Moto-GL-Kaleidoskop Beobachtungen und Notizen aus dem Fahrerlager und von der Strecke
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St. Wendel 2012
ein motorsportliches Festerlebnis
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Vom 10. bis 12. August fand in St. Wendel die „3. Motorsport Klassik“ statt, ausgerichtet vom MCW-Motorsport Historiker St. Wendel und der Kreisstadt St. Wendel. Als vor drei Jahren die erste Veranstaltung dieser Art aus der Taufe gehoben wurde, hatten die Verantwortlichen zunächst (zumindest nach außen hin) nur an einen einmaligen Event gedacht; der überwältigende Erfolg erzeugte dann allerdings einen riesigen Druck, das Ganze im Jahr darauf zu wiederholen. Dabei zeigte sich allerdings, dass die organisatorischen Belastungen derart immens waren, dass danach erst einmal eine Atempause eingelegt werden musste. Nach der entsprechenden Verschnaufpause nunmehr also eine Neu-Auflage.
Die Rahmen-Bedingungen entsprachen dem bewährten Muster: Der Kern des Ganzen bestand aus Präsentationsfahrten mit historischen Maschinen auf dem (leider nur) 1.020m langen Kurs im Wendelinuspark. Seit der vorangegangenen Veranstaltung gehört zur Strecke auch ein Teil einer Bundesstraße; hier sind Start und Ziel verortet, und hier ist der einzige Abschnitt, auf dem bei größeren Maschinen zumindest für einen kurzen Augenblick mal in den dritten Gang geschaltet werden kann. Ansonsten verbieten die vielen Kurven und die enge Streckenführung höhere Geschwindigkeiten. Verbreitet ist deshalb die Auffassung, es handele sich bei der Piste um einen „Micky-Maus-Kurs“, richtig zwar einerseits, aber doch nur halbwegs treffend andererseits, weil die Strecke die Fahrer ordentlich fordert und ihnen keinen Augenblick eine Verschnaufpause erlaubt. Nicht von ungefähr kam es denn an fast allen Ecken zu Stürzen, die aber angesichts der eher niedrigen Geschwindigkeiten allesamt glimpflich abliefen.
Um die Präsentationsläufe herum war ein bunter Mix aus Ausstellungen historischer Vier- und Zweiräder gruppiert sowie von Oldie-Traktoren und Nutzfahrzeugen, flankiert von Ausfahrten durch die Umgebung (darunter eine Rundfahrt für Behinderte mit 64 Gespannen durch das St. Wendeler Land) und dem abendlichen Musik- und Unterhaltungsprogramm rund um das Festzelt. Einer der Höhepunkte bestand erneut in dem Korso von Rennmaschinen und Oldtimern, besetzt mit mehr oder weniger prominenten Passagieren, der sich am frühen Abend des Freitags vom Fahrerlager auf Teilen der früheren Rennstrecke ins Zentrum der Stadt bewegte. Dort erläuterte ebenso kenntnisreich wie launig Streckensprecher Kurt Lambert, wer auf und in den Gefährten zu sehen sei – und wie in der Vergangenheit segnete ein Pfarrer die Akteure. Am Straßenrand und insbesondere am Marktplatz begrüßten hunderte von Zuschauern die Teilnehmer – eine gelungene Werbeveranstaltung für die Läufe am Samstag und Sonntag.
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Abfahrt einer Gruppe von Bikern zurück ins Fahrerlager
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Ein Geistlicher segnet die Insassen des Wagen-Konvois
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Zahlreiche Zuschauer entlang der Strecke des Konvois. Vorn sieht man Jim Redman in einem Cabrio "thronen"
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Wie in der Vergangenheit säumten dann dementsprechend zahlreiche Besucher den Kurs und verfolgten das Geschehen auf der Piste. Eindrucksmäßig waren es so viele wie vor zwei Jahren; auf konkrete Zahlen mochten sich die Verantwortlichen nicht festlegen, aber sie sprachen doch davon, dass es mindestens so viele wie früher gewesen sein sollen. Dabei war Petrus hilfreich: Nach äußerst positiven Vorhersagen in Radio und Fernsehen herrschte das gesamte Wochenende eitel Sonnenschein – die Gebete der Verantwortlichen waren ersichtlich an höherer Stelle erhört worden. Ungefähr zweihundert Fahrer hatten gemeldet; viele mussten abgewiesen werden, weil die Streckenlänge nicht eine noch größere Zahl von Startern erlaubte. Etwa ein Drittel oder Viertel der Teilnehmer trug Start-Nummern aus der VFV-GL-Szene; im Umkehrschluss heißt das, dass es eine große Zahl von Fahrern gibt, die außerhalb des VFV-Reglements auf Maschinen unterwegs sind, deren historische Authentizität – vorsichtig gesagt - eher unbestimmt ist. Dabei fiel auf, dass es darunter Geräte gibt, die – gestützt auf vier oder gar sechs Zylinder – vor Kraft kaum laufen können und beim Beschleunigen einen derart höllischen Lärm machen, dass den Verfolgern durch den Sturzhelm hindurch die Ohren zu platzen drohen, die aber in den Kurven nur sehr diskret bewegt werden – Fahrwerksprobleme oder mangelnde Übung der Piloten? Den rührigen Veranstaltern waren ein paar neue Dinge eingefallen: So stand im Infield des Fahrerlagers eine Hebebühne von Motul, auf der man sich gegen eine Spende von sage-und-schreibe nur 50 Cent in luftige Höhen hieven lassen konnte.
