Über Kuriositäten und andere Begebenheiten auf und neben der Strecke Anekdotisches aus dem Motorrad- Rennsport - Teil 2 von Manfred Amelang |
Alkohol am Lenker (ärztlich übersehen) |
Vor Jahr und Tag hatten am Samstag Abend nach dem Training mehrere Aktive im Fahrerlager vor aller Augen ordentlich gezecht; die Zahl der herumgereichten und geleerten Flaschen von Hochprozentigem war beeindruckend. Am Morgen danach ließ einer der Haupt-Protagonisten die Nachwirkungen der „Sünden“ vom Vorabend deutlich erkennen: Tunnel-Blick, unsicherer Gang, beim Versuch, die Maschine zu entern, fiel er mitsamt seinem Gerät einfach um. Fahrer aus dem Umfeld waren besorgt, um ihn und auch um sich, wenn sie ihm nachher auf der Strecke begegnen würden, und brachten ihre Sorge der Rennleitung zur Kenntnis. Diese veranlasste eine ärztliche Untersuchung des betreffenden Fahrers. Der Medizin-Mann ordnete einige der einschlägigen Verhaltensproben an: Sprechen, Gehen auf einer Linie, Verfolgen eines Pendels mit den Augen usw. Ergebnis: Keine Auffälligkeiten, „grünes Licht“ zum Fahren! Betretene Gesichter bei den Kollegen, die dieses anders bewertet hatten. War es der Arzt, war es der Umgang des Fahrers mit dem „Stoff“, hätte eine Blutprobe andere Ergebnisse zu Tage gefördert – war schon merkwürdig…
Ein Fahrer hat sich zum Dank für eine gelungene Operation den Namen des operierenden Arztes an den Hals tätowiert. |
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Alkohol im Fahrerlager
Alkohol war im Spiel bei jener denkwürdigen Begebenheit, als am Rande einer Rennstrecke die Feuerwehr letztlich anrücken und einen Brand löschen musste: Freunde aus einem Nachbarland hatten die ganze Nacht ordentlich „geistigen“ Getränken zugesprochen; den Nachschub bezogen sie jeweils gut gekühlt aus einem mit Gas betriebenen Kühlschrank, der vor dem Wohnwagen im Freien aufgestellt war. Am Morgen erwies es sich dann als notwendig, Benzin umzufüllen, um das anstehende Rennen ordentlich angehen zu können. Das Umfüllen geschah ebenfalls neben dem Wohnwagen – als es eine Riesen-Verpuffung gab und der Wohnwagen in Brand geriet: Die offene Gas-Flamme des Kühl-Gerätes hatte die Benzin-Dämpfe angezündet. Die Verbrennungen eines der Beteiligten waren so erheblich (später schauten aus dem Verband am Kopf nur die Augen und der Mund heraus), dass einen der Anblick schaudern ließ – und vom Fotografieren Abstand nehmen ließ.
