Rennfahrer - Ernst Stammbach |
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1968 arbeitete ich bei der Firma Zellweger in Uster (CH). Dort aß ich, weil gerade Platz war, am selben Tisch zu Mittag wie der Motorrad-Rennfahrer Ueli Graf. Er erzählte, wie er angefangen hatte Rennen in der 50 ccm Klasse zu fahren. Das begeisterte mich sofort. Da ich keine Beziehung zur Rennerei hatte, fing ich an zu basteln.
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In dieser Werkstatt fing es an! |
Eigenbau Bremsprüfstand |
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Ein Kollege sagte mir damals, dass es einen Rennsatz für 50 ccm Kreidler Motoren gibt. Luis Zeccini in Neftenbach hatte einen solchen. Er verkaufte mir diesen für 400.- Franken. Der Motorradhändler (Bruno Albisser) von Turbenthal verkaufte mir einen Kreidler 5-Gang Motor für Fr. 250.-. Nun begann ich ein Fahrwerk zu zeichnen. Auf einer primitiven Stahlplatte mit zwei parallelen Führungsschienen entstand das Fahrwerk. Als Teleskopgabeln kaufte ich eine 50 ccm Suzukigabel. Die Verkleidung selbst wurde aus Stücken zusammengesetzt und davon ein Negativ gemacht. Als Tank goss ich einen großen Gipsklumpen. Den konnte ich bearbeiten (Form geben) und aus Polyester ein Negativ machen. Die Sitzbank baute ich im gleichen Stil. Auch die Lenkerstummel wurden selber gemacht. Probefahrt beim Bauerhaus und schon gab es Ärger mit der Polizei. Jemand klagte, wegen dem Lärm.
Weil ich meine Lizenz erst im Januar beantragte, musste ich bei den Junioren starten.
Erstes Rennen war das Bergrennen Oberhallau. Die Bremsankerplattenabstützung brach und wickelte das Bremskabel auf. Schnell half mein Bruder mit dies zu reparieren und schon startete ich zum Pflichttraining. Rennlauf gewonnen. Werner Kreis, der in der internationalen Klasse startete, gratulierte mir, weil ich nur 2 Zehntel langsamer war als er! Später rief mich Werner Kreis an, er hätte noch eine Startmöglichkeit in Jugoslawien, aber sein Zylinder sei kaputt. Dies wäre sein letztes Rennen und er möchte keinen Zylinder mehr kaufen. Ich lieh ihm meine, denn ich wollte in Hockenheim sowieso meinen neu konstruierten Kreidler Drehschiebermotor fahren. Dafür gab mir Werner Kreis die Zeichnungen für ein 6-Gang Ziehkeilgetriebe. Nun fing ich an selber Getriebe für den Kreidlermotor herzustellen. In Hockenheim brachte ich den Drehschiebermotor nicht zum laufen, die Dichtung am Drehschieberdeckel war trockengelaufen und undicht. Ein Feuerwehrmann in Hockenheim sagte mir: „Ich kenne jemand, der bringt den Motor zum laufen, der fährt auch Rennen.“ Er brachte Roland Schuster mit; denn er wohnt in Hockenheim. Er betrachtete den Drehschieber genau. Später brachte er mir einen Zylinder für den normalen Motor. Bis dieser montiert war, hatte aber das Zeittraining schon begonnen und ich konnte nicht mehr zum Start.
Nun interessierte sich Roland für den Drehschiebermotor. Er möchte auch so etwas bauen, hätte aber keine Möglichkeit. Wir einigten uns, dass ich die mechanischen Arbeiten mache (Gehäuse ausdrehen, Platte einsetzen, Wassermantel am luftgekühlten Zylinder schweißen, Ansaugstutzen drehen).
Im nächsten Jahr durfte ich einen von Schuster getunten Motor fahren. Erstes Rennen: Roland Schusters Angabe, Castrol R20 und 30 mischen. In der Schweiz war aber nur R20 und R40 erhältlich. Roland hatte mir nicht gesagt, dass das nicht funktioniert. Pleuelschaden im ersten Trainingslauf. Reparatur. Gut, ich konnte beim Pleuel-Wechsel zuschauen (abschauen). Später lief die Maschine gut. Pech beim Bergrennen Monte Generoso. Schrauben der Tellerfeder in der Kupplung lösten sich. Nur Rang 3.
