Moto-GL-Kaleidoskop Beobachtungen und Notizen aus dem Fahrerlager und von der Strecke |
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Schlaglichter aus Schotten |
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Wieder einmal Regen in Oberhessen: Auf der DHM-Seite im Internet hatte es im Vorfeld des diesjährigen Schottenring-GP geheißen: „Dieses Jahr bei bestem Sommer-Wetter – versprochen!“ Angesichts der zurückliegenden Wochen, die offenkundig den Regeln des Siebenschläfers unterworfen waren (wonach das Wetter Ende Juni die Gegebenheiten der nächsten sieben Wochen vorhersagt), mochte diese Verheißung anmuten wie das Pfeifen im Wald: Nach einigen schönen Tagen lautete nämlich die *amtliche* Vorhersage für das Wochenende vom 21./22. August: “Überwiegend bedeckt mit einzelnen Schauern“. So kam es dann auch, aber die Regenfälle waren häufiger als befürchtet, sie kamen meist richtig plötzlich und waren vor allem ziemlich heftig. Vor der Post- (pardon: Kawasaki-) Kurve hatte sich auf der Strecke alsbald eine riesengroße Pfütze gebildet und an anderen Stellen flossen Bäche über die Piste. In W musste ein Lauf wegen Starkregens abgebrochen werden. Das Fahren machte unter solchen Bedingungen nicht mehr richtig Spaß, in K verzichteten denn auch viele Fahrer auf einen Start im zweiten Lauf, weil ihnen die Unbill und das Risiko zu groß erschienen. Das schicksalhaft Tragische an dem gesamten Geschehen: Nach den sintflutartigen Regenfällen in 2014, die die Fahrerlager-Wiese und andere Teile regelrecht geflutet hatten, dem Abbruch der gesamten Veranstaltung im Vorjahr wegen andauernden Land-Regens, war 2016 das dritte Jahr in Folge, in dem schlechtes Wetter die Heiterkeit früherer Sonnentage beeinträchtigte – wofür natürlich niemand etwas kann. Die Auswirkungen auf die Zuschauer-Zahlen waren freilich unverkennbar: Nur ein Bruchteil der Besucher aus den vergangenen Jahren säumte den Kurs. Zudem scheinen mehr und mehr Fahrer – entgegen früherer Gewohnheiten – die mit der Fahrer-Lager-Wiese verbundenen Unwägbarkeiten und Unbilden nicht mehr länger hinnehmen zu wollen: Bemerkenswert große Areale blieben frei, insbesondere am unteren Rand mit den Büschen an der Verlängerung der Seestraße, und viele der Teilnehmer stellten sich lieber am Rand des Teerweges auf, wo sie naturgemäß zwar nur eine schmale Parzelle beziehen konnten, aber wenigstens festen, überflutungssicheren und halbwegs waagerechten Untergrund unter den Füßen hatten. Soll heißen: Das Fahrerlager und seine Infrastruktur stellen weiterhin eine Art Achilles-Sehne der Schottener Veranstaltung dar, wenn das Wetter nicht mitspielt. Hoffentlich bewirkt ein stabiles Groß-Wetter-Hoch im nächsten Jahr eine Umkehr des aktuellen Negativ-Trends. Dem rührigen Veranstalter und den zahllosen freiwilligen Helfern wäre dieses wirklich von Herzen zu gönnen. Standgebühren: Die Probleme mit dem Fahrerlager haben andernorts zu einem neuen Geschäftsmodell geführt: Auf einigen Stellflächen rund ums Fahrerlager mussten Teilnehmer dieses Jahr erstmals eine Gebühr an die Eigentümer des Grundes entrichten, um da stehen zu dürfen. Vielen war das nicht recht, fanden den Preis zu hoch und überhaupt. Dabei kam es auch zu unerfreulichen verbalen Auseinandersetzungen. Bedenkt man freilich, dass die Übernachtung mit einem Wohnmobil oder einem Wohnwagen auf einem Camping-Platz pro Nacht zwischen 20 und 30 Euro kostet, erscheint die Forderung der Eigner durchaus als gerechtfertigt, auch wenn die Infrastruktur regulärer Camping-Plätze gewöhnlich qualitativ besser ist. Die Fahrer-Präsentation: Für Freitag Abend war eine Wiederbelebung des früheren Fahrer-Corsos in die Stadt angesetzt. Aus versicherungstechnischen Gründen, so erläuterte der Vorsitzende des MSC Schotten, Wolfgang Wagner-Sachs, war es nicht mehr vertretbar, die nicht straßen-zugelassenen Maschinen – wie in früheren Jahren - auf den Rathaus-Markt zu führen. Stattdessen wurde vor der Zuschauer-Tribüne eingangs der Post-/Kawasaki-Kurve die Bühne aufgebaut, von