Zum Drum und Dran
Die Veranstaltung auf der Dahlemer Binz weist eine ganze Menge von frappierenden Ähnlichkeiten mit derjenigen in Walldürn auf. Diese sind natürlich in erster Linie dem Umstand geschuldet, dass es sich hier wie dort um Flugplatz-Rennen handelt. Dementsprechend ist die Strecke jeweils bestimmt durch zwei Geraden, die durch kurze Verbindungsstücke miteinander verknüpft sind. Auf jeder der Geraden ist eine Schikane eingebaut; diejenige auf der Landebahn von Dahlem gefällt besser: Ein- und Ausfahrt sind durch stehende und liegende Pylonen gut zu erkennen, der Rechts-Bogen innerhalb der Schikane ebenso wie die anschließende Links bei der Ausfahrt mit Schwung in ordentlicher Schräglage zu nehmen – wunderbar. Dahlem ist länger und deshalb auch etwas schneller.
Hier wie dort prägt ein Mix ganz verschiedener Veranstaltungen das Geschehen: Neben den Gleichmäßigkeitsläufen des VFV stehen Rennserien mit Zwei- und Viertaktern im Programm, aus Deutschland und Holland sowie Marken-Cups. Den Zuschauern gefällt das; insbesondere am Samstag waren viele anwesend. Sie wurden zusätzlich von einem Streckensprecher unterhalten, der auch die Zwischenstände in den GL-Läufen auf seinem Computer sah und diese kommentierte. Am Sonntag wurden viele potentielle Interessenten vom schlechten Wetter davon abgehalten, zur Dahlemer Binz zu fahren oder sie wurden dort davon regelrecht vertrieben – auch das eine Dublette zu Walldürn in diesem Jahr.
Vorab war mitgeteilt worden, dass wegen einer Flugveranstaltung das Fahrerlager erst ab 20 Uhr am Freitag betreten bzw. befahren werden könne. Aber wegen starker Winde war eben dieser Flugbetrieb komplett eingestellt worden. Wer sich auf die angegebenen Zeiten eingestellt hatte und erst am frühen Abend anreiste, musste denn feststellen, dass die besten Plätze schon von den „Frühbuchern“ in Beschlag genommen worden waren.
Der besagte Wind verweist auf eine weitere Ähnlichkeit mit Walldürn, nämlich das ziemlich raue Klima. Auf der Dahlemer Binz wehte all die Tage ein ziemlicher Sturm. Der war z.T. so stark, dass eine Bö gar eine ganze Staffel von schweren Zuschauer-Maschinen wie Dominosteine umkippen ließ. Der Samstag blieb trocken, aber für Sonntag Mittag war Regen angesagt, und der kam in der Tat pünktlich und in großen Mengen, sodass viele Fahrer – schon zermürbt durch den Sturm – einpackten und auf eine Teilnahme am zweiten Wertungslauf einfach verzichteten. Auf wundersame Weise gab es gleichwohl zumindest in einem Fall dann aber doch noch einen Pokal für einen Fahrer, der an dem zweiten Lauf gar nicht teilgenommen hatte. Was hier bei der Addition der Ergebnisse aus beiden Läufen als individueller Wert für Lauf 2 eingesetzt worden war, bleibt das Geheimnis der Verantwortlichen.
Das Fahrerlager besteht aus Teer- und Rasenflächen, die sich aufgelockert um die Strecke gruppieren – letztlich vom Ambiente her viel ansprechender als mancher monolithischer Asphalt-Block. Die Stromversorgung erfüllt nur Minimal-Ansprüche; die Veranstalter von Dahlem hatten in der Nennbestätigung ausdrücklich festgehalten „Kein Strom!“, aber so ganz stimmte das nicht, denn aus einigen Gebäuden und Hallen führten doch zahlreiche Kabel zu den Standplätzen der Fahrer. Viele hatten sich zudem auf die Situation eingestellt und ihre Notstrom-Aggregate mitgebracht. Auch die sanitären Anlagen sind von der Struktur und Qualität in etwa vergleichbar; neben einigen Dixi-Häuschen bedeutete das in Dahlem vor allem die Toiletten und Waschbecken im Keller der Flughafen-Gaststätte, ausreichend und sauber, aber in der Nacht von Samstag zu Sonntag abgeschlossen! Das führte bei einigen Fahrern zu unschönen und unwürdigen Erlebnissen. Es mag gute Gründe gegeben haben dafür, die Anlage abzuschließen, aber dieses nicht angekündigt zu haben, ist definitiv nicht hinnehmbar.
|
Grummeln im Hintergrund
Bei einigen Fahrern regte sich Unmut, als ihnen bewusst wurde, dass beim Jan-Wellen-Cup die Ergebnisse bestimmter Klassen unterschiedlich behandelt werden für die Jahres-Klassen-Wertung einerseits und die DHM andererseits. Das gilt für jene Klassen, die in Schotten fahren und die dementsprechend bei den Wettbewerben um den Jan-Wellem-Cup nur „fakultativ“ antreten, sozusagen als „Kürübung“; dort fahren sie zwar um die Tageswertung, und ihre Resultate gehen auch in die Jahres-Klassen-Wertung ein, nicht aber in die DHM-Wertung. Das mag für einige Fahrer wohl der Grund gewesen sein, nicht zum Nürburgring zu fahren. Dabei hatten sie aber übersehen, dass ihre Ergebnisse sehr wohl für die Jahres-Klassen-Wertung herangezogen werden. Also: Dieses bitte in Zukunft beachten!
