History – Kawasaki Deutschland
Bereits Ende der 1960er-Jahre wird Kawasaki auf dem deutschen Markt tätig. Die erste eigene Niederlassung wird aber erst 1975 gegründet. Danach geht es Schlag auf Schlag.
Mit den beiden neuen Drehschieber-Zweitaktern 250A1 Samurai und 350A7 Avenger ist Kawasaki in den USA bereits seit 1966 sehr erfolgreich. Jetzt wird es Zeit, auch den europäischen und speziell den deutschen Markt in Angriff zu nehmen. Die allerersten Kawasakis in Deutschland kommen noch über dubiose Wege ins Land, um dort über ein Händlernetz des Versandhauses Neckermann aus Frankfurt vertrieben zu werden. Anton Wolf aus Seligenstadt gehörte zu den ersten Kawasaki-Händlern in Deutschland und erinnert sich: „Irgendwie muss Neckermann über eine österreichische Vertriebsschiene an Motorräder gekommen sein. Von dort kamen nämlich die 650W1, die wir hier in Deutschland in den Verkauf brachten.“
Kawasaki selbst sucht aber einen eigenen Vertriebspartner für Deutschland und besucht mit einer dreiköpfigen Delegation Ende 1967 einen der größten Motorradhändler Deutschlands, Detlev Louis. Der Hamburger hat sich nicht nur durch den Import von BSA-Motorrädern, sondern auch durch seine kaufmännischen Geschicke einen Namen gemacht. Seine hanseatische Gründlichkeit scheint großen Eindruck auf die perfektionsliebenden Japaner gemacht zu haben. Der Deal ist schnell unter Dach und Fach.
Bereits im Frühjahr 1968 startet Louis mit dem Verkauf. Die Modellpalette besteht aus 175F2, 250A1 Samurai, 350A7 Avenger, 650W1 und der Zweivergaserversion 650W2SS, die mit höherer Verdichtung und größeren Ventilen auf 53 PS bei 7000/min kommt. Vor allem die Zweitakttwins A1 (2950 Mark) und A7 (3400 Mark) erhalten viel Beifall, 160 respektive 175 km/h Höchstgeschwindigkeit bei 145 bzw. 149 Kilogramm Gewicht sind eine Ansage. Im Herbst desselben Jahres wird dann die 500H1 Mach III vorgestellt. Sagenhafte 60 PS leistet der Dreizylinder-Zweitakter, nun mit kostendämpfender Schlitzsteuerung versehen. Selbst 750er-Maschinen beißen sich an diesem agilen Renner die Zähne aus – falls der Kawa-Pilot das 174-Kilogramm-Bike mit der spitzen Leistungscharakteristik zu bändigen weiß. Das Ganze gibt’s für günstige 4300 Mark. Ihr folgen weitere Zweitakt-Dreier, die im Modelljahr 1972 erscheinende 750H2 Mach IV (5600 Mark) mit 71 PS setzt dem Ganzen die Krone auf.
Doch längst hat man bei KHI (Kawasaki Heavy Industries) erkannt, dass der Schritt zum Viertaktmotor auf lange Sicht gesehen unumgänglich ist. Immer strenger werdende Abgas- und Geräuschnormen, vor allem in den motorradverrückten USA, machen ein Umdenken weg vom Zweitaktmotor notwendig. 1972 ist es dann soweit. KHI lädt ein paar US-Journalisten zu ersten Fahrtests nach Japan ein, um dem neuen Kracher der Szene auf den Zahn fühlen zu können, der 900Z1 (Super Four). Eckdaten: 82 SAE-PS bei 8500/min und 210 km/h Topspeed bei 246 Kilogramm Gewicht.
Detlev Louis feiert den Einstand bereits auf der IFMA in Köln 1972, wo die neue Z1 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wird. Der Messestand ist an keinem der Besuchtertage frei begehbar, dicht gedrängt scharen sich die Fans um den neuen Superstar der Szene. Anfang 1973 starten Verkauf und Auslieferung an Händler und Kunden. Schon im ersten Modelljahr verkauft Detlev Louis rund 2500 Einheiten, Preis 7200 Mark.
Es wären sogar noch mehr drin gewesen, aber die Nachfrage übersteigt das Angebot. Fest steht: Kawasaki hat entwicklungs- wie marketingtechnisch alles richtig gemacht und wird für seine Mühen belohnt.
