In grauer Vorzeit herrschte König Crossbow über die Ritter seines Reiches und deren Gefolgsleute zwar weise, aber mit nahezu unbeschränkter Machtfülle. Eines der vorrangigen Ziele bestand darin, alle bei guter Laune zu halten. Zu diesem Zweck richtete er jährlich ein großes Turnier für die Ritter aus, die sich im „Verein für Vortreffliche“ (VfVo) zusammengeschlossen hatten. Dieses Turnier bestand aus mehreren Wettkämpfen in verschiedenen Landstrichen des Reiches. Zu jeder dieser glorreichen Prüfungen reisten stets mehrere hundert Ritter an, begleitet gewöhnlich von einem oder zwei Knappen, die ihnen zu Diensten waren. Freilich war das Vergnügen nicht umsonst zu erhalten, denn abgesehen von den zahlreichen Ehrenjungfrauen, die ihre Aufgaben stets unentgeltlich verrichteten, kostete die Herrichtung der Wettkampfstätten und der Stallungen sowie die Verpflichtung von Kampfrichtern viele Dukaten und Silberlinge. Für diese Kosten mussten die edlen Ritter selbst aufkommen. Einer davon, Ritter Bleichard, bat den König um Befreiung von dem zu erbringenden Obolus; huldvoll entsprach dieser der vorgetragenen Begehr und erwies sich dabei insofern als besonders großherzig, als er die Befreiung nicht zeitlich befristete. Leider geben die verblichenen Dokumente keinen Aufschluss mehr über die vom Antragsteller vorgetragene Begründung; hatte er vielleicht darauf verwiesen, dass er jeweils mit vier Pferden antrat, wo andere nur deren zwei oder gar nur eines zur Verfügung hatten? Oder dass er bereits bei legendären Turnieren außerhalb des Reiches strahlende Leistungen erbracht hatte? Wir wissen es nicht; überliefert ist lediglich, dass Vertraulichkeit vereinbart wurde. Denn hätten die anderen Ritter von der Vereinbarung erfahren, wäre vermutlich ein großes Gezeter losgegangen, weil natürlich jeder die Vergünstigung auch gern für sich in Anspruch genommen hätte, und das wäre das Ende des schönen Turniers gewesen. Wie dem auch sei: Die getroffene Regelung erleichterte dem Ritter sein Leben über die Jahre beträchtlich und erlaubte es ihm, erst unlängst, besonders rassige Turnier-Pferde neu zu erwerben. Hilfreich dabei war, dass er sich stets von jenem einen Wettkampf konsequent ferngehalten hatte, wo ihm die erbetene Gunst niemals gewährt worden war. Aber dieser Turnierplatz lag sowieso in einer rauen Gebirgsgegend, wo es noch bis in die jüngere Vergangenheit vulkanische Aktivitäten gegeben hatte. Als sich der König altersbedingt von den Regierungsgeschäften zurückzog, rührten die Nachfolger im Amt zunächst während mehrerer Jahre nicht an der von ihm einst getroffenen Entscheidung – entweder, weil sie selbst ihnen wegen der vereinbarten Vertraulichkeit nicht bekannt geworden oder die Entscheidung so weitsichtig erfolgt war, dass sie allen inzwischen eingetretenen Veränderungen im Reich und insbesondere der mittlerweile ausgebrochenen großen Not in weiten Kreisen der Bevölkerung trotzte. Aber eines Tages plauderte Ritter Bleichard unbedacht über die getroffene Vereinbarung, und einer der Untertanen wies die neuen Herrscher auf den Fall hin und ersuchte devot darum, die Sonderbehandlung im Interesse aller zu überprüfen. Im Zuge der angesagten Überprüfung stellte sich heraus, dass es drei weitere Ritter gab, die ebenfalls in den Genuss der Vergünstigung gekommen waren. Alle waren sehr namhaft; einer davon kam aus einem untergegangenen Land und hätte nur mit Mühe die Kosten für das Turnier aufbringen können. Bei den beiden anderen handelte es sich um strahlende und kampferprobte Heroen, die nicht nur den Glanz des Turniers weiter erhöhten, sondern dieses auch durch ihre Verbindungen mit anderen Mächtigen teilweise erst ermöglichten. Im Hinblick auf diese recht unterschiedlichen Gegebenheiten entschieden die Oberen – nicht ohne anfängliche Unmutsbekundungen und erst nach einigem Hin und Her – alles beim Alten zu belassen, und sie legten Kriterien fest, bei deren Erfüllung auch weitere Ritter zum Kreis der Erlauchten hinzustoßen könnten. Und weil sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.
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