Für das Finale in Hockenheim, Punktegleichstand mit Ulrich Graf, sollte ich einen revidierten Motor vom Roland Schuster bekommen. Als ich am Freitagabend in Hockenheim ankam, lag der Motor noch zerlegt in der Kiste. Roland hatte keine Zeit für den Zusammenbau gehabt! Nachtarbeit, alle alten Teile zusammenbauen. Der Frust war groß. Der Motor hatte keine Leistung. Falsche Luft am Drehschieber und der Kühler brach. Ueli Graf siegte und wurde Schweizermeister.
Da ich nun als internationaler Fahrer Konkurrent von Roland Schuster war, schraubte Roland nichts mehr für mich. Ich fuhr mit dem alten Material und der Zylinder ging folglich am GP Nürburgring kaputt. Ersatz hatte ich nicht und das Rennen war gelaufen.
Da ich in der Zwischenzeit eine 125 ccm Maico erworben hatte, versuchte ich es mit dieser Rennmaschine. Der Kühler und der Wassermantel am Zylinder waren undicht. Wieder Nachtarbeit. Beim zweiten Training streikte die von Walter Nieser empfohlene Sintermetallkupplung. Wieder Abschleppen. Im Rennen verlor ich aus lauter Übermüdung in der letzten Runde die Herrschaft über das Motorrad und stürzte.
Den nächsten WM Lauf in Frankreich konnte ich nicht fahren. Meine Maico war arg zugerichtet. Ich musste meinen Start absagen. Montag musste ich auch wieder arbeiten. Folglich kein WM Start mehr.
Weil ich keine WM Punkte errang, musste ich im folgenden Jahr wieder internationale Rennen fahren.
Lustig war immer das Rennen in Amstetten nahe Wien. Die Helfer vom Veranstalter bewunderten mich (meine Erkennung: der Schweizer mit dem grauen Opel und der roten Plane). Die rote Plane war übers Auto gelegt und vergrößerte an gesteckten Zeltstangen den Unterstand. Auch die Maschinen mit viel Eigenbau bewunderten sie.
In den Interrennen lief alles recht gut, und ich konnte im folgenden Jahr wieder in die GP Klasse aufsteigen.
Im Winter 1973/1974 bauten wir (mein Bruder und Mäni Künzli) ein neues Kreidler Fahrwerk. Tief und schmal wie die Van Veen! Auch bauten wir einen 125 ccm Eigenbaumotor. Zwei Kreidler-Motoren übereinander mit selbstgebautem 6-Gang Ziehkeilgetriebe ähnlich wie das Kreidler Getriebe. Wasserkühlung. Fahrwerk unheimlich langer Radstand, aber sehr flach. Motor versuchsweise Alu-Block dickwandig und schwer. Tests waren gut, aber nicht für Bergrennen oder enge Straßenkurse. Bei Drehzahlen über 13.000 U/min (Leistung begann bei 13.000, bis 15.500 U/min) brachen die Primärzahnräder. Ende!! Dabei hatte ich schon neue Gehäuse aus Elektron gießen lassen. Aber ich hätte noch zwei Kröber-Zündungen kaufen müssen, weil wegen den Vibrationen die Kolben parallel laufen sollten. Die Unterbrecherzündung mit einer Batterie konnte nicht genügend Spannung aufbauen. Das Risiko, dass es nicht funktioniert, war mir zu groß!
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Fritz Grob hatte inzwischen für seinen Rennfahrerbeginn eine Yamaha gekauft. Er besorgte mir einen 5-Gang Yamaha-Motor mit Kitt. Neues Fahrwerk, Nachtarbeit, mein Bruder half auch noch. Schwinge, Räder und Cerriani-Gabel vom Eigenbau umbauen und fertig war die Yamaha. Laufend verbesserte ich meine und auch die Zylinder von Fritz Grob. Erfolg am Maipokalrennen, ich war im Morgentraining hinter Gerd Bender Zweiter. Am Nachmittag brach das Kupplungskabel und gleichzeitig ging der Motor fest. Mein Bruder und Fritz Grob fuhren in der Nacht nach Hause, demontierten an Fritz Grobs Maschine die Zylinder und brachten diese nach Hockenheim. Nachts um 3 Uhr baute ich alles zusammen und erreichte am Sonntag einen super 10. Rang. Nun zeigte sich: Die Yamaha war für mich finanziell nicht tragbar!! Ich verkaufte sie Ende des Jahres an Armin Trüeb, Estay de Lac.
Bruno Tamborini (Mitarbeiter im Maico-Versuch) brachte mir im Winter von Maico einen halben Motor mit Riss im Gehäuse, 70.- DM. Gehäuse geschweißt, Drehschieber selber geändert und Zylinder (4 Kanäle) selber gegossen und bei Mahle mit Nikasyl beschichtet. Bewährte sich sofort und war standfest. Die Leistung war gegen eine Morbidelli nicht gewachsen, aber sie war zuverlässig (und mit Unterstützung von Bruno Tamburini billig).