Kawasaki möchte aber in Deutschland eine eigene Niederlassung gründen und trennt sich von Importeur Detlev Louis. Am 14. März 1975 erfolgt die Eintragung der Kawasaki Motoren GmbH ins Handelsregister, am 24. April 1975 werden Gesellschaftsvertrag und Eröffnungsbilanz abgeschlossen. Am 30. jenes Monats startet man mit den Geschäften am Firmensitz in Düsseldorf, zieht aber schon am 1. Juli 1975 in die Berner Straße nach Frankfurt um. Geschäftsführer der Niederlassung ist Yasuhiro Omori. 1977 wird das heutige Firmengrundstück in Friedrichsdorf erworben. Werkstatt, Lager und Kundendienst ziehen 1978/1979, die Verwaltung 1981 in die neuen Räumlichkeiten ein. Ab 9. Mai 1981 firmiert der Importeur offiziell unter der neuen Adresse in der Max-Planck-Straße 26.
In jenen Jahren wird die Z-Modellreihe weiter ausgebaut mit Modellen wie Z650, Z400B, Z750B, Z500, Z550, Z400F etc. Die GPZ-Reihe bildet mit den A-Modellen den krönenden Abschluss dieser Ahnenreihe, ehe man 1984 zum flüssigkeitsgekühlten Viertakter wechselt. Der neue Meilenstein heißt GPZ900R. Schon bald folgen Modellreihen wie ZXR, Ninja ZX-, ZZR, ER/KLE/GPZ500S, GTR, ZRX, KX, KLX, KLR, Zephyr, VN, neue Z, aber auch ATV, Mule, Sport Quad und Jetski sowie viele mehr.
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History – Kawasaki Heavy Industries
DER GROSSKONZERN
Kawasaki hat seinen Weg zum Global Player mit verschiedenen Geschäftszweigen gemacht, Motorräder können dabei nur einen vergleichbar kleinen Teil des Erfolgs für sich verbuchen.
Nach wie vor darf Japan als hochentwickeltes Industrieland gelten, das durch Fleiß, Disziplin und Knowhow hohe Anerkennung auf dem Weltmarkt genießt. Bei der Entwicklung von Kawasaki Heavy Industries spielen verschiedene Produktionszweige eine tragende Rolle, die den Konzern zu einem der führenden Wirtschaftsunternehmen in Japan machen. Angefangen hat alles in Tsukiji, einem Stadtteil von Tokio, wo Firmengründer Shozo Kawasaki 1878 eine Schiffsreparatur- und Instandhaltungswerft errichtet. Die Geschäfte laufen gut, und so entschließt er sich wenig später, zu expandieren und in den Schiffsbau einzusteigen. 1888 existieren bereits zwei Kawasaki-Werften, heute kann man vom Supertanker über Frachter, Fähre, Passagierschiff, Schlepper und Tragflächenboot bis hin zum U-Boot fast alles ordern. Im Zuge der zunehmenden Industrialisierung Anfang des 20. Jahrhunderts weitet Kawasaki seine Industriezweige aus. Ab 1907 baut man Rolling Stock (Schienenfahrzeuge/Waggons), die erste Dampflokomotive von Kawasaki folgt 1911. Wenig später wird die Produktion auf Eisenbahnbrücken ausgeweitet. Den Dampflokomotiven folgen Diesel- und Elektroloks, S- und U-Bahnen und der berühmte Schnellzug Shinkansen Bullet Train. Auch die U-Bahn in New York stammt zum Teil von Kawasaki.
Ab 1918 widmet sich Kawasaki auch dem Bau von Flugzeugen. Im Laufe des 20. Jahrhunderts werden Propellermaschinen, Hubschrauber und Düsenjets entwickelt. Selbst in der Raumfahrt ist man tätig und beteiligt sich an Raketen- und Satellitenprojekten.
Als kurz nach dem Zweiten Weltkrieg die Produktion von Flugzeugen in Japan verboten wird, widmet sich die Company neuen Geschäftszweigen. Kostengünstige Alltagsfahrzeuge sind in Japan zu dieser Zeit gefragt, der Bau von Kleinmotorrädern und Fahrrädern mit Hilfsmotor boomt. Zunächst bauen die Kawasaki-Mitarbeiter Getriebe für solche Fahrzeuge, aber schon 1950 fertigt man komplette Zwei- und Viertaktmotoren.
1953 wird die Tochterfirma Meihatsu Industries Co. gegründet, die die Motorradmotoren der Kawasaki Aircraft Co. Ltd. exklusiv vertreiben und künftig komplette Motorräder wie die 1954 folgende Meihatsu 125V entwickeln soll. Ende der 1950er-Jahre entwickelt sich der Motorenbau zum eigenständigen Produktionszweig. Hier werden im Laufe der Jahre Aggregate vom 0,8-PS-Einbaumotor bis hin zum 48.000-PS-Schiffsdiesel gefertigt. 1960 erwirbt Kawasaki den angeschlagenen japanischen Motorradhersteller Meguro mit seinen Viertaktmodellen von 125 bis 500 cm3. Jetzt ist man auch im Viertaktbereich gerüstet für die Zukunft.
