Der Termin für die Einstellfahrten ist erfahrungsgemäß für jene Angehörigen der Szene besonders interessant, die während der Winterpause wesentliche Arbeiten an ihrer Maschine vorgenommen haben und nun sehen wollen, ob das Gerät auch ordentlich rennt; und natürlich für die Anderen, die heilfroh darüber sind, dass es endlich wieder losgeht, nach dem Putzen, Angucken und Probesitzen. Die Vorfreude wurde dieses Jahr verstärkt durch den Wetterbericht: Nach der ungewöhnlich langen Periode von Sonne und Wärme sagten die Wetterfrösche auch für Freitag, den 4. April Trockenheit und ordentliche Temperaturen vorher, nur mit einem minimalen Regenrisiko.
In entsprechend froher Erwartung verlief denn auch die Anreise, und die Stimmung wendete sich fast ins Euphorische, als ausgangs der Stadt in Richtung des Motoparks nicht jene schier endlose Schlange von Fahrzeugen am Straßenrand parkte, die im vergangenen Juli auf die Öffnung des Fahrerlagers gewartet hatte. Nein, die wenigen, die bereits vor dem in der Nennbestätigung avisierten Zugang von 17 Uhr angekommen waren, hatten schon Stellung bezogen und verloren sich in dem endlos groß erscheinenden Fahrerlager - eine einmalige Situation, völlige Entspannung, Baumeln der Seele in der untergehenden Sonne, schon das schien die Reise nach Oschersleben gelohnt zu haben.
Später kam etwas Wind auf und von Westen näherte sich eine schwarze Wolken-Front. Horst Scherer kam mit seinem Sohn vorbei; entgegen der wahrnehmbaren Realität wies dessen Smart-Phone (oder i-Pad??) auch für das Jetzt und morgen Sonne und Trockenheit aus - und nur wenige Minuten danach war das Gewitter über einem und es regnete sich ein.
Wohl selten haben sich die Meteorologen derart gründlich geirrt wie in diesem Fall; Regen fast die ganze Nacht, am nächsten Morgen deutliche Abkühlung und immer wieder mehr oder weniger starke Niederschläge. Aber natürlich muss man es hinnehmen, wie es kommt.
Wiederkehrende Diskussionen zwischen den Fahrern entzündeten sich an dem Ducati-Gespann, das im jüngsten VFV-Heft ein zentrales Thema dargestellt hatte und auf dem Titelbild zu sehen war. Obzwar sicher dem Reglement entsprechend meinten doch viele, ein solches Gerät habe in der Gesamtkonfiguration niemals existiert, womit die historische Authentizität kaum gegeben sei. Das scheint nun ein Punkt zu sein, an dem sich die Geister wirklich scheiden, denn andere werden dagegen halten mit dem Einwand, jeder solle doch glücklich werden mit der Maschine seiner Träume, und man brauche letztlich *alle*, um die Strecken weiterhin finanzieren zu können. Diese Thematik war es auch, die den Rückzug von Manfred Woll maßgeblich mitbestimmt hatte.
In der Fahrerbesprechung am Morgen machte die neue Leitung indessen klar, dass nunmehr "eine neue Zeit" angebrochen sei, und die Worte klangen so, als ob in Zukunft keinerlei Kompromisse mehr eingegangen würden (??), jedenfalls nicht im Hinblick auf die Lautstärke der Töne aus dem Auspuff, in Bezug darauf es ja in Hockenheim einen gehörigen Eiertanz gegeben hatte. Entlang der Strecke gäbe es mehrere Messpunkte, und da zu befürchten sei, dass bei einer Überschreitung der Grenzwerte die Gemeinde "den Hahn zudrehen" würde, müsste ein möglicher Verstoß sofort mit der schwarzen Flagge für den betreffenden Fahrer geahndet werden. (Natürlich schmerzt es, mit ansehen zu müssen, dass andere Veranstaltungen, die mehr Geld bewegen, ungeniert Krach machen dürfen.)
Ein anderes Thema betraf die bei der technischen Abnahme festgestellten Mängel. Für deren Behebung durch den Fahrer gäbe es in Zukunft einen festen Zeitrahmen, und es werde streng darauf geachtet, dass innerhalb dieser Frist die Mängel beseitigt würden.
Wie immer ist es schön, die Freunde und Fahrerkollegen nach der langen Winterpause wiederzusehen. Und wie immer sieht man beim ersten Auftritt auch neue Maschinen. So hat sich Rudi Seydewitz, bereits mehrfach Sieger in der Jahresklassenwertung von K, neben seiner 500er Manx noch eine 350er Norton zugelegt. Da in diesem Jahr J und K zusammen gewertet werden und wohl auch zusammen fahren, muss er sich von Fall zu Fall für eines der beiden Motorräder entscheiden, oder aber mit einer der beiden Maschinen in einer anderen Klasse antreten.
Ganz neu ist die Molnar-Manx von Hanruedi Rothenbühler, edles Gerät, frisch aufgebaut, angesichts des Kurz-Hub-Motors extrem schnell, im Regen dem Vernehmen nach gleich mal ausgerutscht.
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Und natürlich gab es Fälle, in denen ein Fahrer nicht mal eine einzige Runde zuwege brachte, sondern am Rande der Piste mit einem ernsten Motorschaden ausrollte - 530 km bis nach Oschersleben, dort etwa 3 km auf der Strecke gefahren und dann "Pitsch", vorbei, und 530 km wieder heimgefahren. Frust ohne Ende, aber wir kennen ja den lapidaren Spruch: "That`s racing..."
Für die andere Seite des Spektrums, die Erfolgreichen, hat Mario Andretti einen ebenso sinnvollen Spruch geprägt. Kennt Ihr ihn: "If you think everything is under control, you are not fast enough..." In diesem Sinne: Allen eine zügige Fahrt und erfolgreiche Saison!
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