Ewald Dahms beendet seine Wettbewerbs-Karriere
Gegen Ende des letzten Jahres hat Ewald Dahms den Veranstaltern der VFV-Läufe schriftlich mitgeteilt, dass er ab 2019 keine Wertungsläufe mehr fahren, sondern nur noch bei Präsentations- oder Einladungsläufen an den Start gehen werde. (Zeitgleich hatte er Weihnachtsgrüße geschickt, Poststempel 14.12.18, hier aber aus unerfindlichen Gründen erst eingegangen ein halbes Jahr später, nämlich am 10.5.19 – was die Verspätung des vorliegenden Beitrages erklärt.) Damit geht eine Ära von nicht weniger als 34 Jahren ununterbrochener Teilnahme an den Läufen unserer Szene zu Ende, die zwischenzeitlich durch den dreimaligen Sieg in der Jahres-Klassen-Wertung von N ihre sportlichen Höhepunkte erreicht hatte.
Infiziert vom Motorrad-Bazillus wurde Ewald in jungen Jahren durch den Besuch des letzten Hamburger Stadtparkrennens. Ab Mitte der Sechziger-Jahre schraubte er zusammen mit Kumpels an der Stoßstangen-BMW des Ausweis-Fahrers Harry Kleinke, der nach dem Aufstieg in die Lizenzklasse allerdings den Helm an den Nagel hängte. Zwischenzeitlich hatte Ewald „Feuer gefangen“ für die BMW RS 54, die zwar mit dem Niedergang der Viertakter in den Siebziger-Jahren noch immer ziemlich teuer war, aber das galt nicht für Teile davon; diese kaufte er in allen Landesteilen auf, ohne letztlich ein konkretes Ziel dafür zu haben, was er damit mal anfangen wolle. Wieder stellte ein Schlüsselerlebnis die entscheidende Weiche: Anlässlich eines Urlaubs in den Bergen besuchte er in Salzburg ein Veteranen-Rennen – und damit reifte der Entschluss, aus den Teilen etwas Ganzes aufzubauen. Am Ende resultierten daraus das „Max- und Moritz-Gespann“ und die restaurierte ex-Arsenius Butscher-Maschine. Mit beiden Gespannen ging er 1998 bei der „Centennial Classic TT“ in Assen an den Start – und errang gleich beim ersten Einsatz der M&M-Maschine den ersten Platz! Nicht von ungefähr zählt deshalb dieses Erlebnis zu den schönsten in mehr als drei Jahrzehnten Rennen. Zu den weniger positiven Erinnerungen zählt eine Begebenheit in Schotten: Beim Rausfahren aus dem Vorstart auf die Strecke blockierte wegen eines Kurbelwellen-Schadens der Motor, mit der Folge eines Überschlags des Gespanns – einer der ganz seltenen technischen Defekte überhaupt.
Beifahrer war von Anfang an Harry Mahrsandt; mit ihm war abgesprochen, dass sie eines Tages zusammen mit dem Fahren aufhören würden, doch räumt Ewald heute ein, dieses Versprechen nicht eingehalten zu haben. Harry konnte ab 2015 nicht mehr im Seitenwagen turnen und ist 2018 gestorben. Für ihn stiegen später abwechselnd Georg Heil und Beatrix Sauerwein ins Boot.
Ewald Dahms zählt zu den Nestoren der Szene. Seine technische Kompetenz und Hilfsbereitschaft sind unbestritten, die persönliche Integrität beispielhaft. Lange Zeit war Ewald Fahrersprecher-Obmann. Er zählt zu den Initiatoren der „Taxi-Fahrten“ in Schotten, deren finanzielle Erträge gemeinnützigen Zwecken zur Verfügung gestellt wurden. Wie er in den schwierigen End-Zeiten zu seiner Frau Nora gehalten hat, war absolut respektgebietend – wir verneigen uns vor der beruflichen, sportlichen und menschlichen Lebensleistung des „Langen aus dem Norden“, wie er sich selbst bezeichnet..
