erhalten und dieselben Sekretärinnen werden sich fragen, was dieses keilförmige spitze Etwas mit den vier Scheiben unten dran wohl sein soll. Auch die Tatsache, dass hier bis 1970 das Rennen um die Goldene Schüssel, der Bol d'Or ausgetragen wurde, wird die Strecke nicht mehr retten.


Vorbereitung zur Rekordfahrt mit der Kneeler, 
Monthlery November 1953


Nur liegen ist schöner! 
Norton Kneeler und Gilera 500


Soweit das Auge reicht,
BMW - Boxer


Kawas in der Steilwand

Aber als hätten alle gespürt, dass man dieses letzte Mal nicht verpassen darf, war der Auftrieb an Menschen und Maschinen in diesem Jahr noch größer als sonst. Da konnte selbst das leider besch....eidene Wetter die Fans nicht stören. 
Wie in jedem Jahr stand auch diesmal die Veranstaltung unter einem Motto, 80 Jahre BMW Motorräder war das Hauptthema. Dazu hatte BMW France mit Hilfe der deutschen Mutter ein fein ausgestattetes Museumszelt auf die Beine gestellt, in dem von Ernst Henne’s Rekordmaschine bis zu Helmut Dähne's TT Boxer nichts fehlte. Ein riesiges Bewirtschaftungszelt und ein riesiger Parkplatz mit BMW Motorrädern, die zur Sternfahrt nach Monthlery gekommen waren, rundeten die Sache ab. Dass man bei so einer Gelegenheit auch seine neuesten Modelle in einer Ausstellung bewirbt, versteht sich von selbst. Natürlich gab es auch einen Sonderlauf für BMW Maschinen auf dem Steilkurvenkurs. 
Daneben feierte, wenn auch im kleineren Rahmen, der Motobecane Club de France den achtzigsten Geburtstag seiner (in der ursprünglichen Form nicht mehr bestehenden) Marke! Motorräder, die man bei uns nur selten zu Gesicht bekommt, wie überhaupt der Motorradbau aus dem frankophonen Teil Europas hier in allen Facetten vertreten war - unglaublich was es alles gab!
Wenn man für so eine Maschine ein Teil sucht, so dürfte der riesige private Teilemarkt eine der besten existierenden Fundgruben auf dieser Erde sein. Auch für japanische Maschinen der letzten 40 Jahre kann man auf ein fast unübersehbares Angebot zugreifen, die Preise haben sich leider seit der Euro-Umstellung auf deutsches Niveau hochgependelt. Aber trotzdem wird ein gemachtes Geschäft am Ende oft noch mit einem Glas Rotwein besiegelt.

In der sogenannten Village Marchands sind die professionellen Händler in einer fast unübersehbaren Zeltstadt untergebracht und verkaufen das übliche Zubehör und Bekleidung, aber auch Teile zum Aufbau von klassischen Renn- und Sportmaschinen vom Alutank bis zur Hochschulterfelge.


Da wird jeder Drummer blaß,
 Trommelbremsen für jeden Anlass

In der Hauptsache war der Coupes Moto Légende aber immer eine Veranstaltung der teilnehmenden Motorradfahrer und ist es bis zu dieser, seiner letzten Ausgabe in Monthlery-Linas auch geblieben. In sage und schreibe 15 verschiedenen  Klassen treten über 1300(!) Teilnehmer an, um den Steilkurvenkurs mit seinen “Entschärfungsschikanen “ und dem Spitzkehrenteil unter die Räder zu nehmen. Von Kenny Roberts' YZR500 OW48 bis zum Fahrrad mit 0,8PS Hilfsmotor aus den Dreißigern ist alles vertreten und diese Mischung machte Monthlery aus. Diese Freizügigkeit, sich fast alles aus nächster Nähe anschauen zu können habe, ich bei keiner anderen Großveranstaltung so je erlebt.

Zum Abgesang der alten Rekordbahn hatte man diese letzte Chance genutzt und einige der noch fahrbereiten alten Rekordmaschinen ein letztes Mal auf dem Betonoval  versammelt. Noch einmal jagten sie in der alten Fahrtrichtung (gegen den Uhrzeigersinn) durch beide Steilkurven, das heißt auch durch die normalerweise gesperrte Südkurve. Die Fahrer haben es tatsächlich richtig krachen lassen und hingen, ohne durch die üblichen Schikanen gebremst zu werden, ganz oben in der Wand - unvergesslich!


