Zum Drum und Dran:
Einmal mehr hatte es Petrus mit Hockenheim gut gemeint. Was die Wetterfrösche bereits anfangs der Woche vorhergesagt hatten, wurde in höchst präziser Art dann auch Wirklichkeit: Freitag Abend begann es zu regnen, aber ab Samstag früh war es trocken, und so blieb es bei blau-weißem Himmel bis zum Abschluss der Veranstaltung am Sonntag – beste Voraussetzungen also für feinen Motorsport. Wie immer, so war auch dieses Mal die Zahl der Starter immens. Die Einfahrt ins Fahrerlager sollte ab 15 Uhr am Freitag möglich sein, und um diese Zeit staute sich die Schlange der Wartenden zurück bis in die Stadt. Weil die Stellplätze im Fahrerlager knapp wurden, erlaubten die Verantwortlichen zeitweise nur tröpfchenweise den weiteren Zugang. Am Ende kamen alle unter, was aber nur ermöglicht wurde dadurch, dass entlang der Querspange hinter der Eingangstribüne ins Motodrom zusätzlicher Raum zur Verfügung gestellt wurde. Bemerkenswert: Alles „rüttelte“ sich von selbst zurecht, das heißt, ohne dass es der Hilfe oder dem ordnenden Eingreifen von Offiziellen bedurfte, die in der Vergangenheit häufiger auf Mopeds unterwegs waren und in das Geschehen einzugreifen versuchten.
Ähnlich selbstreguliert verhielt es sich mit der Startaufstellung. Zwar hatte die Organisationsleitung am Vorabend über Lautsprecher-Durchsagen wiederholt um freiwillige Helfer geworben, die die Start-Reihen sowie die individuellen Positionen markieren (und dafür Sicherheits-Westen mitbringen) sollten, doch als die ersten Klassen auf die Piste fuhren, war von den Helfern nichts zu sehen – anscheinend war der Aufruf ohne hinreichende Wirkung geblieben, jedenfalls für die frühe Stunde. Die Fahrer mussten sich deshalb selbst einen Startplatz suchen, im Hinterkopf dasjenige, was sie vom Schwarzen Brett in Erinnerung hatten, und eindrucksmäßig geschah dieses in disziplinierter und sehr verantwortungsbewusster Weise.
Weil wir gerade beim Start sind: Einige Klassen wurden abweichend vom ansonsten minutiös eingehaltenen Zeitplan ein paar Minuten früher zum Start vorgelassen, und zwar *ohne*, dass dieses durch den Lautsprecher zuvor angekündigt worden wäre. Das war misslich und frustrierend für jene Fahrer, die „punktgenau“ am Vorstart eintrafen und nun mit ansehen mussten, dass das Gros der Teilnehmer bereits auf der Strecke Aufstellung genommen hatte oder gar schon davongebraust war. Immerhin wurde den Betroffenen noch erlaubt, wenigstens aus der Boxengasse zu starten und dem Feld hinterher zu hetzen. Das hat teilweise zu erheblichen Benachteiligungen im Hinblick auf die Wertung geführt. Nur ein Beispiel dafür mag Hans Poljack sein. Im Training, wie üblich, einer der Schnellsten, musste er sich gemäß seines gewohnten Rhythmus` von hinten durch das Feld wühlen - fast aussichtslos, im Zuge der zahlreichen Überholvorgänge eine zielführende Gleichmäßigkeit einzuhalten. Dadurch ist ihm vermutlich der dritte Platz in der Jahres-Klassen-Wertung verwehrt worden – natürlich lässt sich das nicht mit Gewissheit sagen, aber sehr wahrscheinlich ist es doch, wenn man den bisherigen Verlauf der Saison anschaut.
Abschließend ein Wort noch zu den sanitären Anlagen: Diese zählen zu den absolut mustergültigen innerhalb der Szene, zumal nach der letzten Renovierung. Ausreichende Zahl, warmes Wasser, hervorragende Wartung – Note „rundum sehr gut“. Aber: An den Türen der Anlage gegenüber der Tankstelle findet sich nunmehr das Schild: “Zwischen 22 und 6 Uhr geschlossen“. Das erfordert im Falle einer nächtlichen Notdurft bei solchen Teilnehmern, die keine eigene „Entsorgungsstation“ mitführen, unter Umständen einen langen Weg, wenn man die Regeln guten Benimms einhält. Es darf die Frage erlaubt sein, ob es bei diesen Schließzeiten bleiben muss.
Zum Sport
Vor der Eingangs-Rechts ins Motodrom befand sich am Sonntag eine lange und ziemlich breite Ölspur auf der Ideal-Linie. Obwohl mit Bindemittel überzogen, war es doch ein mulmiges Gefühl, da drüber zu fahren. Die meisten Fahrer hielten sich deshalb rechts davon, was eine engere Linie zur Folge hatte. Möglicherweise war das einer der Gründe dafür, dass die Zeiten häufig etwas langsamer waren als am Vortag. Aber auch die Temperaturen waren zumindest anfangs deutlich niedriger.
Werner Pedack hatte in J und K gemeldet. Ihm standen drei Maschinen von John Blanchard zur Verfügung (der dem Vernehmen nach in Thailand einen ziemlich schweren Unfall erlitten hat – alle guten Wünsche zur Genesung von hier aus!), darüberhinaus auch dessen Helfer. Schon im Training gab es verschiedene technische Probleme, weil entweder die Motoren nicht einwandfrei liefen oder anderweitige Schwierigkeiten auftraten. In der Not trainierte er mit einer der 500er bei den 350ern. Im Rennen selbst wirkte der Pest-Bazillus weiter – schließlich in K gestartet, aber doch die Zielflagge nicht gesehen.
