Einige Bemerkungen vorab zur Thematik: In der zurückliegenden Saison geschahen mehrere Ereignisse, wie sie es zuvor in vergleichbarer Weise noch nicht gegeben hatte: Zum einen wiederholten bei den Gespannen die DHM-Sieger von 2018 – Ulrich und Germar Seubert - ihren großartigen Erfolg aus dem Vorjahr. Zum anderen gelang Mike Nagel bei den Solisten das Gleiche: Auch er konnte in unmittelbarer Folge seinen Vorjahres-Sieg in der DHM-Wertung wiederholen. Bislang hat es nie einen erneuten DHM-Titel-Gewinn im darauf folgenden Jahr durch ein- und denselben Fahrer oder dasselbe Team gegeben, geschweige denn eine Doppelung gleich in zwei verschiedenen Klassen. Für diese herausragenden Leistungen, die gleichermaßen für hohe Kompetenz und Beständigkeit stehen, den drei genannten Fahrern von hier aus ganz herzlichen Glückwunsch!
Über Ulrich und Germar, die - wie wohl jedermann inzwischen weiß - miteinander nicht verwandt sind, ist an dieser Stelle bereits vor 12 Monaten eine persönliche Würdigung erschienen, weshalb es müßig wäre, hier noch einmal in die Details zu gehen. Auch Mike war immer wieder ein Thema in der laufenden Berichterstattung, zumal er als einer der Jüngsten im Starterfeld und wegen seiner hervorragenden Platzierungen gewiss der spektakulärste „Rookie“ überhaupt in unserer Szene ist; deshalb soll auch auf seinen Weg hier nicht gesondert verwiesen werden, dieses auch aus Gründen der persönlichen Nähe zu ihm und weil damit eine etwas delikate Materie nicht erneut behandelt zu werden braucht.
Eingegangen werden aber soll auf den Jahres-Klassen-Sieger in K, also Hansueli Wyssen, weil diesem der Erfolg in seiner Klasse zum ersten Mal in seiner Teilnahme an den VFV-Läufen gelungen ist, mehr aber auch deshalb – auch dieses hatte es zuvor nie gegeben – weil er auf Grund eines unsäglichen Bannstrahls der Verantwortlichen am ersten Lauf der Serie gar nicht hatte teilnehmen dürfen.
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Wenn man Hansueli in den letzten Jahren „in Action“ gesehen hat, musste man beeindruckt sein von seiner hohen fahrerischen und technischen Kompetenz. Er zählt zusammen mit etwa Franz Heller, Klaus Jung und Cord Warneke seit geraumer Zeit zu denjenigen Fahrern, die nicht nur die höchste „Pace“ auf die Strecke bringen, sondern dabei auch bemerkenswert gleichmäßig sind, und das nicht nur auf trockener Piste, sondern auch bei widrigen Witterungsbedingungen. Gewiss waren dafür der Motor und das Fahrwerk seiner Manx äußerst hilfreich, aber auch deren Qualitäten müssen erst mal auf den Asphalt gebracht werden. Sein hohes Niveau zeigt sich darüber hinaus auch in Klasse E, wo er mit dergleichen Perfektion eine Starr-Rahmen-Rudge bewegt, und damit einer „alten Liebe nachgeht“.
Für die „normalen Sterblichen“, die weniger im Rampenlicht des Erfolges stehen, wird die Erkenntnis tröstlich sein, dass die besagten Fertigkeiten keineswegs „vom Himmel gefallen“ sind, sondern das Ergebnis lang anhaltender Arbeit an sich selbst und der Technik sind. Angefangen hat alles 2003 mit der Teilnahme an dem Bergrennen in Ollon Villars. Nach zunächst sporadischen Einsätzen in der Vintage-Serie des FHRM (= Freunde Historischer Renn-Motorräder) startete er später regelmäßig bei diesen Veranstaltungen und wurde 2007 Erster in der Jahreswertung, im Jahr darauf Zweiter und 2009 Dritter, alles auf der Rudge Ulster mit Bronze-Zylinderkopf. Die erste Nennung bei einer Veranstaltung in Deutschland findet sich 2012 im Programm von Jan Wellem: E 38 Triumph GP und K 08 Norton Manx, Baujahr 1955. Die Langhub-Manx erwies sich allerdings nicht als eine besonders glückliche Anschaffung; beispielsweise reichte es damit in Schotten nur zum letzten Platz in der Startaufstellung, in Hockenheim nur zum vorletzten. Ein wesentlicher Schritt nach vorn war die Beschaffung einer Molnar-Manx, die erstmals 2015 an den Start gebracht wurde, jedenfalls ausweislich des von da ab angegebenen Baujahres 1962. In Colmar Berg war damit gleich in Wertungslauf 2 ein zweiter und in Hockenheim ein erster Platz drin, darüber hinaus ein neunter in der Jahres-Klassen-Wertung. Seit diesem Zeitpunkt gehört Hansueli zu den Top-Fahrern in K – und auch in E, dort mit seiner Rudge.
„Weil ich Schornsteinfeger bin und kein Kfz-Mechaniker!“, musste sich Hansueli die technischen Fähigkeiten für die Rennerei autodidaktisch aneignen. Dessen ungeachtet machen Werkstatt, Transporter und die Visionen für die Zukunft einen ausgesprochen professionellen Eindruck. Im sozialen Miteinander erweist er sich als umgänglich und extrem hilfsbereit, zudem immer zu einem Spaß aufgelegt. Nicht von ungefähr schätzt er ganz besonders, dass ihm die Teilnahme an der Szene die Gelegenheit geboten habe, im Laufe der Jahre viele nette Menschen kennen gelernt zu haben -- und damit meint er wohl vor allem die Fahrer-Kollegen…
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