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Die Motul-Hebebühne. Man beachte den Schirm, der offenkundig als Rettungsinstrument vorgesehen ist, wenn etwas schiefgehen sollte... |
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Grid-Girls mit roten Schirmen markierten die einzelnen Startreihen – wie im richtig „großen“ Sport.
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Jene Fahrer, die in den vergangenen Jahren bereits teilgenommen hatten, wurden nicht nur namentlich ausgerufen, sondern erhielten auch eine CD mit Fotos ihrer Auftritte – eine schöne Geste, um sie auch weiterhin an die Veranstaltung zu binden. Und jeder Einzelne erhielt ein Formular, auf dem er den Veranstaltern in differenzierter Weise eine Rückmeldung darüber geben konnte, in welchen Punkten (z.B. Strecke, Organisation, Unterhaltung usw.) sie gute Arbeit geleistet hatten bzw. weitere Anstrengungen unternehmen sollten (warum war dieses Formular nur in Englisch abgefasst?)
Wie in den früheren Jahren hatten die Fahrer bei der Abholung ihrer Nennungsunterlagen die Auswahl zwischen drei „Geschenken“ des Veranstalters, nämlich einem Kanister Öl, einem Felgen-Reiniger und einer Lack-Politur. Die Läufe selbst waren dem Gedächtnis berühmter Fahrer gewidmet, die in St. Wendel Geschichte geschrieben hatten (z.B. Tom Phillis, Jacques Collot, John Hartle sowie insbesondere die unlängst verstorbenen Willi Scheidhauer und Cees van Dongen) - und natürlich dem unvergessenen Rennleiter August Balthasar. Den Abschluss des Programms bildete eine Parade aller Fahrer, bei der in mehreren Runden der Kurs noch einmal langsam umrundet wurde.
Das bunte Miteinander von Renn-Atmosphäre vor historischem Hintergrund, von musikalischer Unterhaltung und motorsportlicher Information stellt in Verbindung mit der Einbindung administrativer Instanzen die Grundlage für ein Geschäftsmodell dar, dem auch in Zukunft der Erfolg gesichert sein sollte.
Also: Auf ein Wiedersehen im Jahre 2014!
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Ausgangs der Rechts liegt Wolfgang Herkert (Laverda) vor Hans Poljack (Yamaha)
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An die lange 330-Grad-Rechts schloss sich eine spitze Links an - hier ging es nur mit schleifender Kupplung rum
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Würdet Ihr ihn erkennen? Manfred Woll auf einer in Pesaro zugelassenen Motobi
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Ein Käfer mit Hänger am Rande der Piste - ein wunderbares Spielzeug
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Oberhalb der langen Rechts zeigen die Fahnen an, aus welchen Nationen die Teilnehmer kamen - beachtlich!
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Heinz Dupont, einer der maßgeblichen Verantwortlichen, als Beifahrer |
Zwei Oldtimer im Cockpit eines Oldtimers tauschen ihre Gedanken zum Zündzeitpunkt und der Kurbelwellenbeleuchtung aus...
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Auf der Gegengeraden nutzt Poljack die gesamte Breite der Strecke aus
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Dr. Jochen Trockel (Weslake 500)
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Die Aufschriften am Boot der URS erinnern an frühere Glanztaten
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Das URS-Gespann von Fath, nunmehr im Besitz von Jean Coquard (Lyon, F), lief leider nur ein paar Meter. Zahlreiche Interessenten verfolgten die vergeblichen Mühen von Fahrer und Beifahrer, das Gerät zum Laufen zu bringen
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Hans Peter Lohda (Ex-Herweh-Maschine)
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Schräglagen-König Klaus Jung (BSA) führt derzeit überlegen die Jahres-Klassen-Wertung des VFV in Klasse K an |
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Text : Manfred Amelang; Fotos: Amelang, Ernst
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