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Maschinen mit „irregulärem“ Hubraum im Feld
Hin und wieder zwingen die Umstände einen Fahrer dazu, mit einer Maschine an den Start zu gehen, die für das anstehende Rennen nicht gemeldet bzw. zugelassen ist. Meist liegt das daran, dass das dafür eigentlich vorgesehene Gerät nicht mehr funktioniert, weil es beispielsweise bei einer vorangegangenen Veranstaltung oder im Training seinen Geist aufgegeben hat, der Fahrer aber auf das Startgeld angewiesen ist, das er im Vorfeld ausgehandelt hat. Dabei sind zwei Kategorien von Verstößen zu unterscheiden, nämlich Start mit einer entweder hubraumgrößeren oder hubraumkleineren Maschine als von der Klassen-Einteilung her vorgesehen ist. Beides kommt vor, wobei das erstere etwas „anstößiger“ ist als das letztere, weil dabei dem „Delinquenten“ aus seinem Verstoß zusätzlich ein Vorteil für eine vordere Platzierung erwächst. Hier wie dort beäugen die Fahrerkollegen, denen das unerlaubte Vorgehen meist nicht verborgen bleibt, den jeweiligen Vorgang aus verschiedenen Gründen durchaus argwöhnisch. Beim Einsatz einer hubraumgrößeren Maschine droht den anderen Konkurrenten die Gefahr, dass ihnen ein Nachteil in der Platzierung und damit reduziertes Preisgeld droht. Aus diesem Grund lautet ein ungeschriebenes Gesetz in solchen Fällen, dass der „Delinquent“ sein Rennen nicht zu Ende fährt, sondern etwa zur Halbzeit rausfährt und einen Maschinen-Schaden vortäuscht. Aber es gibt noch eine weitere Regel, über die Michelle Duff in ihrer wunderbar geschriebenen Biographie berichtet. Es war in St. Wendel 1963, als Mike Duff (so war der Name ja Zeit seiner Rennfahrer-Karriere) wegen eines Defekts an seiner AJS-Boy Racer bei den 350ern eigentlich nicht hätte starten können. Da aber die finanzielle Not notorisch war, montierte er die Verkleidung von der AJS an seine Matchless G50 und hielt sich im Rennen dicht hinter dem Führenden John Hartle, dessen Linienwahl er verfolgen und daraus etwas lernen wollte. Natürlich fiel der Lernerfolg bescheiden aus angesichts des Umstandes, dass Hartle nur auf einer 350er saß. Nach einigen Runden fuhr dann Duff raus, was also dem ersten Gesetz entsprach, wurde aber später – und das ist die zweite Regel – von Jack Ahearn ordentlich ausgeschimpft, weil er sich so weit und so lange vorn herumgeschlagen habe; so etwas gehöre sich nicht, weil man dadurch die Aufmerksamkeit von Presse und Publikum in unfairer Weise auf sich ziehe und die übrigen Fahrer, die auf regelkonformen Maschinen hinterherfahren, ungerechtfertigt beschäme. (Weil Duff die Rüge akzeptierte, wurden beide später gute Freunde.)
Die eben erwähnte „zweite Regel“ gilt dann nicht so streng, wenn die irreguläre Maschine einen kleineren Hubraum aufweist als erlaubt ist. Eine derartige Konstellation hatte ein paar Jahre früher vorgelegen, ebenfalls in St. Wendel, und ebenfalls bei den 350ern. Im Training war die von Harry Hinton jun. gemeldete Norton entzwei gegangen; zum Rennen trat er daraufhin auf einer unverkleideten NSU-Sportmax an und verfolgte damit einige Zeit hartnäckig den Führenden John Hempleman, bis er rausfuhr - mit dem obligaten und offiziell verlautbarten Defekt? Nein, vielmehr wurde die Zeit dringend gebraucht, um an der NSU für den zeitlich unmittelbar danach angesetzten Lauf der Viertel-Liter-Klasse eine Verkleidung mit anderer Start-Nummer anzuschrauben. Eric Hinton, der ältere Bruder von Harry, fuhr damit ein famoses Rennen und belegte nach einem Kerzen-Schaden hinter Dieter Falk den zweiten Platz. Gewiss hat es aufgebohrte Sport-Mäxe mit 305cc gegeben, doch hatten die Hinton-Boys immer nur eine einzige NSU in ihrem Besitz, und das war die 250er, mit der H.P. Müller 1955 die WM errungen hatte.
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Sturz in der Hockenheimer Stadtkurve
Eric Oliver war mit seinem Norton-Gespann häufiger Gast auf deutschen Rennstrecken. Legendär sind seine Kämpfe mit den BMW-Paarungen Kraus/Huser und Noll/Cron insbesondere in Hockenheim. Diese Läufe gewann er trotz schwächerer Motor-Leistung dank der Vollverkleidung seines Geräts und taktisch meisterhaften Verhaltens in der Stadt- und auch der Ostkurve: Hier driftete er jeweils so wild und mittig auf der Piste, dass die Kontrahenten nicht vorbei kamen, obwohl sie in den Linkskurven mit ihrem rechts angehängten Boot einen Vorteil hatten. In dem Buch von Stanley Dibben, einem der Beifahrer von Oliver, finden sich die nachstehenden Bilder. Darauf sind Noll/Cron zu sehen, wie sie sich in der Stadt-Kurve von Hockenheim überschlagen haben; die Maschine fährt noch, als Cron ihr nachläuft, um die Verfolgung der Erzrivalen aufzunehmen. Allerdings war da nichts mehr zu machen: Noll/Cron landeten „nur“ auf dem zweiten Platz.
