Moto-GL-Kaleidoskop
Beobachtungen und Notizen aus dem Fahrerlager und von der Strecke

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Erster Lauf um die DHM 2011

in Metz

1. Zum Umfeld und Organisatorischen

Nach der Verlegung des Kölner Kurses auf den Pfingst-Montag wurde der erste Lauf um die diesjährige DHM am 21./22. Mai ausgetragen, u.z. der Historische Preis der Stadt Metz, angesetzt auf dem Kurs von Chambley. Hatten im Vorjahr nur ca. 120 Fahrer gemeldet, so waren es dieses Mal 200 – eine erfreuliche Entwicklung. Die Teilnehmer hatten im Fahrerlager reichlich Platz, weil dieses erweitert und benutzerfreundlicher gemacht worden war, z.B. durch die Schleifung von Erdwällen und das Mähen des Unkrauts auf den Grünflächen, die dadurch die Möglichkeit boten, als Stellplatz genutzt zu werden. Die entspannte Atmosphäre war derjenigen eines beschaulichen Camping-Platzes nicht unähnlich; die wenigen Lautsprecher-Durchsagen waren kaum vernehmbar und erreichten deshalb nur einen kleinen Teil der Adressaten. Angenehm der zwanglose Zu- und Abgang; die Anlage war auch für Besucher kostenlos betret- bzw. befahrbar. Das kulinarische Angebot durch den Kiosk auf dem Platz hielt allerdings der Gewissheit nicht wirklich stand, dass man sich in Frankreich befände. Unbefriedigend sind weiterhin die sanitären Anlagen. Deutlich verbessert war hingegen die Stromversorgung: Von Freitag Abend bis Sonntag früh floss, von kurzen Unterbrechungen abgesehen, der Strom kontinuierlich. Dann aber war es aus damit; ob der Regen zu Kurzschlüssen geführt hatte oder die Verantwortlichen die vorhandene Elektrizität auf jeden Fall für die Zeitnahme sichern wollten, blieb offen.

Nur in Metz finden sich solche Hütten für die Strecken- Wärter und deren Hilfsmittel. Im Sommer schmücken Oleander die Blumenkästen.

 Nur in Metz finden sich solche Hütten für die Strecken-Wärter und deren Hilfsmittel. Im Sommer schmücken Oleander die Blumenkästen.
Die Strecke, die über den Winter gegen das Fahrerlager eingezäunt worden war, befand sich weiterhin in einem sehr guten Zustand – mit einer Ausnahme: In der engen Links-Kurve nach dem „Cork Screw“ waren längere Risse im Asphalt mit Bitumen verklebt worden; die betreffenden Stellen waren schon im Trockenen extrem rutschig und mussten entweder ganz innen oder weit außen umfahren werden. Hier sind Nachbesserungen für die Zukunft unbedingt zu wünschen, zumal die Piste insgesamt sehr gekonnt angelegt worden ist: Auch nach dem starken Regen am Sonntag Vormittag bildeten sich nirgendwo flächendeckende Pfützen, weil das Wasser überall schnell abfloss.
Während die Trainings-Läufe am Samstag bei herrlichem Wetter stattfanden, begann es in der Nacht zu Sonntag stark zu regnen. Gegen 9 Uhr fanden sich die Fahrer der anstehenden Klasse am Vorstart ein – und warteten und warteten und warteten im strömenden Regen, dass es endlich losgehen sollte. Die Verzögerung erklärte sich daraus, dass der Einsatz-Krankenwagen entgegen den getroffenen Vereinbarungen noch nicht vor Ort war. Deshalb schoben die Fahrer dann erst mal ihre Maschinen in den großen Hangar, wo es wenigstens trocken war. Als die Ambulance schließlich eintraf, entschied die Rennleitung, an Stelle des eigentlich vorgesehenen Kupplungsstarts eine Einführungs- oder Besichtigungs-Runde vorzusehen mit anschließendem fliegenden Start; zudem wurde pro Lauf die Zahl der zu fahrenden Runden verkürzt, wodurch die eingetretene Verzögerung allmählich wieder eingeholt werden konnte. Das war angesichts der herrschenden Bedingungen aus Sicherheitserwägungen gewiss richtig. Aber einige Fahrer, die sich für vordere Startplätze qualifiziert hatten und wohl die verkündete Änderung nicht richtig mitbekommen hatten, waren darüber stinkesauer – man kann es, wie bekannt, nicht jedem recht machen…

Fahrtleiter Manfred Hith gibt für einen Fahrer das Zeichen zum   fliegenden Start
Fahrtleiter Manfred Hith gibt für einen Fahrer das Zeichen zum fliegenden Start

Die Fahrer schieben ihre Maschinen vom Vorstart in den Hangar
Die Fahrer schieben ihre Maschinen vom Vorstart in den Hangar

 

