„Zu den Dingen, die in der industrialisierten Welt zu den überflüssigsten, unsinnigsten, schädlichsten und in jeder Hinsicht kontraproduktiven Torheiten zuzuordnen sind, gehört der Irrsinn des Motorsports in all seinen perversen Varianten. Pervers in seiner aberwitzigen Vergeudung von Energie, menschlichem Erfindergeist und Schaffenskraft. Es mag sein, dass dieses für andere sportliche Großereignisse ähnlich gilt, nirgendwo jedoch in dieser vulgären, konzentrierten Form als im Motorsport (...), wo der Widerspruch zwischen dem vorgeblichen Veränderungswillen zur Bewältigung der globalen Klimaproblematik und der tatsächlichen Realität in seiner Heuchelei so deutlich wird.“ So begann ein Leserbrief vor geraumer Zeit in der Süddeutschen Zeitung (Nr. 300, S. 31), und auch wenn der Briefschreiber hauptsächlich gegen den Formel 1-Zirkus polemisierte, ist doch unbestreitbar, dass der Motorsport in Zeiten des Klimawandels und des knapper werdenden Öls leicht ins Visier von Kritikern gerät.
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Der Sport mit historischem Material tut sich nicht eben leicht, in dieser Diskussion ökologisch vernünftige und politisch korrekte Antworten geben zu können. Die hier eingesetzten Maschinen verbrauchen einiges und emittieren viel in Einheiten von Lärm und Abgasen. Zudem kann nicht behauptet werden, es würden dabei die Aggregate im Hinblick darauf erprobt, „effizienter“ und „nachhaltiger“ zu sein, also Entwicklungsarbeit für die Zukunft zu leisten, denn das genaue Gegenteil ist ja richtig: Die historische Authentizität bei den Fahrzeugen gilt es zu bewahren oder gar wieder herzustellen.
Dem kann mit Recht entgegengehalten werden, dass der Motorsport – und zumal derjenige mit historischen Fahrzeugen – nur einen Bruchteil an den CO2-Emissionen insgesamt erzeuge und deshalb nicht im vordersten Schussfeld von Angriffen stehen könnte. Und generell gilt gewiss, dass es die Mobilität ist (also der Transport etwa zum Arbeitsplatz oder einer Sportstätte), die den Löwenanteil an Emissionen erzeugt. (Hier kommt unsere Szene über den Daumen gepeilt pro Rennwochenende immerhin auf den Verbrauch im Umfang eines Tanklastzugs.) Alles richtig.
Aber es wäre unklug, nur auf dieser Vergleichsbasis zu argumentieren. Denn wenn irgendwo eine Art Rotstift angesetzt wird oder Verbote erlassen werden, dürften davon zuallererst randständige Minderheiten betroffen sein (und dazu zählen wir natürlich) oder dasjenige, das erkennbar nicht zum Überleben notwendig ist (wie z:B. „Abfackeln“ von Sprit bei Rennen). Wir müssen uns der unbequemen Problematik offensiver stellen, weil bei unserem Sport für jedermann leicht erkennbar das Verbrennen fossiler Ressourcen (und die Emission von Lärm, pardon: der Sound!) die Grundlage unseres Tuns ist, d.h. daraus schöpfen wir unseren Lustgewinn, während in anderen Sportarten CO2 sozusagen ein Bei-Produkt darstellt. Und geben wir uns keinen Illusionen hin: Diese Problematik wird drückender in dem Ausmaß, wie die Klimaveränderung fortschreitet und das Öl knapper wird.
In Bezug darauf angesprochen, wie denn die Freunde vierrädriger Oldtimer mit dieser Problematik umgehen, empfahl Malte Jürgens, ehemaliger Chef-Redakteur von „MOTOR KLASSIK“ und vor einigen Jahren selbst bei uns auf einer Norton ES 2 unterwegs, jeder von uns solle einen Baum pflanzen. So hat denn die Formel 1 noch unter der Führung von Max Mosley bereits vor Jahren ganze Wälder in Asien aufforsten lassen. Und weiter: „Ein solcher Baum allein bewirkt natürlich nix, außer, dass sich der, der ihn gesetzt hat, hinterher besser fühlt. Aber zur Beruhigung des eigenen Gewissens und als Zeichen für das Bestreben um eine gewisse Balance zwischen Historischem Motorsport und Klimaschutz ist es immerhin eine Maßnahme; am besten ein Laubbaum, denn die binden mehr CO2.“ (mündl. Mitteilung). Natürlich löst eine solche Empfehlung, wie der Urheber selbst einräumt, nicht wirklich die Probleme, aber es ist ein Denkanstoß – immerhin.
In diesem Zusammenhang sind auch die Bestrebungen verschiedener Verbände von enormer Wichtigkeit, den Umgang mit Veteranen-Fahrzeugen unter den Schutz von Bestimmungen zum Erhalt von technischem Kulturgut zu stellen; im Erfolgsfall würde es lokalen Organisatoren erschwert, irgendwelche Verbote zu verhängen.
In einer Zeit, wo jede Lobby nur Chancen hat, wenn hinter ihr eine nennenswerte Zahl von Interessen-Vertretern (und damit: Wählern!) steht, scheint es zudem geboten, nach Gleichgesinnten Ausschau zu halten und sich mit ihnen zusammenzuschließen. Etwa könnten, um nur ein Beispiel zu nennen, die Freunde von Dampfeisenbahnen potentielle Verbündete sein, weil diese - wie wir - bei der Ausübung ihres Hobbys ebenfalls Schadstoffe emittieren.
Weitere Ideen sind gefragt. Vielleicht hilft beim Nachdenken darüber die Muße der bevorstehenden stillen Tage.
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