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Ein Fahrerstreik und seine Folgen
Einigen der Altvorderen dürfte noch in guter Erinnerung der Fahrerstreik beim Eifel-Rennen sein, das 1974 zur WM zählte. Nach dem Todessturz von Robin Fitton an einer der zahlreichen Leitplanken forderten die Fahrer – auch vor dem Hintergrund des saumäßigen Wetters und der Tatsache, dass entgegen den Bestimmungen der FIM hier ein Motorrad- mit einem Auto-Rennen kombiniert wurde - zur Erhöhung der Sicherheit die Aufstellung von weiteren 5.000 Strohballen. Als diese Maßnahme nicht realisiert wurde, verweigerten die anwesenden Fabrik-Teams und die meisten Privat-Fahrer den Start. (Einige der Außenstehenden behaupteten, den Fahrern wäre es letztlich nur um eine Erhöhung des Startgeldes gegangen, was hier nicht diskutiert werden soll. Das Halbliterrennen gewann dann gegen sechs angetretene Konkurrenten E. Czihak, was der bislang einzige Sieg eines Deutschen bei einem 500er-WM-Lauf bleiben sollte.) Die Funktionäre aber sannen auf Rache und verweigerten Dieter Braun als einem der in ihren Augen maßgeblichen Rädelsführer und weiteren Deutschen den Start beim – nein, besonders hinterhältig: nicht beim nächsten Rennen, denn das war Hockenheim und ohne die herausragenden deutschen Fahrer wären die Zuschauer in Scharen daheim geblieben, sondern erst im übernächsten Rennen, nämlich Imola. Noch am Vorabend dieser Veranstaltung enthob die FIM auf einer Sitzung in Faenza den Rennleiter vom Nürburgring, Kurt Bosch, bis zum Ende der Saison all seiner Ämter und gab damit den Fahrern im Nachhinein für ihren Streik Recht – aber alles half nichts. Weil sich der Stellvertreter von Bosch, Teddy Voster, außerstande sah, den Bannstrahl seines Vorgesetzten ohne Rücksprache mit diesem aufzuheben, Bosch aber telefonisch einfach nicht zu erreichen war, mussten die angereisten deutschen Fahrer unverrichteter Dinge wieder heimfahren. Wohl selten haben sich Funktionäre derart selbstgerecht und borniert und gegen die Interessen der Fahrer verhalten, wie bei dieser Gelegenheit.
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Siegerehrungen unter Schwarz-Rot-Gold
Die denkwürdige Siegerehrung nach dem 250er-Rennen auf dem Sachsenring 1971 ist gut dokumentiert, taten sich doch die verantwortlichen DDR-Oberen schwer darin, für den Sieger Dieter Braun die Fahne der Bundesrepublik zu hissen und die dritte Strophe des Deutschland-Liedes aufzulegen. Vielmehr schalteten sie kurzerhand entlang der Strecke die Lautsprecher ab, sodass die Hymne nur im Bereich von Start und Ziel zu hören war. Aber: Im Westen hatte es bereits einige Zeit zuvor eine ganz ähnliche Szene gegeben. Denn auf dem Feldberg war 1954 Horst Fügner aus der DDR als Sieger der 125er-Klasse auf einer IFA abgewinkt worden. Und die Funktionäre? Sie brachten es nicht übers Herz, die „Spalter-Fahne“ zu hissen, geschweige denn das Lied „Auferstanden aus Ruinen...“ aufzulegen, vielleicht war weder das eine noch das andere Requisit verfügbar. Statt einer „pompösen Siegerehrung“, so hieß es dann in den Verlautbarungen, begnügte man sich „mit der sportlichen Version, der Überreichung des Kranzes und des einfachen Händedrucks.“ Auch das war nicht eben souverän.