Das erste eigene Motorradmodell mit Kawasaki-Logo erscheint 1961. Es ist die 125B7 mit Einzylinder-Zweitaktmotor und Vierganggetriebe. Das Nachfolgemodell 125B8 avanciert in den Folgejahren als typisches Brot-und-Butter-Vehikel zu einem der beliebtesten Motorräder des Landes. Daraus abgeleitet wird die 125B8M, ein Moto-Cross-Renner. Doch Kawasaki strebt nach höheren Zielen, will den internationalen, vor allem den amerikanischen Markt erobern. Die ersten Versuche mit typischen Alltagsmotorrädern scheitern, die Amis wollen technisch interessante, leistungs- und hubraumstarke oder geländegängige Motorräder. Wie viele andere japanische Hersteller zu dieser Zeit versucht man sich im Kopieren erfolgreicher Muster. Der den BSA-Modellen nachempfundene Viertakt-Paralleltwin 650W1 mit 50 PS soll die Lösung sein, wird aber ein Fehlschlag. Diese Kopie findet in den USA, aber auch in Europa nicht die gewünschte Akzeptanz – wenngleich heutzutage satte Preise für die W1 gezahlt werden.
Kawasaki entwickelt schnell eine neue Produktphilosophie und speziell für den Exportmarkt bestimmte Motorräder. 1966 geht der schnelle Zweitakter 250A1 Samurai (31 PS) mit zwei Drehschiebern in Serie, 1967 folgt die große Schwester 350A7 Avenger (42 PS). Beide sind vor allem in den USA sehr erfolgreich. Den endgültigen Durchbruch schafft Kawasaki mit der im Herbst 1968 vorgestellten 500H1 Mach III (Modelljahr 1969), die auch in Europa satte Verkaufszahlen einfährt. Doch intern ist der Weg bereits bereitet, um auch auf dem Viertaktsektor endlich zu punkten. 1972 ist es dann soweit, die 900Z1 (Super Four) wird vorgestellt und versetzt die Motorradwelt in Erstaunen. Ihr folgen weitere erfolgreiche luftgekühlte Viertakter der Z-Serie, ehe 1984 die GPZ900R (in den USA mit Beinamen Ninja) die Wende hin zu flüssigkeitsgekühlten Motoren einläutet. Ende der 1980er-Jahre folgen die supersportlichen ZXR-Modelle, die von den ZX-Ninjas in den 1990ern bis heute erfolgreich fortgesetzt werden. Daneben rollen auch Cruiser und Enduros von den Produktionsbändern. 2003 wird der traditionsreiche Buchstabe Z wieder aufgegriffen, mit der Z1000 im Streetfighter-Design läutet man eine weitere neue Ära ein. Das in den letzten Jahren erfolgreichste Kawasaki-Motorrad in Deutschland ist die ER-6n/f, die als Nachfolger der ER-5 im September 2005 in Salzburg – als erstes Modell fürs Modelljahr 2006 – vorgestellt wird.
Längst hat Kawasaki große Anerkennung auf dem internationalen Markt erworben. Neben monumentalen Brücken fertigt man auch Stahlkonstruktionen für Hochhäuser, Ölbohr-Plattformen und Staudämme. Hochdruckkessel und -tanks, Gasturbinen, Schiffe, Flugzeuge, Helikopter, Industrie-, Energie- und Umweltanlagen, Transport-, Lager- und Abfertigungssysteme, Bagger, Planierraupen und riesige Kräne ergänzen das breit gefächerte Portfolio des Herstellers. Der Bereich Consumer Products umfasst neben Motorrädern auch ATVs und Sport Quads, Jetski, portable Generatoren und Industriemotoren.
Heute arbeiten rund 34.600 Mitarbeiter weltweit für den Konzern, in Japan allein über 25.500. Während Europa aufgrund der starken Ballungsgebiete und der geringen Distanzen mit knapp 700 Angestellten besetzt ist, arbeiten auf dem amerikanischen Kontinent rund 3.500 und in Asien/Ozeanien zirka 4.900 Mitarbeiter. Produktionsstätten in den USA, Brasilien, Thailand und anderen Regionen der Welt (19 insgesamt) verdeutlichen Kawasakis internationale Expansion und das Bestreben, auf Veränderungen der regionalen Märkte zu reagieren. Dabei lautet die offizielle Mission von Kawasaki Heavy Industries für die Zukunft, auf Kundenwünsche zu reagieren, innovativ vorzugehen und die Originalität zu bewahren sowie stets den technologischen Fortschritt im Fokus zu haben.
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