Umringt wie eh und je,
 Giacomo Agostini   


 Paul Smart auf Triumph beim Interview
 (zur SuzukiXR11 Geschichte)


Sammy Miller und Luigi Taveri 
hatten sichtlich ihren Spaß an der Sache


Luigi Taveri
 auf Honda RC162   


Suzuki XR11, ex Suzuki GB


Kawasaki KR750, ex Murray Sayle

In der Grand-Prix Klasse war wie in jedem Jahr wieder ein Klassefeld von berühmten Fahrern und Motorrädern vertreten. Allen voran natürlich “le roi Ago“ Giacomo Agostini, aber auch Luigi Taveri und Phil Read, natürlich der immer noch mächtig schnelle Gianfranco Bonera und der auch nicht langsame Paul Smart mit einigen Triumph Sahnestücken aus dem British Motorcycle Museum in Birmingham. 
Wie in jedem Jahr trat die Riege der französischen Grand-Prix Helden an: Jean Francois Baldé, Marc Fontan, Christian Estrosi, Eric Saul, Guy Bertin, Bernhard Fau und der alte Formel 750 Haudegen Rene Guili, der bei den französischen Fans wegen der überhaupt nicht zu seiner Leibesfülle passenden Fahrweise immer wieder Beifallsstürme hervorruft. 
Natürlich war der berühmteste Trialfahrer aller Zeiten und Museumsbesitzer Sammy Miller auch da und brachte eine wunderschöne Gilera 4-Zylinder 500er an den Start. Er ließ auch die Guzzi V8 zum Schaufahren antreten, nachdem er in der Rekordmaschinenklasse die Norton-Kneeler gefahren hatte. 
Die Sammlung von Chris Wilson hatte diesmal als Highlight neben Kenny Roberts' OW48 auch die von Barry Sheene gefahrene Yamaha aus dem von Akai gesponsorten Team dabei, dazu noch Mick Grants Langstrecken Honda RSC 1000.


Am Vorstart, Klasse B, Grand Prix, u.a. John Player Norton   


Auf Bill Ivy's Spuren, Jean-Francois Balde


Hier schraubt der Meister noch selbst,
 J.- F. Balde

Ron Chandler, BSA Rocket 3, Formel 750


Guzzi V8, Concerto Grosso Italiano

 
Sammy Miller mit V8 Guzzi


Wer hat, der hat!
 Chris Wilson mit 
Barry Sheene's Yamaha OW48 


Chris Wilson's Continental Circus


TZ700 Nico Bakker


Gleich geht's los, Suzuki XR11,
 Triumph Trident und Linto 500


Boxer
 forever!!

Es ist sicher nicht so, dass nur in diesen ersten Klassen sehenswerte Motorräder zu sehen sind, aber das Angebot kann einen schier erschlagen. Die Zeit reicht einfach nicht aus, um sich alles anzusehen. So hat jeder Besucher sicher andere Eindrücke von diesem Motorradfest mit nach Hause genommen und ich denke, alle werden diese Veranstaltung vermissen. Es gab in Europa wohl keinen besseren Platz, er ist für immer verloren. Die Veranstalter werden es schwer haben, dieses gewisse Etwas zum neuen Veranstaltungsort nach Dijon mitzunehmen. Denn diese Rennstrecke in Monthlery hatte etwas, was man nicht mit allem Geld der Welt kaufen kann - eine ruhmreiche Geschichte!


BMW Parade, 
die Schatztruhe wurde geöffnet


Aufschnitt, es durfte ein wenig mehr sein, Kompressor Rekord BMW


3Zylinder-2Takt
 aus Frankreich


Ein unglückliches Paar, 
Barry Sheene und seine OW48R


4,5Km in 16.31, Klasse N, Cyclos Pedales


Absolut staubfreies Wetter


Dave Croxfords fährt zum Sieg in der 750er Produktion TT, IOM Juni 1975


Triumph Trident 750
" Slippery Sam"


XRTT750, Tage des Donners


Mick Grant's Honda RSC 1000


gestern noch Fantomas gejagt,
 heute in Monthlery   


Mit Spaß dabei, 
Zündapp 1935


Drixton Honda


Claude Millard in seinem Suzuki "Paradies"


Yamaha TZ750
 OW31


Motorad und Mechaniker sind echt, 
Mick Grant's ehemalige Kawa KR750 und Nigel Everett, sein früherer Schrauber


Warten im Schatten des alten Zeitnehmerturms
c
c


Ossa 250cc, 
Das Kleeblatt brachte ihm kein Glück, unvergessen: Santiago Herrero


Suzuki RGB 700
the pregnant Duck: die schwangere Ente


Nein, das ist keine Wand da im Hintergrund, 
das ist die Nordkurve!

Fotos:
Reiner Vossen und  Karl Hübben


 
www.classic-motorrad.de