2. Zum Sport

In allen Klassen fand großartiger Sport statt. Herausragend war bei den Gespannen die Regen-„Schlacht“ zwischen Klink/Hambsch, Nau/Rüb und Sattler/Klingelhöfer um die Führung „on the road“, die letztlich in der angegebenen Reihung endete. Zum wiederholten Male lieferten sich im Training und im Wertungslauf Cord Warnecke und Tilmann Runck harte Duelle mit atemberaubenden Schräglagen. Warnecke bot auch mit seiner 350er Vorkriegs-Velocette im Training eine äußerst respektable Vorstellung gegen die 500er Triumph von Gerhard Fischer, trat dann aber im Wertungslauf nicht an. In W konnte erneut niemand Lothar Singer auf seiner BMW einholen, in V brillierte Hans Poljack. Über alle Klassen hinweg war aber wohl Flavio Laus der auffälligste Fahrer. Auf seiner fast serienmäßigen Honda CX 500 („Güllepumpe“) fuhr er im trockenen Training eine Zeit um 2:13, die ihn in die erste Startreihe der Klasse A+O+X+S brachte; in der Klasse W+V+K hätte das den vierten Startplatz bedeutet. Im nassen ersten Wertungslauf 1 übernahm er bald nach dem Start die Führung des Feldes und gab sie bis ins Ziel nicht mehr ab. Im trockenen zweiten Wertungslauf balgte er sich rundenlang mit Fahrern, die mehrheitlich auf Maschinen mit ungleich höherer Leistung unterwegs waren, und musste sich im Ziel nur von Thorsten Knickeberg geschlagen geben – großartig! (Was das alles in Einheiten der GL-Wertung bedeutete, kann aus den entsprechenden Ergebnis-Listen auf den VFV-Seiten entnommen werden.)

Linksschwenk-Aufrichten-Rechtsumlegen


Linksschwenk-Aufrichten-Rechtsumlegen
Szene aus den Gespann-Läufen: Bleichrodt/Schaub treiben andere   Fahrerkollegen vor sich her.
Szene aus den Gespann-Läufen: Bleichrodt/Schaub treiben andere Fahrerkollegen vor sich her.
Hans Poljack (V 1)
Hans Poljack (V 1)
Flavio Laus auf der Außenbahn. Genau hinschauen: Zwei Mitstreiter innen.
Flavio Laus auf der Außenbahn. Genau hinschauen: Zwei Mitstreiter innen.


Für Laus war das letztlich eine Art verdienter Ausgleich für das Ungemach, das daraus resultierte, dass ich ihm nicht – wie beabsichtigt – für die Klasse K meine Manx zur Verfügung stellen konnte. Denn im ersten freien Training, das ich selbst fuhr, um zu sehen, ob alles in Ordnung sei, hatte sich ein nicht mehr behebbarer Defekt an der Zündung offenbart – totaler Frust nach fast acht Monaten Vorfreude darauf, dass es nun endlich losgehen sollte. Zunächst schien es so, als könnten wir das Unmögliche möglich machen und als Ersatz eine Maschine von einem Fahrerkollegen leihen (was ist der Preis für so etwas??); diese wurde in allerhöchster Eile für den Einsatz vorbereitet, auch technisch noch abgenommen (hier noch einmal großen Dank an den betreffenden Fahrerkollegen sowie die sportlichen und technischen Kommissare!), doch scheiterte das gesamte Unternehmen in allerletzter Sekunde ebenfalls an einem lächerlichen technischem Defekt – Doppelfrust!

Manfred Ströhl aus Amstetten hat eine sehr schöne Seeley-Matchless G 50 aufgebaut und sie in die Hände eines jungen Nachwuchs-Fahrers gegeben: Tom Schulze hat sie mit der Start-Nummer K 39 ordentlich bewegt (s. Fotos K 39 und Matchless auf der Werkbank). Vielleicht schließen sich dieser Initiative ja doch noch weitere Halter von Maschinen an…

Schulze (K 39) auf der Strecke


Schulze (K 39) auf der Strecke

Manfred Ströhl und Tom Schulze bei Wartungsarbeiten an der G 50

Manfred Ströhl und Tom Schulze
bei Wartungsarbeiten an der G 50

Tilmann Runck (K 17)auf seiner Seeley

Tilmann Runck (K 17) auf seiner Seeley


3. Anekdotisches

Geoff Bloor aus Nottingham, GB, gewann auf seiner Aermacchi die GL-Wertung in H. Freilich hatten die Kommissare festgestellt, dass der Sound der Maschine jenseits der erlaubten Grenzwerte lag. Sie verfügten deshalb, dass der Fahrer nicht am zweiten Wertungslauf teilnehmen dürfe. (Muss man wirklich derart prinzipienfest auch bei solchen Teilnehmern sein, die eine so lange Anreise hinter sich haben?) Um das besagte Verdikt zu umgehen, griffen Geoff und sein britischer Kollege zu einem Hammer und klopften den Auspuff so lange zu, bis sich ein signifikanter Effekt einstellte.

Der Regen hatte einige Fahrer davon abgehalten, an den Start des ersten Wertungslaufes zu gehen. Damit war auch die Aussicht auf eine Platzierung für die Tageswertung vorbei. Deshalb traten mehrere schon am Sonntag Mittag wieder die Heimreise an. Einer von ihnen gab beim Verlassen des Fahrerlagers eine anderweitige Begründung von beeindruckender Überzeugungskraft an: Er sei von den Eltern angerufen worden; der heimische Papagei sei aus dem Käfig entflohen, und er müsse deshalb rasch nach Hause, um ihn wieder einzufangen…


Text: Manfred Amelang; Fotos: Witschel (2), Amelang