Ein anderes Problem resultierte daraus, dass bei einer „Fremdveranstaltung“ wie der Dahlemer Binz, für die nicht der VFV die organisatorische Verantwortung trägt, die Überprüfung der historischen Authentizität in mehreren Fällen „liberaler“ erfolgte als bei den „Eigenveranstaltungen“. Dadurch sind auch Maschinen an den Start gebracht worden, die nicht strikt dem Reglement des VFV bzw. dessen üblicher Interpretation durch entsprechend versierte Personen entsprachen. In Bezug darauf ist in Zukunft eine Regelung anzustreben, bei der die besagten Handhabungs-Unterschiede vermieden werden.
Zum Sport
Die Gleichmäßigkeits-Läufe fanden in sechs Kategorien statt, zu denen die mittlerweile 24 Klassen des VFV zusammengefasst worden waren, und zwar im Bestreben, hinreichend homogene und ausreichend große Starterfelder herzustellen. Insgesamt traten etwa 110 Fahrer mit VFV-Start-Nummern an, d.h. etwa ein Drittel unserer Grundgesamtheit, die bei den „großen“ Läufen wie Hockenheim zu sehen ist. Am geringsten besetzt waren mit jeweils nur einem (!) Fahrer die Klassen A (Udo Jöken), B (Bruno Egloff) und R (Ingo Emmerich), am stärksten mit jeweils 9 Fahrern X und P sowie insbesondere V mit 12 Fahrern.
Das wirft, und dieses nur am Rande betrachtet, die Frage auf, ob nicht darüber nachgedacht werden sollte, die für Sieg und Platzierung zu vergebenden Punkte an der Zahl der Mitstreiter auszurichten. Vielleicht ist der bevorstehende Winter die geeignete Zeit, sich damit vertiefend zu beschäftigen. Das jetzige Regelwerk begünstigt jedenfalls jene Fahrer, die auch lange Anfahrtswege zu weit entfernten Strecken in Kauf nehmen, wo sie gerade wegen der geografischen Randlage auf nur wenige Konkurrenten stoßen.
Im Sport stehen meist nur die *Sieger*-Typen im Vordergrund, weil sie die Maxime „schneller, weiter, höher“ am besten erfüllen. Für unsere Szene bedeutet das Tempo (zumindest im Training), im Weiteren gewiss auch Konstanz (=Gleichmäßigkeit) und wohl auch technische Kompetenz. Allerdings gehören zum Siegen auch die „Mitspieler“, ohne die ein Sieger gar nicht definiert werden könnte; durch ihr Mitmachen liefern sie den Siegern erst das Podium, auf dem diese dann gefeiert werden können. Um diesen Gegebenheiten gerecht zu werden sei hier einmal (und wohl auch: erstmals) von den Erstplatzierten abgesehen (von denen sich die jeweils ersten 15 in den Meisterschaftstabellen wiederfinden) und das Augenmerk auf die „Backmarker“ gerichtet, jedenfalls hier auf einen Fahrer, der - was das Tempo angeht - zu den gemächlichsten zählt, u.z. in absoluten Einheiten ebenso wie relativ zu den Mitstreitern seiner Gruppe, weil seine Maschine einfach nicht mehr an Leistung hergibt. Gesprochen sei von Hans Insel aus Ratingen, der mit seiner 125er DKW-RT von 1951 seit geraumer Zeit dabei ist und meist mit erheblichem Rückstand das Feld „vor sich hertreibt“. Olympischer Gedanke in Rein-Kultur, aus Freude am Fahren mit dabei sein, unverzagt und mit sich im Reinen, gar in gewissem Sinne fröhlich. Wir freuen uns, dass Du dabei bist!
|
Ein spektakulärer Abflug Im Rennen um den Viertakt-Classic-Cup, Top Twins, rutschte Rainer Hilpert in der Fahrerlager-Kurve mit seiner Ducati TT 750 wegen allzu verwegener Schräglage aus und schlitterte über die Piste. Der nachfolgende Rainer Bomhard konnte mit seiner Aprilia RSV 2 nicht mehr ausweichen; ihm blieb nur ein Wimpernschlag Zeit zu überlegen, wie er den Hindernissen ausweichen könnte und krachte über die Maschine seines am Boden liegenden Mitstreiters. Diese katapultierte ihn wie von einem Sprungbrett meterhoch in die Luft; die Landung erfolgte auf dem Vorderrad im Rasen. Eine Zuschauerin hat die Szene in den beiden nachstehenden Fotos festgehalten – spektakuläre Aufnahmen1, die hier wiedergegeben werden, weil beide Fahrer den Crash praktisch unverletzt überstanden haben. Rainer, später auf seine Gemütslage angesprochen, meinte nur lakonisch, derartige Luftsprünge seien für ihn nichts ungewöhnliches, weil er so etwas mit seinem Mountain-Bike öfters erlebe…
|