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Abtauchen nach dem Sieg
Noch einmal Feldberg, und zwar dasselbe Jahr, aber nunmehr der Lauf der Halbliter-Klasse. Hier enteilten auf überwiegend nasser Piste die beiden Australier Maurie Quincey und Jack Ahearn mit ihren privaten Manx-Nortons dem Feld und ließen auch Walter Zeller auf der Einspritz-Werks-BMW hinter sich. In einem heroischen Zweikampf gab keiner der beiden, die sich zuvor schon bei den 350ern einen erbitterten Kampf geliefert hatten, auch nur einen Meter nach, mal führte der eine, mal der andere. In der letzten Runde kamen beide nebeneinander den Hang zur Ziellinie heruntergerast, und gewinnen würde derjenige, der etwas später „zumachen“ würde, denn nach der Ziellinie kam eine zügige Rechtskurve, die Vollgas nicht mehr vertrug und deshalb ein Anbremsen bereits vor dem Ziel erforderte. Ahearn ließ hier eine Winzigkeit länger „stehen“ und gewann deshalb – freilich zu dem Preis, dass er die Rechts nicht mehr schaffte, von der Piste abkam und mitsamt seiner Maschine in einer großen Pfütze auf der Wiese abtauchte. Heute sagt er schmunzelnd, er sei ohne jedes Zögern in das Wasser hineingebraust („…riding into the sea in ease…“), das doch nur einen halben Meter tief gewesen sei. Es gibt kein Foto von dem Geschehen selbst, nur eine Aufnahme, wie der Sieger, reichlich durchnässt, die Glückwünsche der Honoratioren entgegennahm.
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Zum Diebstahl eines Arbeitsgerätes
Apropos Ahearn: Ihm war 10 Jahre später auf der Solitude aus dem Fahrerlager seine 350er Norton Manx gestohlen worden. Das war ein harter Schlag für einen Privatfahrer, war ihm damit doch die zentrale Grundlage für die Beschaffung seines Lebensunterhalts abhanden gekommen, nämlich durch Rennen das tägliche Brot zu verdienen; wie für andere Privatfahrer auch waren die Zeiten nicht einfach, weshalb Fans und Freunde die kargen Lebensbedingungen der Akteure aus Übersee u.a. mit Bundeswehr-Rationen aufbesserten. (Einer der prominenten Fahrer hat an anderer Stelle eingeräumt, dass man sich auch schon mal eine Gans „besorgt“ und diese gerupft habe, und von Oliver ist bekannt, dass er – was gegen die Regeln verstieß – nach dem Seitenwagen-Einlauf hinter einem Verschlag flugs das Boot abschraubte und mit seiner Maschine am Solo-Lauf teilnahm, um in den Genuss des zusätzlichen Startgeldes zu gelangen.) Als die Kunde vom Diebstahl der Maschine die Runde machte, rief der Streckensprecher die Zuschauer zu einer Spenden-Aktion auf - welch eine wunderbare Geste gegenüber dem Gast aus Australien! Dem Vernehmen nach sind dabei ca. 4.000.- DM zusammen gekommen, immerhin ungefähr die Hälfte des damaligen Marktwertes einer Manx. Bald darauf stellte sich der Dieb und wurde rechtskräftig verurteilt; Jack Ahearn durfte den Betrag behalten – an wen hätte das Geld auch zurückgezahlt werden können?
Nachtrag: Bei den 350ern konnte Ahearn aus naheliegenden Gründen nicht starten. Dafür fuhr er sich in der Halbliter-Klasse seinen Frust aus dem Leib und belegte nach einem begeisternden Kampf gegen Read und dem später ausgefallenen Driver den zweiten Platz hinter Hailwood auf der MV.