Die Kreidler war zu diesem Zeitpunkt, weil Roland Schuster nicht mehr tunte, leistungsmäßig unterlegen.
Wieder durfte ich in die GP Klasse aufsteigen. GP am Nürburgring, wo ich auch immer das Interrennen fahren durfte. In der 50 ccm Klasse lief es gar nicht gut.
In der 125 ccm Klasse schon besser. Nach dem Start gab es im vorderen Teil einen Sturz. Strohballen lagen auf der Piste. In der letzten Runde überholte ich den 12. Platzierten und fuhr schon in Lauerstellung auch den 11. zu überholen. 10. Rang hätte endlich einen WM Punkt gegeben! Nun begann die Maico hinten zu schlittern. Ich dachte, jetzt ist etwas gebrochen. Zögerte und wollte aufgeben. Der hinter mir überholte mich wieder und ich versuchte die Maschine noch ins Ziel zu retten. Auf der Geraden vor dem Ziel setzte ich mich auf den Tank, damit das Hinterrad fast kein Gewicht mehr zu tragen hatte. Ich rettete den 12. Rang und Michelin schenkte mir einen neuen Reifen inkl. Montage.
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Mit diesem Maico Eigenbaumotor belegte ich beim GP am Nürburgring den 12. Platz
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Beim GP von Spa, Belgien, war ich noch mit dem original Malanca-Wackelstuhl am Start! |
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Im Herbst 1976 riefen mich die Leute von der Firma Haldag (Malanca Importeur Zürich) an. Sie hätten die komplette Rennabteilung von Malanca gekauft. Zwei Maschinen von Otello Buscherini und dazu mehrere Kisten mit Ersatzteilen. Was sich als Flop herausstellte. GP in Spa, Belgien. Im Training keine Leistung, Platz 36. Jemand besichtigte die Maschine und sagte mir, der Malanca Mechaniker Librenti sei hier anwesend. Er arbeitete bei einem Italiener an der 500 Suzuki. Wir fanden ihn und er erklärte mir, dass ich den schwarzen Motor zusammenbauen soll, er aber keine Zeit und keine Unterlagen hier hat. Im zweiten Training ging es vorwärts. Platz 19. Ich erklärte meinem Bruder, wir müssen die Übersetzung unbedingt länger machen. Auf der Geraden drehte der Motor 16.000 U/min und ich streckte den Oberkörper aus der Verkleidung um zu bremsen. Keine längere Übersetzung vorhanden!!! Also Notlösung: größere Düsen montieren. Der Motor ging nach dem Bergaufstück fest. Die Kolben lösten sich auch nicht nach dem Abkühlen. Abschleppen und Ersatzzylinder montieren. Der Motor klemmte erneut. Nun suchten wir wieder Librenti. Antwort: Ja, wir haben in Österreich die bestehenden Düsen ausgerieben. Zu faul und zu blöd um die Düsen zu wechseln. Ein perfekt nummerierter Düsenhalter war vorhanden. Italienische Schlamperei. Rennen zu Ende. Mit der 50 ccm Kreidler war ich kaum konkurrenzfähig. Auch klemmten die Zahnräder auf der Ziehkeilwelle und ich musste aufgeben.
Franz Hofmann baute im Winter nach den Maßkorrekturen ein neues Fahrwerk für die Malanca. Das neue Fahrwerk war aus Chrom-Molybdän-Stahlrohren gelötet. Es war noch leichter als das Buscherini Fahrwerk. Es war super zu fahren und stabil.
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Der Malanca-Motor ist eine Kopie der 125 ccm Suzuki von H.G Anscheidt. Der Unterhalt sehr teuer und aufwendig. Pleuel gingen kaputt. Drehschieberblätter brachen. Max Greuter und ich fertigen sogar Pleuel. Die Rohlinge erhielt ich von Höckle. Die Drehschieberaufnahmen wurde geändert (keine Nieten mehr). Werkzeuge mussten jede Menge angefertigt werden!
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Neue Drehschieberaufnamen (ohne Nieten) |
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Kurbelwelle von der Malanca
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Hier war der Werkzeugmacher gefordert! |
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Die Werkstatt heute: Kreidler 50 ccm, Maico 125 ccm, Malanca 125 ccm
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Van Veen Fahrwerk vor der Montage |
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Maico Fahrwerk (Eigenbau) |
Selbst gegossener wassergekühlter Maico Zylinder
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