Etwa 140 Fahrer und Fahrerinnen hatten für den „Historischen Preis Colmar-Berg in Luxembourg“ gemeldet. Das waren gegenüber anderen Veranstaltungen, die geographisch weniger abgelegen und im Kalender schon fest verankert sind, mindestens 100 Starter zu wenig. An diese Personen richten sich primär die nachstehenden Zeilen, die vor allem davon handeln sollen, was die „No-Shows“ alles verpasst haben.
Zuerst etwas zum „Circuit Goodyear“ : Vor geraumer Zeit wurden in Colmar-Berg Läufe zur Deutschen Motorrad-Meisterschaft ausgetragen, und auch die DTM gastierte hier bereits. Von Goodyear, einem der größten Arbeitgeber in Luxemburg, als Versuchsstrecke konzipiert, fungiert die gesamte Anlage heute zusätzlich als eine Art Sicherheitszentrum, auf dem alle Führerschein-Anwärter des Großherzogtums zunächst Proben ihres Fahrkönnens abliefern müssen. Das Gelände ist leicht hügelig und liegt ein paar hundert Meter abseits der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Autobahn, ca. 20 km nördlich von Luxembourg-Stadt. Dem Landschaftsprofil folgend geht es auf dem 3,260 km langen Kurs rauf und runter. (Ein Streckenplan findet sich im Internet.) Gefahren wurde im Uhrzeiger-Sinn (in der Vergangenheit ist es wohl auch schon mal andersherum gegangen) und ohne die abschließende und überhöhte „Parabolica“. Dadurch verkürzte sich eine Runde auf knapp 3 km. Die fast 1000 Meter lange Start- und Zielgerade weist auf ihrer gesamten Länge eine leichte Steigung auf; hier ist schiere „Power“ gefragt. Auf der gegenüberliegenden Seite geht es in zahlreichen Kurven mit sehr unterschiedlichen Radien meist leicht bergab; hier kommt es vor allem auf die richtigen Bremspunkte und Mut zu Schräglagen an, die wegen des überaus griffigen Asphalts zum Teil abenteuerlich sein können. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der schnelleren Klassen liegt zwischen 100 und 115 km/h; damit zählt der Kurs zu den schnelleren Pisten. Von der Terrasse des zentralen Verwaltungsgebäudes aus sind nahezu der gesamte Streckenverlauf und das sich darauf abspielende Geschehen einsehbar.
Das Fahrerlager besteht aus einem System von Straßen, die anmutig in das Gelände eingebettet sind, voneinander getrennt durch breite Grünflächen. Entlang der Ränder dieser Straßen bauen sich die Wagen der Fahrer auf. Weil die Strecke für die allermeisten Teilnehmer neu war, wurde die erste Runde des freien Trainings hinter einem Führungsfahrzeug absolviert. (Einige der anhängenden Fotos sollen davon, vom Start und vom Fahrerlager einen allgemeinen Eindruck vermitteln.) Auslaufzonen in Gestalt von Grünflächen sind überall vorhanden, d.h. der Kurs ist sicher; lediglich ein Sturz hatte gravierendere Folgen.
Strom für alle war vorhanden. Toiletten und Waschräume sind in dem Zentral-Gebäude untergebracht. In dessen erstem Stock befindet sich ein Restaurant, zu dem augenscheinlich wegen der guten Küche auch Gäste aus dem Umland anreisen. Insgesamt eine wirklich ansprechende Anlage und anspruchsvolle Piste, von der die meisten Teilnehmer sehr angetan waren und deshalb in Zukunft wiederkommen wollen. Auf Dauer wäre es wünschenswert, wenn die gesamte Unternehmung durch höhere Starterzahlen den VFV zumindest tendenziell der „schwarzen Null“ näher brächte. Also, liebe Leute: „Im nächsten Jahr Auf nach Colmar-Berg!“ (Vielleicht wäre auch daran zu denken, Kontakt mit den luxemburgischen, französischen und belgischen Föderationen aufzunehmen, um Fahrer aus diesen Ländern zu gewinnen.)
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Etwas zum Sport: Wie immer gab es in den meisten Klassen schönen Sport zu sehen. Natürlich kann man als Fahrer nicht das gesamte Geschehen verfolgen. Aber herausragend war das Duell zwischen Tilman Runck und Gerhard Fischer in B+C+E+F+H. Tilman saß auf der ex-Weickert Aermacchi von 1967 mit 250cc, Gerhard auf seiner Zwei-Zylinder-Triumph von 1949 mit 500cc. Wegen der Unterschiedlichkeit der Maschinen fuhren hier sozusagen „David“ und „Goliath“ gegeneinander. Im Kurvengeschlängel war die Ducati schneller, auf der Geraden die Triumph. In beiden Wertungsläufen kam es zu wechselseitigen Überholvorgängen, und zwar häufig an immer wieder denselben Streckenabschnitten. Am Ende hatte Gerhard die Nase im ersten Wertungslauf vorn und Tilman im zweiten – ein packender Zweikampf, in dem die beiden Fahrer einander nichts geschenkt hatten.
An der einmal mehr beachtenswert schnellen Motosacoche von Dietmar Fecht brach während des zweiten Wertungslaufes das Rahmen-Hauptrohr zwischen Tankende und Sattel-Befestigung. Ungeachtet der dadurch schlingernden Maschine brachte Dietmar das Motorrad nicht nur ins Ziel, sondern auch „auf´s Treppchen“ – herzlichen Glückwunsch! Später auf den Schaden und das Zerbrechen angesprochen, flachsten er und sein Schweizer Team-Kamerad Bruno, sie seien halt nicht mehr die Aller-Jüngsten, sondern bereits „die Zerbrechlichen“.
Erinnern Sie sich an Dieter Nagel? Erstmals stand er als Mitglied unserer Szene Ende April auf dem „Kölner Kurs“ am Start. Hier nun, bei seinem zweiten Auftritt mit der 600er Ducati, belegte er im ersten Wertungslauf von O den ersten Platz, was zusammen mit seiner Platzierung im zweiten Lauf für einen schönen dritten Platz in der Gesamt-Wertung gut war. Das wird ihn motivieren, weiterhin bei der Stange zu bleiben ;o)
Zur personellen Zukunft des Orga-Teams: Weil nach fünfjähriger Amtszeit Dieter Wandelt und Theo Sattler zum Ende der laufenden Saison zurücktreten möchten, lud Presse-Sprecher Stephan Otto am Samstag Abend die Fahrer zu einer Gesprächsrunde ein, in der er die bevorstehenden Wechsel ansprach, das Aufgaben-Profil der Leitungsfunktionen umschrieb und um personelle Vorschläge bat. Allein die Tatsache, dass eine solche Diskussions-Runde stattfand und zu der anstehenden Personalie den Fahrern Gelegenheit geboten wurde, sozusagen „basisdemokratisch“ Vorschläge zu machen, stellte eine bemerkenswerte und löbliche Neuerung dar. Auch wenn in dem besagten Kreis von niemandem einschlägige Namen vorgetragen wurden, scheint sich „hinter den Kulissen“ bereits die neue Struktur abzuzeichnen. Bis zum Schottenring-Grand Prix sollen sich nun alle Fahrer vertiefend Gedanken machen, damit dort dann nach Möglichkeit Nägel mit Köpfen gemacht werden, weil die nächste Saison alsbald planerisch angegangen werden muss.
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