Das Positive zuerst: Die „Rennstadt Schleiz“ (wie sie unter anderem mit einem Schild an der Autobahn wirbt) genießt wegen der seit Jahrzehnten hier ausgetragenen Motorsportveranstaltungen international ein hohes Ansehen. Der alte und auch der jetzt benutzte verkürzte Kurs nötigen mit ihren schnellen Bergab-Passagen vom Buchhübel an den Ortsrand bzw. von da in die Seng gehörigen Respekt und erfordern Mut, wenn man hier zügig unterwegs sein will – insofern stellt Erfolg auf dieser Strecke seit jeher etwas Besonderes dar. Entsprechend zahlreich sind die Fahrer, die hier an den Start gehen wollen.
Die Besonderheiten: Dieses Jahr waren es weit über 300 Nennungen; verspätet eingegangene Meldungen musste der Veranstalter schlicht zurückweisen, selbst wenn diese von prominenten Fahrern kamen. Auch so bescherte das hohe Nennungsergebnis den Verantwortlichen einige Probleme deshalb, weil die Strecke nur für eine bestimmte Zahl von Startern homologiert ist (um die 40). Um dessen ungeachtet eine größere Zahl unterzubringen, musste gegenüber den genehmigenden Behörden der kompetitive Anstrich der Läufe gemildert werden. Das sollte erreicht werden (und war erfolgreich), indem der „Renn-Start“ aus dem Stand gestrichen und durch einen fliegenden Start ersetzt wurde, und zwar nach einer Einführungs-Runde hinter einem Fahrzeug der Rennleitung, und das in allen Klassen. Die FahrerInnen sortierten sich dafür nach den Trainingszeiten vor und in der Boxen-Gasse. Das hat prima geklappt, machte es andererseits aber nötig, die Zahl der gewerteten Runden um jeweils einen Umlauf zu reduzieren, um das Programm in der verfügbaren Zeit umsetzen zu können.
Später stellte sich heraus, dass in E+H+L zwar die schnellsten Fahrer zusätzlich zur Referenz-Runde drei weitere Runden gedreht und damit Zeiten für die Wertung geliefert hatten, einige Fahrer aber nur deren zwei geschafft hatten. Um die daraus folgenden Ungleichheiten für die Wertung aus der Welt zu schaffen, beschloss die Führung, die Ergebnisse zu revidieren und für *alle* Fahrer nur die Runden 3 und 4 (im Vergleich zur Referenz-Runde) heranzuziehen, und dieses konsequent auch für *alle* Klassen gelten zu lassen.
Zudem verkürzte sich die Zahl der gefahrenen Runden durch die Notwendigkeit, zeitliche Verzögerungen im Programm, die durch verschiedene Umstände eingetreten waren, wieder einzuholen.
Verbote und deren Folgen: Beim Eintreffen vor Ort erhielt jeder Starter vom Veranstalter ein zweiseitiges Papier, auf dem in 26 Absätzen festgehalten wurde, was alles verboten, untersagt und zu berücksichtigen ist. Eine dieser Festlegungen lautete, dass das „Betreiben von Verbrennungsmotoren zu Sport- und Testzwecken von Montag bis Freitag in der Zeit von 12:00 bis 14:30 im Fahrerlager verboten sei (Motorenruhe!)“ Dieses geschah mit Rücksicht auf das unmittelbar benachbarte Kinderheim, wo während dieser Zeit und nur an Werktagen Mittagsschlaf angesagt ist. Aber: Zumindest die Klasse J+K+U geriet dadurch in Verlegenheit, weil deren Pflichttraining laut Programm für Freitag 12:50 Uhr terminiert war. Also blieb nichts anderes übrig, als die Maschinen aus dem Fahrerlager zu schieben („sich hinaus zu schleichen…“) und dann auf der Zufahrt zur Strecke auf das Signal zum Anwerfen warten. Es war ein nachgerade gespenstiger Auftritt. Dort standen und standen sie dann alle, die Zeit verrann, es begann wieder zu tröpfeln – bis dann Uli Schmidt verkündete, dass das anstehende Training heute abgesagt und morgen in der Früh nachgeholt werden müsse, ein Anwohner habe gegen die Belästigung durch Motoren-Lärm geklagt und eine einstweilige Verfügung erwirkt. Das konnte für die Veranstaltung als Ganzes das Aus bedeuten.
Näheres zu den „Eingriffen von Außen“: Im Einzelnen – und ohne die einschlägigen Verträge zwischen Grundstücks-Eigner und Betreiber-Gesellschaft zu kennen, in Ermangelung auch irgendeiner Stellungnahme unseres Orga-Teams - ging es offenbar um die Justierung einer Schall-Dämm-Wand, die kurz nach Start-und-Ziel rechter Hand ein dahinter stehendes Gebäude schützen soll. Diese Wand steht dort dem Vernehmen nach ungeachtet ihres beträchtlichen Ausmaßes nur temporär, wird also immer wieder auf- und abgebaut.