der herunter die Honoratioren die ungefähr 60 FahrerInnen begrüßten. Uli Schmidt ging mit einem Mikrofon durch das Fahrer-Feld und interviewte ebenso launig wie sachkundig insbesonders solche Teilnehmer, deren Motorräder ausgesuchte Preziosen darstellten. Ein gutes Konzept, das zeigt, dass sich eine solche Zusammenkunft auch ohne die exklusive Prominenz herausragender Fahrer aus der Vergangenheit trägt. Zum Engagement von Ewald Dahms: Ebenfalls im Vorfeld war auf der DHM-Seite die Versteigerung zweier 35er DellOrto SSI-Vergaser angekündigt worden. Diese stellte Ewald Dahms zur Verfügung, dessen bisheriger Beifahrer Harry nach 33 Jahren Turnen im Boot von Ewald nunmehr aufgehört hat. Ewald selbst will aber ausdrücklich noch nicht seinen Helm an den Nagel hängen, sondern wird weiter fahren, derzeit zusammen mit Georg Heil, und zwar so lange, wie es ihm noch Spaß mache und er sich fit fühle. Die Spende der Vergaser erfolgte aus Verbundenheit mit der ´DHM-Familie` und dem MSC Rund um Schotten. Sie erbrachte letztlich 750 Euro, die zusammen mit dem Erlös der Taxi-Fahrten von fast 2.000 Euro wieder sozialen Einrichtungen zugeführt wurden. Im Laufe der zurückliegenden 20 Jahre sind durch die von Ewald initiierten Zuschauer-Fahrten auf Gespannen um die 30.000 Euro zusammen gekommen – ein beeindruckendes „Lebenswerk“, Respekt und Anerkennung! Die Schikane auf der Gegengeraden: Wegen mehrerer Unfälle auf der Seestraße wurde vor ein paar Jahren die Piste durch eine Schikane entschärft. Sie ist nicht auf den Beifall aller Fahrer gestoßen, reduziert aber an dieser Stelle die Geschwindigkeit, weshalb die anschließende langgezogene Links mit weniger Tempo angegangen wird. Bisher markierten Strohballen den Ein- und Ausgang der Schikane, heuer waren es Reifen-Stapel. Bei deren Berührung mag es zu heftigeren Schäden kommen. Beispielsweise verlor dabei Dominik Horvath im Training die Fußraste an seiner Boy Racer, die ihm aber Ernst Vogelbacher später wieder anschweißte. Ähnlich erging es Bruno Egloff, aber mit gravierenderen Folgen: Ihm wurde der Fußbremshebel nach hinten umgebogen, und als er wenige Sekunden später die Fahrerlager-Kurve anbremsen wollte, trat er ins Leere. Die Leistung der Vorderrad-Bremse seiner Motosacoche reichte nicht aus, um die Kurve noch zu kriegen; vielmehr rutschte er ins Hinterrad des vor ihm fahrenden Cord Warneke, der daraufhin buchstäblich die Strohballen zur Tribüne hinauf torpediert wurde und oben angekommen, zur Seite kippte. Der Schreck muss immens gewesen sein, blickte er doch unversehens hoch in den Himmel. Erfreulicher Weise blieben beide Fahrer unverletzt. Zwei Rookies: Wie es manchmal der Zufall will, sind wir in einem Restaurant mit einem Neuling in der Szene am selben Tisch gesessen. Frederick Wenzel aus Kelkheim startete in Schotten zum allerersten Mal in der GL-Szene. Er kommt aus dem Moto-Cross und bringt von daher hervorragende Voraussetzungen für den Umgang mit seinem Gerät auch auf der Straße mit. Bei seiner Maschine handelt es sich um ein kurioses Gefährt, nämlich eine auf Wasser-Kühlung umgebaute 250er-Doppelkolben Puch SGS. Abgesehen von Kleinigkeiten stand sie die vier Läufe durch und konnte „on the road“ gut im Mittelfeld mithalten. Ähnlich verhält es sich auch bei Otto Bayer, der früher ebenfalls im Geländesport aktiv war. Neu in dieser Saison bei uns, ist er auf einer Zwei-Zylinder Horex in K unterwegs. Bei strömendem Regen legte er im zweiten Lauf eine fantastische Fahrt hin – „ja, das ist eigentlich mein Wetter…“. Ein Genesungswunsch: Timo Neumann, Kassenwart beim MSC Schotten, bei uns kenntnisreicher und unaufgeregter Streckensprecher, ist erkrankt und wird stationär behandelt. Lieber Timo, auch auf diesem Wege alle guten Wünsche für eine baldige und vollständige Genesung – und dass wir uns vielleicht schon in Hockenheim wieder sehen! |
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Text: Manfred Amelang, Fotos: Frohnmeyer, Leger, Amelang |
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