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Der Pfropfen im Ansaugkanal
Es ist allgemeiner Brauch, nach dem Abstellen des Motors den Ansaugstutzen zu verschließen, damit keine Staubpartikel oder anderweitige Teile unbefugt in den Brennraum gelangen können. Mitunter ziehen dafür die Fahrer Gummipfropfen heran, wie sie ansonsten in Ausguss-Becken zur Anwendung kommen. Diese haben den Vorteil, nicht vom Motor „verschluckt“ zu werden, wenn der Fahrer beim Starten nicht daran gedacht haben sollte, den Ansaugkanal frei zu legen. Am häufigsten in Gebrauch sind aber irgendwelche Lappen, die für die Abdichtungsfunktion in den Vergaser-Trakt gesteckt werden. Legenden ohne Zahl gibt es darüber, was alles schon passiert ist, wenn vergessen wurde, das betreffende Teil rechtzeitig zu entfernen. Eine davon ereignete sich vor geraumer Zeit in Schotten. Unaufgeregt und umsichtig zog dabei „Ali“ (inzwischen kann der Name ja genannt werden…) den Lappen aus dem Stutzen und ließ ihn auf den Boden fallen, um das Training aufzunehmen. Ein Teil des Lappens gelangte dabei aber auf die Kette, worauf beim Wegfahren der gesamte Lappen mitgezogen wurde und sich vorn beim Antriebsritzel verknuddelte. Nach ein paar hundert Metern blockierte dann der Lumpen tatsächlich den gesamten Antriebsstrang und brachte das Gerät samt Fahrer in der Postkurve zu Fall – erfreulicherweise ohne größeren Schaden an Mann und Maschine anzurichten. Die Unwahrscheinlichkeit des gesamten Ablaufes ist eigentlich kaum zu glauben, aber es gilt halt die Erkenntnis: „When it can happen, it *will* happen…“
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Abnahme und Abfahren
Es liegt einige Zeit zurück, dass ein Fahrer zu einem der VFV-Läufe zwei Maschinen gemeldet hatte, und zwar für verschiedene Klassen. Eine zierliche rote für eine eher kleine, und eine silberne für eine eher große Klasse. In Bezug auf die „große“ Maschine kündigten sich im Vorfeld der Veranstaltung allerdings Probleme an, weil einige der motorischen Innereien nicht rechtzeitig fertig zu werden drohten – was sich dann tatsächlich auch so einstellte. Um für diesen Fall gewappnet zu sein, erwies es sich als zweckmäßig, für die große Maschine die Schilder mit den Start-Nummern so herzurichten, dass sie ggf. leicht demontiert werden konnten. Gedacht, getan: Beide Maschinen wurden der technischen Abnahme vorgeführt und dort für in Ordnung befunden, auch wenn die „große“ Maschine gar nicht fahrfertig war. Nach dem erfolgreich absolvierten Rennen mit dem kleinen Gerät erlaubte es der Zeitplan, auch in der Klasse für die hubraumstärkeren Maschinen anzutreten. Dafür mussten nur die Schilder mit den Start-Nummern von der großen an die kleine Maschine geschraubt werden – und das vordere war ja auch ordnungsgemäß abgenommen worden, wofür der Aufkleber den sichtbaren Beweis lieferte…Die Aussichten auf eine gute Platzierung in dem nunmehr anstehenden Lauf waren verheißungsvoll, denn das Wetter war saumäßig, es regnete in Strömen, was generell kleine Maschinen auf dem anspruchsvollen Kurs begünstigen würde. Um größere Aufmerksamkeit zu vermeiden, fuhr unser Freund als letzter zum Vorstart, und in der Tat gab nur einer der Experten augenzwinkernd zu verstehen, dass er den Trick durchschaut habe, demzufolge eine kleine Rote mit dünnen Reifen sich anschickte, neben den größeren Silbernen und Grauen und Schwarzen in das Geschehen einzugreifen – und wie sie das tat! Denn alsbald fuhr, von seinem Piloten sehr beherzt bewegt, die kleine Rote den Dickschiffen um die Ohren und lag alsbald „on the road“ an dritter oder vierter Stelle, so sehr sich die Fahrer der Großvolumigen auch bemühten, die drohende Demütigung abzuwenden. Diesem Treiben setzte aber, anscheinend etwas erzürnt über das, was er sah, letztlich der „Renngott“ ein strafendes und richtig schmerzhaftes Ende dadurch, dass er den „Delinquenten“ gegen Ende des Laufes in einer schnellen Links die Bodenhaftung entzog und ihn ins Kies beförderte – womit eine Art ausgleichende Gerechtigkeit wieder hergestellt worden war….