Es scheint so zu sein, dass der Konflikt zwischen den streitenden Parteien bereits länger schwelt, und aus einem vergleichsweise unbedeutenden, aber rechtlich verwertbaren Grund jetzt an „unserer“ Veranstaltung offen ausgebrochen ist; jedenfalls kam der „Stop“-Bescheid von einer höheren Instanz, nämlich einer Behörde oder einem Gericht in Weimar. Am Nachmittag rollte Augenzeugen zufolge ein Bagger an; was der konkret ausrichtete, war nicht auszumachen. Aber nach geraumer Zeit lief das Programm für die Autos an (die im übrigen eine Geräusch-Kulisse erzeugten, die derjenigen der Motorräder zumindest gleich kam). Damit schien das drohende Unheil noch einmal abgewendet zu sein – uff…Bei der Siegerehrung ergriff ein Fahrer aus Schleiz das Wort und sprach von einem Einzelnen, der das Ganze bedrohe, „und dem solle man keine Luft lassen“ – richtig so, wir kommen auch nächstes Jahr gern wieder. Aber eine Garantie dafür, dass dieser vermeintliche „Einzel-Täter“ nicht auch neue Gründe findet, um gegen den Motorsport vorzugehen, kann natürlich niemand geben. Die Erfahrung an anderen Plätzen wie Hockenheim, Monza oder dem Noris-Ring zeigen doch, dass es immer wieder Leute gibt, die gern Grund und Boden erwerben in Arealen, wo es hin und wieder etwas lauter zugeht, aber gerade deshalb die Gestehungs-Preise sehr viel niedriger sind – um dann nach einigen Jahren gerichtlich gegen den Lärm vorzugehen. Das ist natürlich überhaupt nicht in Ordnung – wenngleich leider wohl immer wieder durchaus rechtlich möglich.
Es soll zwischen dem eben dargelegten und dem nachfolgend zu erwähnenden Vorfall keine Verknüpfung hergestellt werden, aber eine solche drängte sich immerhin gedanklich auf, als das für Samstag früh neu angesetzte Pflichttraining von J+K+U nicht zur angesetzten Zeit beginnen konnte, weil – man fasst es kaum! – die Sicherheitsvorrichtungen an bestimmten Stellen zerstört worden waren; aus den Air-Fences war die Luft herausgelassen worden. Das sieht – ohne den weiteren Ermittlungen vorgreifen zu können – nach Sabotage aus. Hoffen wir, dass es solchen Chaoten nicht gelingt, die Grundlagen einer ansonsten wunderbaren Veranstaltung nachhaltig zu beeinträchtigen.
Kleinkram: Ein weiteres Verbot lautete, dass „Haus- und Nutztiere im Fahrerlager grundsätzlich verboten“ sind, „durch den Veranstalter/Promotor (aber) auf Antrag und unter Auflagen Ausnahmen gestattet werden (können)“. Natürlich stecken dahinter Haftungsfragen. Es muss aber dieses Mal besonders viele „genehmigte Ausnahmen“ gegeben haben. Damit soll es hier seine Bewandnis haben…
Das gilt auch für ein weiteres Verbot, nämlich dass es „zwischen 22:00 und 7:00 Uhr generell untersagt ist, Lärm zu verursachen, durch den andere Personen gestört oder belästigt werden.“ Offensichtlich galt das nicht für die Musik im Festzelt (wo es im übrigen wieder ein hervorragendes Angebot an Speisen und Getränken gab), die am Donnerstag und Freitag bis 24:00 Uhr hämmerte und die umliegenden Camper hinderte, in den Schlaf zu finden. Aber: Den Rennleiter darauf angesprochen, entschuldigte sich dieser (!) und versprach, sich darum zu kümmern – wo gibt es das sonst?
Persönliches: Am Freitag Abend hatte Robert Nau aus Anlass seines 52. Geburtstages zu einem geselligen Beisammensein an seinem Standplatz eingeladen, aus naheliegenden Gründen vorwiegend Kameraden aus der Gespann-Szene. Obwohl ich selbst dazu nicht zähle, war die Aufnahme durch die Runde richtig herzlich – dafür wie für die Einladung auch von dieser Stelle aus besten Dank und noch einmal herzlichen Glückwunsch!
In Hockenheim hatte mich ein Unbekannter auf dem Weg zum Start zunächst anzuschieben versucht und mir dann auf der Start-Maschine von Martin Bertsch geholfen, die Maschine anzuwerfen. Trotz meines Aufrufes, sich doch bitte zu melden, hatte er nicht geantwortet – doch dieses Mal fanden wir zusammen: Ich danke hier noch einmal herzlich Mirko Hummler aus Löbau, der auf einer Ducati 750 F1 in BOT an den Start ging.
Zum Sport: In allen Klassen gab es sehenswerte Aktionen und Positionskämpfe, leider auch immer wieder Stürze (das ist die ziemlich ungesunde Seite unseres Sports); zwei Fahrer mussten stationär behandelt werden, wovon einer die Klinik erfreulicher Weise bereits wieder verlassen konnte. Wir wünschen von hier aus rasche und vollständige Genesung.
Bis zum nächsten Jahr: Hoffentlich auf ein Wiedersehen in der „Rennstadt Schleiz!“ |