Moto-GL-Kaleidoskop
Beobachtungen und Notizen aus dem Fahrerlager und von der Strecke

GlocknerPoster

 

6. Grossglockner Trophy

 

7. Juli 2012



- Ein durchaus subjektiver Rückblick –

Alles war wie beim letzten Mal vor zwei Jahren: Die Parkplätze vor der 1.284 Meter hoch gelegenen Mautstelle Ferleiten dienten als Fahrerlager, die meisten also auf Asphalt, wegen der großen Zahl an Startern aber erweitert um ein Areal auf Sand- und Grasboden, kein Strom zwar, aber bei einer Eintages-Veranstaltung kommt man damit irgendwie klar und dockt sich für den Notfall mal kurzzeitig bei einem Kollegen an, der ein Notstromaggregat dabei hat. Toiletten in einem Service-Haus und in den umliegenden Gaststätten; besonders Pfiffige hatten eine in einer Hütte „vergessene“ Sanitär-Anlage in Art eines Dixi-Häuschen entdeckt, nicht geruchsfrei, aber dafür geräumiger. Insgesamt sehr entspannte Atmosphäre, kaum Ordner zu sehen, alles rüttelte sich nahezu von selbst zurecht.

Ausgeschrieben worden waren vier Solo-Klassen (bis 350cc Vorkrieg, über 350cc bis 1962, bis 350cc Nachkrieg/bis 1962 und über 350cc Nachkrieg) sowie eine Kategorie für Drei-Räder (Gespanne und Morgan-Three-Wheeler). Darüber hinaus gab es keine Einschränkungen. Dementsprechend wurden Maschinen an den Start gebracht mit und ohne Straßenzulassung, mit und ohne Dämpfung im Auspuff, mit und ohne historische Authentizität, in gutem und nicht so gutem technischen Zustand – wie es den Fahrern gefiel. Einerseits hätte Manfred Woll, der für die historische Abnahme beim VFV zuständige Mann, darüber wohl eine schwere Krise bekommen, aber andererseits verlieh diese Vielfalt dem Geschehen doch eine erfreuliche Ungezwungenheit.

Beispielhaft dafür mag eine Anekdote sein, die Sepp Heft aus der letzten Veranstaltung berichtete: Seine Maschine sei unterwegs fünfmal ausgegangen. Immer wieder angeschoben, einmal unter Benutzung eines Feldweges, der von der Strecke abzweigte. Obwohl für die Wertung aussichtslos, habe er aber doch partout oben ankommen wollen. Das war dann auch der Fall, mit einer Lauf-Zeit, die ungefähr eine halbe Stunde nach der Start-Zeit lag und die Verantwortlichen zu der erstaunten Frage veranlasste:“ Wo kommst Du denn jetzt noch her…?“

Das Programm wies ca. 160 Nennungen aus, davon natürlich die meisten aus Deutschland, viele aus der Schweiz und mehr als 20 aus GB; von den letzteren waren einige „auf Achse“ angereist – Respekt!

Im Programm bitten die Veranstalter die Zuschauer, mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen, um den CO2-Ausstoß möglichst gering zu halten (lässt sich wohl nur durch Inkaufnahme von erheblichen Schwierigkeiten realisieren…), und sie weisen darauf hin, „dass die am Großglockner teilnehmenden Motorräder großteils mit Alkohol (Methanol) betrieben werden. Dieser Treibstoff verbrennt CO2-neutral und rückstandsfrei“ (na ja, aber immerhin ein Versuch, potentielle Protestler ruhig zu stellen…).

