love, speed & loss

Filmbesprechung
 von Karl Hübben

 Fotos: Bernd Fischer

Als Peter Frohnmeyer mir mitteilte, dass er einen kürzlich erschienenen Dokumentarfilm über den neuseeländischen Fahrer Kim Newcombe erhalten habe, da hatte ich die üblichen, sicherlich interessanten Zusammenschnitte von alten Presseaufnahmen vor Augen. Meist nachträglich mit mehr oder weniger, meist weniger, fachkundigem Kommentar unterlegt.
Aber weit gefehlt: Was Regisseur Justin Pemberton hier mit dem Film “Love, Speed & Loss“ auf die Leinwand bringt, ist ein sehr persönliches Stück Zeitgeschichte. Erzählt wird die Story aus der Sicht von Kim Newcombe’s Witwe Janeen. Der Film zeigt den Weg des Paares vom neuseeländischen Auckland nach Berlin, wo Kim 1969 bei der Bootsmotorenfabrik König einen Job annimmt und damit seinen Weg an die Spitze des europäischen Motorrad-Straßenrennsports beginnt. Dieser gemeinsame Weg der beiden und ihres in Berlin geborenen Sohnes Mark endet mit Kim Newcombe’s tödlichem Unfall in Silverstone im August 1973.

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Siegerehrung Sachsenring 1972

Kim Newcombe - Brünn 1972

Pemberton kombiniert sehr feinfühlig die bisher unveröffentlichten Super 8 Filmaufnahmen und Tondokumente der jungen Janeen mit von ihm aufgenommenen Statements von Verwandten, Freunden und Zeitgenossen aus dem Continental Circus. Deren offene Worte (der Ehefrau des Australiers John Dodds ist die Erleichterung über die Tatsache, dass ihr Mann seine Rennkarriere überlebt hat, regelrecht anzusehen) zeichnen ein dichtes Bild der Verhältnisse jener Zeit. Deutlich werden aber auch die Gründe und der Antrieb der Fahrer von damals, den Motorradrennsport zu ihrem Lebensmittelpunkt zu machen. Und dies in einer Zeit, als es für die allermeisten von ihnen nicht einmal den vielzitierten Blumentopf zu gewinnen gab und als auf den lächerlich gesicherten Strecken der Tod immer mitfuhr. 
Genauso deutlich werden aber durch Janeen's Erinnerungen auch die Gefühle, die positiven wie die negativen, welche die Frau oder Lebensgefährtin eines solchen Fahrers zu durchleben hatte! Das Lebensgefühl der “High Speed Gypsies“, wie Jon Ekerold die von Fahrerlager zu Fahrerlager ziehende Gemeinschaft in seinem Buch so treffend nannte, wird nachfühlbar. Die, wohl absichtlich unerwähnten, Parallelen zum Schicksal von Kim’s direktem Konkurrenten Jarno Saarinen und seiner Frau Soili werden überdeutlich.
In den Anmerkungen zu seiner Dokumentation vergleicht der Regisseur den Handlungsaufbau seines Films mit dem der letzten Titanic-Verfilmung. Auch bei ihm erzählt eine Frau im Bewusstsein des nahenden Todes von der lange zurückliegenden, viel zu kurzen Liebe ihres Lebens. Janeen Newcombe verstarb zu Beginn dieses Jahres an einem Krebsleiden. Für sie war der Film die einzigartige Chance, ihre ganz persönliche Geschichte von Janeen und Kim der Nachwelt und sicher auch und vor allem ihrem gemeinsamen Sohn Mark erhalten zu können.
Wenn Janeen Newcombe zu Ende des Films von ihrem Leben nach Kim’s Tod berichtet, hat man das Gefühl, einen unerlaubten Blick in eines Menschen Seele zu werfen, der mit seinem Schicksal hadert. Mir persönlich wurde erst da bewusst, welch emotionaler Moment ihr Besuch beim Bikers Classics 2004 in Spa für sie gewesen sein muss. Für mich eher ein interessantes Randereignis, als ihr Sohn Mark im Leder seines Vaters eine König Rennmaschine auf Eau Rouge zusteuerte. Für sie ein Zeitsprung in einen Abschnitt ihres Lebens, der ihr zugleich das größte Glück und an seinem Ende lebenslange Trauer bescherte.
Wer auch immer Interesse an dieser einzigartigen Epoche des Motorradsports hat, als die Idee und die Fähigkeiten eines einzelnen Mannes den großen Werken noch Paroli bieten konnte, der sollte sich diesen Film unbedingt ansehen, auch wenn er das Kino in einer eher traurigen Stimmung wieder verlassen wird.  

Bikers Classics Spa 2004

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Mark Newcombe

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Wiedersehen mit Chas Mortimer

 Familie Newcombe



Bilder der Filmvorstellung

 

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