Über die jüngere Geschichte einer Excelsior Manxman

Oder: Der lange Weg aus dem Elend

 ExcelsiorRahmannackt
Horst hatte sich 2015 auf der Veterama eine hübsch aussehende 350er Excelsior Manxman von 1936 gekauft. Richtig, das ist ein Königswellenrenner aus England, etwas durchaus Edles, im Stil von Velocette und Norton. Nach längeren Diskussionen habe ich mich überzeugen lassen, den Motor zu untersuchen und ggf. neu aufzubauen. Da spielte natürlich auch Neugierde mit, wie die Engländer wohl diesen Rennmotor konstruiert hatten. Wobei die Excelsior Motoren (auch der berühmte vollradiale Mechanical Marvel) ja eigentlich bei der Firma Blackburne gebaut worden sind.

Beim Zerlegen des Motors kommen dann auch interessante Details zum Vorschein, z.B. Rollenkipphebel, ein sehr massives Alupleuel, angeschmiedete Hauptlagerzapfen - für Mitte der 30er Jahre alles durchaus anspruchsvoll. Zugleich aber auch Ernüchterung, der Motor ist offensichtlich voll Wasser gestanden. Die Kurbelwangen und die Zylinderlaufbahn sind total verrostet, das Pleuellager ausgelaufen, und die Kipphebellagerung verschlissen. Über defekte Lager und vermurkste Gewinde braucht man sich nicht weiter aufzuregen. Also das volle Programm. Nachdem alle Teile wiederverwendbar aufgearbeitet sind, wird es beim Zusammenbau interessant: Es gibt keinerlei Markierungen im ganzen Ventiltrieb zum Einstellen der Steuerzeiten. Es ist auch ganz egal, wie man die ganzen Zahn- und Kegelräder zusammenbaut, eingestellt wird nur (mit Hilfe einer Gradscheibe) durch Verdrehen der Nocken auf der Nockenwelle. Immerhin kann einer der beiden Lagerdeckel der Nockenwelle abgenommen werden, so dass man beobachten kann, wann sich die Kipphebel zu öffnen beginnen.
 ExcelsiorGetriebeHalterung  ExcelsiorPleuelfuss
Die nächsten Schritte gelten dem Getriebe. Seltsamerweise wird bei diesen Excelsiors die Primärkette gespannt, indem das Getriebe UNTEN hin und hergeschwenkt wird, also dort wo man ganz besonders schlecht rankommt (typisch englisch?). Wohl deshalb haben irgendwelche Vorbesitzer den Befestigungsanguss am Getriebegehäuse auch derartig zernudelt, dass nichts anderes übrigbleibt, als das Ding komplett wegzufräsen, neu anzufertigen und wieder an das Gehäuse anzuschweißen. Aber auch zwei Zahnräder sind defekt und müssen ausgetauscht werden. Glücklicher Weise findet in Bremen Cord im Nachlass seines Vaters Albion-Getriebeteile, sogar in close ratio Rennabstufung. So kann auch das Getriebe wieder funktionstüchtig zusammengebaut werden. Mittlerweile sind über den Arbeiten fast zwei Jahre ins Land gegangen.

Beim Ausbau der Räder findet sich ebenfalls Übles. Vorne ist die Bremstrommel wellig und hinten rostnarbig. Also Reifen runter und ausdrehen lassen. Natürlich müssen auch die Bremsbacken neu belegt und überdreht werden.

Bald stellt sich heraus, dass in das Getriebe eingefülltes Öl unten wieder heraustropft. Getriebe wieder ausbauen (da kommt man ja soo gut ran) und zerlegen, Lagerbüchse der Nebenwelle neu abdichten und alles wieder zurück. Aber es tropft immer noch ein wenig, offensichtlich aus der Schweißnaht des neu angeschweißten Befestigungsauges. Und wieder das Getriebe raus und zerlegen. Eine gesonderte Rissprüfung steht an. Und diese erweist im Getriebegehäuse tatsächlich noch einen Riss, der geschweißt werden musste. Wieder zusammenbauen und zurück in den Rahmen. Jetzt ist es dicht. Für den Primärtrieb wird noch ein Blechdeckel angefertigt.

Weiter geht es mit dem Anbau des Drehzahlmessers. Horst will ihn in der Aussparung für den Tacho im Tank haben. Eine ordentliche Verschraubung ist hier nicht vorgesehen, also wird er in Gummi gesteckt. Die Antriebswelle geht zum Winkeltrieb im Steuergehäuse, den bauen alle anderen Hersteller außen an.

Zwischenzeitlich sind auch die Fußrastenträger mit Brems -und Schalthebel fertiggestellt und angebaut. Ist es normal, dass der Schaltautomat so schwergängig ist?

Als nächstes könnte jetzt ein Probelauf kommen. Im Dezember 2018 ist es soweit, ich bin mit der Excelsior zum Horst gefahren, in seiner Halle können wir sie laufen lassen. Nach Problemen mit einer defekten Startmaschine müssen wir raus in den Hof und schieben. Nach mehreren Versuchen (es ist empfindlich kalt) springt sie an, und läuft auch mechanisch ruhig. Aber aus dem Auspuff kommt schwarzer Qualm und zwischen Cambox und Zylinderkopf schimmert Öl. Im Vergaser findet sich eine viel zu große Nadeldüse, also nehme ich die Maschine wieder mit.

Wegen des ÖExcelsiorKolbenKönigswellelverlustes kommen der Kopf und der Zylinder nochmal runter. Die Öldurchführungen werden mit Einstichen für O-Ringe versehen und alle Dichtflächen nochmal überarbeitet. Danach alles wieder zusammenbauen und nochmal Ventile einstellen. Auf Wunsch von Horst habe ich auch noch einen Ölhahn am Öltank montiert, damit das Motoröl bei langem Stillstand nicht in den Motor sickert (hoffentlich vergisst er nie, das Ding zu öffnen).

Dann kommt der nächste Versuch. Als Startmaschine steht dieses Mal ein umgebautes Roller-Hinterteil zur Verfügung. Dieses bringt leider nur die Reifen zum Qualmen. In weiser Voraussicht habe ich aber auch meinen eigenen Rollen-Starter mitgebracht, Damit springt die Manxman gleich an und läuft ordentlich. Viel fahren kann Horst draußen im Regen nicht, aber weitere Erkenntnisse können wir sowieso nur auf einer Rennstrecke sammeln – wie beim Fußball liegt auch im Rennsport „die Wahrheit auf dem Platz…“

P.S.: Ich habe den Horst bis heute nicht gefragt, wieviel er für die Excelsior bezahlt hat.

ExcelsiorSeite rechts ExcelsiorSeitelinks

 ExcelsiorMaschinefertig

 
Text und Fotos: Gerhard Fischer 

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