Wohl dem – das ist der Titel einer von neun ungewöhnlichen Geschichten, die vor kurzem in dem Buch „An Sieg und Rhein“ veröffentlicht worden sind. Entnommen dem Slogan der NSU-Werbeabteilung aus den sechziger Jahren: Wohl dem, der eine Quickly hat! Am Anfang, nachdem mein Vater das Moped gerade gekauft hatte, war mir gar nicht wohl, denn es bescherte mir als Kind erst einmal die schlimmste Tracht Prügel meines Lebens. Später, als Jugendlicher, war mir dagegen ausgesprochen wohl auf der Quickly, wenn mir bei meinen immer größer werdenden Ausflügen - damals noch ohne Helm! - der Fahrtwind um die Nase blies, ganz besonders dann, wenn ich mit steigender Vorfreude einem heiß ersehnten Rendezvous entgegen fuhr. Manchmal allerdings auch einer kalten Enttäuschung – was man, wie so vieles im Leben, ja immer erst hinterher wusste. Dass ich hinterher schlauer war, zumindest für den Moment, änderte aber nichts daran, dass ich mich beim nächsten Mal wieder hoffnungsvoll mit meiner Quickly auf den Weg machte ...
Die ersten Fahrten begannen mit der Erkundung der näheren Umgebung, von meiner Heimatstadt Freudenberg aus „erfuhr“ ich mir das Siegerland, das Sauerland und den
Westerwald, weiter gingen die Ausflüge die Sieg entlang bis an den Rhein nach Köln; zwei Schwarzweißfotos zeigen noch immer einen stolz lächelnden Sechzehnjährigen vor dem Dom und dem Elefantenhaus des Zoos. Wenn ich auch für Hin- und Rückfahrt, bei höchstens 40 km/h und ausschließlich über kurvige Landstraßen des
Bergischen Landes, jeweils etwa drei Stunden brauchte. Und das an einem kalten, aber sonnigen Herbsttag, den ich nie vergessen werde, waren damit doch schon erste, noch unbekannte Freiheitsgefühle eines Heranwachsenden verbunden.
Auch so manche, manchmal kuriosen Liebesabenteuer, ebenfalls in dieser Geschichte beschrieben, habe ich der Quickly zu verdanken. Leider auch meinen ersten Liebeskummer, und der sollte nicht der letzte sein. Fuhr ich an einem lauen Sommerabend von Zuhause fort, sog ich während der Fahrt durch Wiesen und Felder den würzigen Heuduft ein und fieberte einem romantischen Date entgegen. Kam ich an einem eisigen Winterabend Zuhause an, musste meine Mutter mir den Parka ausziehen, den ich mit meinen erfrorenen Fingern allein nicht aufknöpfen konnte. Aber auch das gehörte für mich untrennbar mit zur Freiheit auf zwei Rädern!
Wohl dem,der eine Quickly hat! Wie oft habe ich an diesen treffenden Ausspruch denken müssen. Denn wie viel Schönes, Seltsames, Abenteuerliches, aber auch humorvoll Peinliches habe ich mit ihr in den wilden siebziger Jahren erlebt, in denen mir dieses Moped immer, bis zum rostigen Ende, ein treues Gefährt war. Dem ich
irgendwann einmal, nahm ich mir vor, ein Denkmal setzen würde. Und das habe ich nun (ich hoffe zur Freude vieler Quicklianer) nach bald fünfzig Jahren wahrgemacht.
Wurde auch Zeit. Aber, wie heißt es schließlich so schön: Besser spät als nie!
Bertram Münker, „An Sieg und Rhein“, 322 Seiten, ISBN 978-3-98527-826-8,
15,95 €, in jeder Buchhandlung oder online bei Amazon, Hugendubel, Thalia u.a.
oder direkt beim Rediroma-Verlag, Remscheid.
|