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Abfackeln abartiger Aborte
Obwohl sie einem der fundamentalen Natur-Bedürfnisse entsprechen, sind sie nur selten Gegenstand ernster Erörterungen: die Toiletten. Im Rennsport spielen sie häufig nur eine nicht-thematisierte Nebenrolle, wenn etwa bei den TV-Übertragungen von F-1-Rennen immer wieder gezeigt wird, wie kurz vor dem Start der eine oder andere prominente Fahrer noch einmal „zur Erleichterung“ aus dem Blickfeld der Kameras verschwindet, hier gewöhnlich in die gediegene Infra-Struktur der Team-„Facilities“. Bei den Motorrad-Fahrern sind die sanitären Anlagen erfahrungsgemäß etwas bescheidener, aber immerhin vorhanden. So sind auch im Bereich des Vorstarts auf der Isle of Man seit geraumer Zeit zwei Dixi-Klos aufgestellt, die für die Befriedigung des dringenden Bedürfnisses vorgesehen sind, das sich bei jedermann angesichts des Adrenalin-Schubs auf Grund der steigenden Anspannung vor dem anstehenden Rennen einstellt.
Vor dem Hintergrund dieser allzu-menschlichen Notwendigkeiten ist schwer begreifbar, wie selbst bei der Planung moderner Rennstrecken die Zahl der Toiletten manchmal viel zu klein angesetzt wurde. Der Moto-Park in Oschersleben ist dafür ein Beispiel. Dort musste bald nach der Inbetriebnahme nachgebessert werden, und zwar in Form eines Sanitär-Containers, der im Fahrerlager aufgestellt wurde. Aber auch der konnte der Nachfrage nicht standhalten: Lange Zeit sprach der Fuß-Durchbruch nach einem Tritt gegen die Tür eines der stillen Örtchen für die panikartige Verzweiflung, die einen Wartenden überkommen haben muss, als er endlos darauf warten musste, dass ein Benutzer mit seinem Geschäft fertig würde.
Sind die Toiletten insofern mitunter von Zahl und Qualität kritikfähig, gab es gelegentlich Extremvarianten, die nicht mehr hinnehmbar waren. Dazu zählten die Sanitär-Anlagen in Imatra während der Achtziger-Jahre. Gustl Auinger schreibt dazu in seinem kürzlich erschienenen und überaus lesenswerten Buch (Auinger, G. 2013. „Vollgas“. Wien: Reitwagen) folgende Geschichte, mit Barry Sheene als dem Haupt-Akteur:
„Er war der absolute Superstar, vergleichbar vom Typ mit dem Rossi heute. Er kam mit seinem Rolls Royce, war aber überhaupt nicht überheblich, sondern interessierte sich auch sehr für die 125er. Uns alle haben in Imatra die menschenunwürdigen Toiletten im Fahrerlager gestört. Ich hatte keine hohen Ansprüche, aber das war wirklich grauslig. Die Fahrer hatten sich schon die Jahre zuvor ausdrücklich beschwert, aber das war den Finnen offensichtlich Wurscht. Dem Sheene aber nicht. 1980 hat es ihm gereicht. Nach dem Rennen marschierte er mit einem großen Benzinkanister einfach zu den Häusln, steckte sie in Brand und fuhr heim.“ Eine äußerst effektive Problemlösung…
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Fotos: Bühl; MOTORRAD, Illg & Mahne, Amelang, Prieß, Dibben, Dupont, Internet |