Angenehm war auch, dass die öffentliche Straße im Vorfeld des Startbereichs ergiebig zu Warmlauf- und Testfahrten genutzt werden konnte. Hier und auch bei den Trainingsfahrten mit den straßenzugelassenen (Renn-)Motorrädern auf der 12,9 km langen Strecke hinauf zum Fuscher Törl war kein Ordnungshüter zu sehen. Das veranlasste viele Fahrer dazu, die eine oder andere Trainingsfahrt den Berg hinauf auch auf der *nicht* straßenzugelassenen Renn-Maschine vorzunehmen, und das bei öffentlichem Verkehr. Gottlob ist nichts passiert, die strafrechtlichen Konsequenzen wären unabsehbar gewesen. Ich selbst hatte dabei trotz des herrlichen Wetters, das am Freitag Nachmittag aufzog, letztlich kein richtig gutes Gefühl: Zum einen war das den Gedanken an das Illegale des eigenen Verhaltens geschuldet. Zum anderen kam aber auch Nachdenkliches auf in Bezug auf die Strecke: Gewiss wunderschön, atemberaubend, die erhabene, großartige Landschaft, aber auch: Einige der Kurven sind nicht einsehbar, die Kehren durch den Reifenabrieb ziemlich glatt. Zudem begrenzen häufig steile Felswände oder schroffe Abgründe die Piste, letztere oft „gesichert“ durch Stein-Stelen, Auslaufzonen sind aus naheliegenden Gründen nicht vorgesehen. Wegen der Länge der Strecke und der zahlreichen Kurven kann der Kurs in einer oder zwei Trainingsfahrten definitiv nicht „gelernt“ werden. Das macht die Befahrung mit einer Rennmaschine in „verschärfter Gangart“ ziemlich heikel, es sei denn, man begnügt sich mit einer eher touristischen Gemächlichkeit – aber wer will das schon. Insofern stellt die Strecke eine enorme Herausforderung dar, an die fahrerische Kompetenz ebenso wie an den Charakter und die Disziplin der Fahrer. Das gilt so für Bergrennen überhaupt, für den Grossglockner aber in verstärktem Maße.

Derartige Bedenken wurden in gewisser Weise bestätigt durch einen schweren Unfall, auch wenn dessen Hergang im Einzelnen noch nicht geklärt ist und dabei andere Faktoren eine Rolle gespielt haben mögen als die eben erwähnten. Jedenfalls kam es am Samstag früh im Zielbereich zu einem schweren Unfall, als ein erfahrener Ducatisto aus GB zwei Zuschauer am Streckenrand so schwer verletzte, dass eine davon noch vor Ort verstarb (s. derstandart.at
). Darauf hin wurde die Veranstaltung richtigerweise sofort abgebrochen. Allseits Betroffenheit und Trauer.

Die Erfahrung zeigt, dass solche bedauerlichen Vorfälle zu einer Art Schockstarre bei Veranstaltern und genehmigenden Behörden führen, mit der Tendenz, „hinzuschmeißen“ bzw. zu verbieten. Da die Strecke als solche nicht „sicherer“ gemacht werden kann, könnte mit etwas zeitlichem Abstand und in Ruhe über den Modus der Durchführung intensiver nachgedacht werden; in diesem Sinne seien die Veranstalter ausdrücklich ermutigt. Es wäre ein schmerzlicher Verlust, wenn aus dem vermutlichen Fehlverhalten eines Einzelnen in Kombination mit überaus unglücklichen Umständen, die sich so kaum wiederholen dürften, die Organisatoren, denen kein Vorwurf zu machen ist, den Schluss ziehen würden, das Ganze grundsätzlich in Frage zu stellen. Denn es gibt kaum eine vergleichbare Veranstaltung, bei der wir unseren Sport in einer derart grandiosen Landschaft ausüben können.


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GlocknerSelteneTriumph

Fahrerlager-Idylle

Bernd Kryzaniak auf einer seltenen
Triumph TWN BD 250 RS


 

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Suchanzeige

Kommando-Stand einer Vorkriegs-Norton. Der Fahrer kam mit ihr "auf Achse" aus GB


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Bikers Berg-Blick am Großglockner (Werbeplakat)

Italienisches Stilleben


GlocknerDoppelstarter GlocknerErmahnung

Doppelstarter zum Trainingslauf am Freitag

Ermahnung an die Fahrer


GlocknerWartenAbnahme

Warten vor der technischen Abnahme


GlocknerThreeWheelers

Eine Gruppe von Three Wheelers am Vorstart


Text und Fotos: Manfred Amelang