Ähnlich schlimm erwischte es Peter Sitta, der zum entscheidenden Lauf erst gar nicht antreten konnte, weil nach dem Training ein Riss im Motor-Gehäuse aufgetreten war. Beobachter konnten sich die bissige Bemerkung nicht versagen, der Schaden sei eine Folge davon, dass die Zylinder inzwischen soviel Power lieferten, dass dieser Kraft das restliche Material nicht mehr gewachsen sei. Damit waren natürlich alle Hoffnungen zumindest auf Platz drei in der Jahres-Klassen-Wertung hinfällig.
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Durch Ihren Unfall in Schotten hatten sich auch für Robert Nau und Anita Rüb die Aussichten auf einen Platz unter den Top Drei zerschlagen. Zwar ist Roberts Fuß noch eingegipst, doch war er zusammen mit seiner Beifahrerin nach Hockenheim gekommen, um weiterhin dabei zu sein. (Gleiches gilt für Karl Frohnmayer, der ebenfalls noch unter den Folgen eines Sturzes leidet.) Nicht beeinträchtigt zeigten sich Dieter Wandelt und Otto Stephan, die einen zweiten Platz herausfuhren.
Eine Kuriosität stellen die Platzierungen von Bruno Egloff in B,C+E dar. Dort belegte der immer gut aufgelegte Schweizer mit seinen beiden Motosacoche-Maschinen C35 von 1928 und D50 von 1931 die Plätze 3 bzw. 2 in der Jahres-End-Abrechnung. Man darf gespannt sein, wie er sich auf der Meisterschaftsfeier in Schotten zugleich links und rechts neben den Erstplatzierten stellen wird…Nein, Spaß beiseite: Um solche Konstellationen zu vermeiden, wird in Fällen wie diesem nur das bessere der beiden Endergebnisse gewertet.
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Roger Reising auf einer 250er Ducati gewann die Wertung in H, der TT-erfahrene Tilman Runck, stets einer der allerschnellsten auf der Strecke, das Klassement in W – ihnen sowie allen anderen Siegern und Platzierten herzlichen Glückwunsch! Besonders gewürdigt aber werden muss gewiss der erste Platz, den Fredi Stein nunmehr bereits zum zweiten Mal in Klasse X erzielte; Außenstehende können wohl nur erahnen, welche Motivation und Kompetenz in seinem speziellen Fall hinter einer derartigen Leistung stecken.
Sozusagen über allen schwebt der diesjährige DHM-Meister: Horst Scherer aus Aachen. Auch ihm sowie Bruno Egloff und Fredi Stein als den Zweiten bzw. Dritten herzliche Gratulation zu diesen herausragenden Erfolgen!
Ein Neuzugang
Nachdem er bei Jan Wellem und in Schotten vorerst nur Benzin und Rizinus geschnuppert hatte, fuhr Harald Kurzer, seines Zeichens Sprecher der Heidelberger Polizei, im vollroten Old-School-Outfit eine von Gerhard Fischer aufgebaute Vorkriegs-Maschine, auf deren Tank das NSU-Wappen prangt.
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Das Gerät war ja bei einem ersten Auf-Galopp in Walldürn mit einem kapitalen Motorschaden regelrecht explodiert, erwies sich aber in Hockenheim – mit neuem, etwas weniger „spitzem“ Motor - als standfest. Ein gutes Zeichen, auf der hier ja sehr viel schnelleren Strecke. Dazu beigetragen hat sicher auch der Umstand, dass der Novize das Ganze erstmal verhalten angehen ließ und dann auch gleich zwei Mal anständig Lehrgeld zahlen musste. Am Vorstart zum Pflichttraining bemerkte Teamchef Fischer (in einer anderen Klasse zur gleichen Zeit fahrend) im buchstäblich letzten Moment, dass vergessen worden war, den Leih-Transponder an die NSU zu montieren, der sich in diesem Augenblick noch an der Norton eines Freundes befand. Also zurückgehetzt zum Standplatz und versucht, den Freunden bei brüllendem Motor die Lage zu erklären. Da aber von niemandem gar nichts verstanden wurde, musste er absteigen und die Dinge selbst in die Hand nehmen - während eine kundige Hand dafür sorgte, dass der Motor am Laufen blieb. Mit fliegenden Fingern alles gerichtet, dann wieder los und durch die Boxengasse auf die Piste. Beim Lauf am Sonntag ‚durfte’ der Neuling dann zum zweiten Mal das Feld vor sich herjagen. Vor lauter Sorge, den Motor durch eine zu lange Vorstartphase allzu sehr zu strapazieren, verpasste er den Start und musste über die Boxengasse ins Geschehen einsteigen. Als dann tatsächlich die letzten Fahrer eingeholt und zwei sogar überholt waren, kappten die Vibrationen mitten in der Sachs-Kurve die Lebenslinie zwischen Batterie und Zündung, indem sie die Kontakte eines Steckers entzweiten. Es dauerte an die zwei Runden, bis der Schaden lokalisiert, behoben und die Fuhre wieder angeschoben war; aber da wurde bereits abgewunken – Anfängerpech sozusagen. Der Kripozist hatte trotzdem einen Riesen-Spaß und will über den Winter eine Maschine für die kommende Saison fertig machen. Deren Marke trägt er schon auf seinem T-Shirt – welcome „Red Baron“!
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