Hintergründe: Etliche Fahrer haben gegen Ende der zurückliegenden Saison ihren Unmut über das Wettbewerbsreglement 2010 zum Ausdruck gebracht. Dieser ging vereinzelt sogar so weit, dass mehr oder weniger hinter vorgehaltener Hand angedeutet wurde, sich vielleicht zukünftig in anderen Serien engagieren zu wollen. Von anderer Seite war gar die – hoffentlich nicht ganz ernsthaft gemeinte – Vermutung zu hören, wonach die geringen Starterzahlen schon dieses Jahr womöglich eine Folge des geänderten Reglements gewesen seien. Diesen Erwägungen soll hier entgegengetreten und stattdessen der Blick auf die in einigen Klassen besorgniserregende Entwicklung der jüngsten Vergangenheit gerichtet werden.
Fakten: Nicht weniger als 283 Fahrer hatten sich vorsaisonal für die anstehenden Meisterschaftsläufe eingeschrieben. Das entspricht im Großen und Ganzen den Zahlen aus den Vorjahren; in manchen Klassen gab es Abgänge, dafür in anderen Zuwächse. Diese Nennungen erfolgten in Kenntnis des neuen Wettbewerbsreglements 2010, das jedem Einzelnen vom DSMB zugestellt und auch auf der Internet-Seite des VFV publiziert und in der VFV kommentiert worden war. Erst gegen Ende der Saison äußerten einige Fahrer angesichts der von ihnen eingefahrenen Differenz-Zeiten („Strafpunkte“) Unzufriedenheit mit dem neuen Wertungsmodus. Der Grund bestand wohl einfach darin, sich dadurch persönlich eine bessere Position zu verschaffen.
Aber: Von den 283 eingeschriebenen Fahrern konkurrierten nur vergleichsweise wenige - nämlich knapp 60 Teilnehmer - einigermaßen ernsthaft um die DHM und die Jahres-Klassenmeisterschaften. Und: 58 der eingeschriebenen Fahrer starteten bei keinem einzigen Lauf (!), obwohl sie doch ihre Antrittsgebühr dafür bezahlt hatten. Von einem Desinteresse an der Meisterschaft darf wohl ausgegangen werden, wenn ein Fahrer von sechs angebotenen Veranstaltungen drei oder mehr gar nicht erst bestreitet.
Schlussfolgerungen: Dieses sind alarmierende Zahlen; es ist notwendig, die dahinter stehenden Gründe zu analysieren und für die nächste Saison die richtigen Schlüsse zu ziehen. Der neu eingeführten Zeiten-Wertung den Schwarzen Peter in die Schuhe zu schieben, ist abwegig, wie eingangs dargelegt wurde. Nach der Veröffentlichung der einzelnen Klassenwertungen am Saisonschluss ist es denn an dieser Front auch bemerkenswert ruhig geblieben. Entweder hat der Blick auf diese Listen die dahinter stehende Logik verständlich gemacht, oder dem Großteil der Teilnehmer ist diese Wertung schlichtweg wurscht.
Weitere Fakten: Beim Betrachten der einzelnen Klassenlisten sticht ein wichtiger Punkt ins Auge: In all den Klassen, in welchen dem vorhandenen Maschinenmaterial interessante alternative Startmöglichkeiten geboten werden, ist das Interesse an der VFV-Meisterschaft ersichtlich gering. Ganz typisch dafür stehen die Post-Classic- und Youngtime-Maschinen, die von ihren Fahrern offensichtlich gern oder lieber in entsprechenden Zweitakt-*Rennen* eingesetzt werden. Ähnlich sieht es in der 50er Klasse aus, wo das Fahrangebot der „Golden 50“ von der Streckenwahl, den Kosten und dem Umfeld her (IDM Sachsenring!) anderswo fraglos sehr attraktiv ist. Und auch bei den Gespannen – das starke Rückgrat des VFV in all den Jahren – liebäugeln viele Teilnehmer zunehmend mit Starts bei Classic-Rennen. Schon zu Beginn der Saison (also beim Kölner Kurs) hatten sich viele Gespannfahrer zugunsten des Schleizer Laufes entschieden und blieben dem Nürburgring fern. Da spielt wohl auch das „Bauchgefühl“ ein wenig mit, als „echter“ Rennfahrer auftreten zu können, im weiteren die Aussicht, vor einem größeren Publikum zu fahren, schließlich aber auch manch attraktives Streckenangebot wie eben beispielsweise Schleiz. Und um das hier Gesagte zu verfestigen, mögen als Gegenbeispiel die Klassen F und BCE dienen, bei denen je sieben ernsthafte Bewerber um die Klassenmeisterschaft stritten: Hier sind attraktive Alternativen in ähnlich großer Zahl wie bei den Classic-Rennen einfach nicht im Angebot.
Aussicht: Wir werden also lernen müssen, mit der in den letzten Jahren gewachsenen Konkurrenz zu leben und unser Angebot so interessant zu machen, dass wir Teilnehmer halten oder zurückgewinnen können, möglicherweise auch mit Mitbewerbern zu kooperieren. Ein Lösungsansatz könnte in dem Prinzip bestehen, wonach „weniger“ oft „mehr“ ist. Ganz einfach deswegen, weil sich ein Meisterschaftsinteressent schon vorsaisonal festlegen muss, und bei einer großen Anzahl von Meisterschaftsläufen ihm einfach keine Zeit mehr bleibt, um bei anderen, vielleicht von ihm bevorzugten Veranstaltungen, an den Start zu gehen. Diese Möglichkeit bliebe ihm aber in weit höherem Maße erhalten, wenn er als Meisterschaftsteilnehmer nur vier oder fünf Veranstaltungen bestreiten müsste. Unter diesem Aspekt war die zweite Saisonhälfte in diesem Jahr – ohne dass die Verantwortlichen dabei eine Alternative gehabt hätten! – kontraproduktiv.
Also: Hinterfragen, Analysieren und Nachdenken ist in höchstem Maße angesagt, die richtigen Schlussfolgerungen für 2011 ziehen unbedingt notwendig – aber tunlichst ohne Kurzschlüsse, Polemik oder Schuldzuweisungen!
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