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Am 24. Mai 2019 wäre der berühmte Fahrer und Tuner, der vor ein paar Jahren verstorben ist, 90 Jahre alt geworden. Ihm zu Ehren veranstalteten Hans Georg Seib und Bernd Quaas zusammen mit dem Motosportclub Oberflockenbach einen „Aktionstag“. Dieser sollte stattfinden in der Gemeinde Ursenbach und auf der von da ausgehenden „Teststrecke“ von Fath hinauf nach Rippenweier.
Jeder Kenner der Szene weiß, dass Fath, Gespann-Weltmeister 1960 und 1968, während seiner Motorsport-Karriere und danach in Ursenbach gelebt und die knapp 200 Einwohner dieser Gemeinde im Odenwald häufig mit dem Sound der von ihm entwickelten Geräte etwas genervt hat; um diese Beeinträchtigungen zu mindern hatte er anfänglich im benachbarten Wald in einer Hütte einen Prüfstand eingerichtet, bis er dann im Keller seines Hauses einen gedämmten Raum entsprechend herrichtete. Aus Dankbarkeit und wohl auch einigen Schuldgefühlen gegenüber seinen Mitbewohnern heraus gab er der von ihm zusammen mit Professor Kuhn konzipierten 4-Takt-Vierzylinder den Namen URS. An dem besagten Aktionstag sollten „einige von Fath konstruierte, gebaute oder getunte Renngespanne und Solo-Rennmaschinen zu bewundern sein“ (aus dem Text des Werbe-Flyers).
Das Resumee ausnahmsweise gleich vorab: Der Tag war einfach großartig! Begünstigt durch ein wunderbares Frühlingswetter hatten sehr viele Motorrad- und Autofahrer den Weg nach Ursenbach gefunden – nach Aussage von Leuten, die es wissen müssen, hatte der Ort niemals zuvor eine derart große Zahl von Besuchern gesehen. Die Hauptstraße des Dorfes war ein einziges Fahrerlager: Vor jedem Vorplatz, in jeder Hofeinfahrt standen Maschinen, umlagert von Fahrern und Fans. Etwa 60 Aktive (geschätzt) waren der Einladung der Veranstalter gefolgt und fuhren mit ihren Maschinen viermal im Laufe des Tages die etwa 3 km lange Strecke hinauf, die umsäumt war von zahlreichen Zuschauern; freier Eintritt überall. Das Ambiente war geprägt von freudiger Gelassenheit ; auf der Mauer eines Bierausschanks gleich nach dem Start schauten Zuschauer mit Getränke-Bechern auf das Geschehen unter ihnen; eine Frau trug aus ihrem Haus Kuchen zu einem Verkaufsstand, Kinder staunten an der Hand ihrer Väter vor den wertvollen Preziosen – und überall die obligaten Benzin-Gespräche, z.T. in Gegenwart von Prominenten wie etwa Rolf Steinhausen (fuhr sein WM-Busch-Gespann, „behütet“ im übrigen nur von einer Baseball-Kappe), Dieter Braun oder Martin Wimmer (für letzteren hatte Fath ebenfalls gearbeitet).
Wünschenswert wäre es gewesen, wenn der Streckensprecher jeweils einige Worte zu den startenden Fahrern und deren Maschinen gesagt hätte. Herausragend die Fahrt von Tim Reeves, dem 7-fachen Gespann-Weltmeister, der eine 2-Takt-Maschine von Fath bewegte. Damit sind wir bei einem Wermuts-Tropfen angelangt: Ansonsten waren Maschinen von Fath ausgesprochene Mangelware; insbesondere war keine URS zu sehen, deren infernalisches Geheul der krönende Höhepunkt hätte sein können.
Gleichwohl: „Ursenbach bebt“ war ein erneut ein rundum gelungener Aktionstag, der sicher in absehbarer Zeit eine Wiederholung erleben wird.
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