Es gibt und gab im Rennsport sicherlich eine ganze Menge interessanter Insiderstorys die man niemals erfahren wird, weil die Protagonisten eines Tages nicht mehr unter uns weilten und die Geschichten damit für immer verloren sind. Umso besser, wenn ein echter Insider wie mein Freund Ray Battersby mal so eine Geschichte mit uns teilt. Er hatte sie für das kleine private Magazin des englischen MCI (Motorcycleindustry) Clubs aufgeschrieben und mir für die Veröffentlichung hier auf www.classic-motorrad.de überlassen. Karl Hübben |
Die schnellste Zapfpistole ist nun mal die Beste Tuning einer Vintage TT-Kraftstoff-Einfüllanlage |
Eine Mitternachts-Tankstopprobe mit Graeme Crosbys Werks-Suzuki XR34H im Jahr 1980 in der Auffahrt des Majestic Hotels in Douglas. Hier durfte das TT-Team schon sein eigenes schnelleres Equipment mit Flugzeugtreibstoffanschlüssen verwenden. (Von links nach rechts) Dave „Junior“ Collins, Martyn Ogborne, Mick Smith, Rex White, „Radar“ Cullen. Während der TT-Rennen 1979 wollte Suzukis Rennleiter Rex White den Boxenstopp von Mike Hailwood während der Senior TT beschleunigen. Das eigentliche Auftanken der Maschine dauerte am längsten, und während Rex sich darauf konzentrierte, dass die Boxencrew den Vorgang übte, schlug ich vor, dass wir versuchen sollten, den Kraftstoffdurchfluss zu erhöhen und damit die Zeit fürs Tanken zu verkürzen. Die TT-Regeln erlaubten nur die Verwendung der veralteten Treibstofftankanlagen, die für jede der Boxen in der Glencrutchery Road bereitgestellt wurden. Laut Rex White wurden diese seit den 1930er Jahren verwendet, als Shell diese Anlage den TT-Organisatoren gespendet hatte. In den frühen Morgenstunden eines Trainingstages fuhren Rex und ich ganz unverdächtig mit dem Renndienstwagen an die Box. Wir haben drei Füllsysteme – die mit den am neuesten aussehenden Schläuchen – von ihren Pfosten gehoben. Wir brachten sie zu unserer Garage im Majestic Hotel und begannen damit, den Schlauch zu finden, aus dem der Kraftstoff am schnellsten herausfloss. Dazu haben wir die Zapfpistolen von den Schläuchen getrennt und in jeden Behälter eine Gallone Kraftstoff eingefüllt. Rex stoppte die Zeit, die der Kraftstoff brauchte, um durch die offenen Schläuche zu fließen. Wir nahmen den schnellsten Schlauch und montierten nacheinander jede der drei Zapfpistolen und testeten die Fließzeit jeder einzelnen Pistole bei vollständig gedrücktem Abzug. Damit hatten wir das schnellste der drei ausgewählten Kraftstoffkits ermittelt. Als nächstes zerlegte ich die Pistole mit dem schnellsten Durchfluss, die, wie schon ihr Alter vermuten ließ, eine recht einfache Konstruktion war und an den meisten gängigen Tanksäulen verwendet wurde, bis in den 1970er Jahren die Selbstbedienungstankstellen aufkamen. Obwohl die Außenseite hochglanzpoliert war, war der innere Kraftstoffdurchgang dieses Sandgussteils äußerst rau. Die Menge an Schmutz im Inneren deutete darauf hin, dass es sich wohl um die erste Wartung seit fünfzig Jahren handelte. Ich habe das Teil innen gründlich gereinigt, bevor ich den Pressluftschleifer des Teams verwendet habe, um den Kraftstoffanschluss und das Ventil zu glätten und zu polieren. Ich habe den Abzug so eingestellt, dass kein Spiel mehr vorhanden war, und sichergestellt, dass das Tellerventil mindestens 25 % seines Durchmessers öffnet, wenn der Abzug vollständig gedrückt wird. Dann habe ich alles wieder sorgfältig zusammengebaut. Wir haben die schnellste Pistole also am schnellsten Schlauch befestigt, um so die beste Tankanlage herzustellen. Rex überprüfte, wie lange es dauerte, bis das neu abgestimmte Füllsystem eine Gallone Kraftstoff durchgelassen hat. Es war wirklich schneller geworden und bei vollem Kraftstoffablass sparte unser „Tuning“ und mein Service etwas mehr als vier Sekunden bei einem vollständigen Füllvorgang ein. Hört sich jetzt nicht nach so viel an, aber tatsächlich dürfte es dem Fahrer schwerer fallen, diese vier Sekunden auf der Strecke herauszufahren, insofern… Das ist ja Betrug, mögen manche Leute jetzt sagen. Das sehe ich nicht so; Es ist kein Betrug nur die Effizienz des eigenen Kits zu steigern, aber dabei doch die gleichen Teile zu verwenden, die auch alle Teilnehmer nutzen. Und es hatte kaum eine Stunde Aufwand gekostet, was im Hinblick auf den Tuning-Aufwand pro eingesparter Rennsekunde ein Rekord sein dürfte. Ich markierte unsere “Geheimwaffe“, damit wir sie bei künftigen TTs wiederfinden konnten, und wir kehrten zur Boxengasse zurück, um alle drei Gestelle auszutauschen und natürlich den schnellsten Bausatz an der Mike Hailwood zugewiesenen Box anzubringen. Später in dieser Woche erlaubten übrigens die TT-Organisatoren den Teams, bei zukünftigen TT-Rennen ihre eigenen Betankungssysteme zu verwenden ... |
Text: Ray Battersby, Übersetzung von Karl Matthias Hübben |