Als eine der ältesten heute noch produzierenden Automobilmarken der Welt blickt Skoda dieses Jahr auf eine 125-jährige Geschichte zurück. Mit dem Mechaniker Václav Laurin und dem Buchhändler Václav Klement machten sich 1895 in Mladá Boleslav zwei junge Unternehmer mit einer Fahrrad-Reparaturwerkstatt selbständig. Nachdem die beiden nur ein Jahr später unter dem Namen Slavia eigene Fahrräder anboten hatten, brachten sie 1899 die ersten selbst konstruierten Motorradmodelle auf den Markt. An dieser werden wir einige der exotischeren Modelle der Unternehmensgeschichte vorstellen, heute das LW-Dreirad.
Bei Laurin & Klement entstand im Jahr 1905 neben der Voiturette A, dem ersten Automobil des jungen Unternehmens, auch das kompakte LW-Dreirad: Angetrieben von einem 5 PS (3,7 kW) starken wassergekühlten Einzylindermotor beschleunigte das 160 Kilogramm leichte Transportfahrzeug bis auf 40 km/h. Der Fahrer saß während der Fahrt auf einem Motorradsattel über der Hinterachse, nach vorn blickte er über die Köpfe der Passagiere oder das Verdeck des Laderaums, der bis zu 200 Kilogramm trug. Im gleichen Jahr führte das junge tschechische Unternehmen mit dem CCCC seinen ersten Reihen-Vierzylinder ein und erweiterte das Zweiradangebot um Modelle mit wassergekühlten Motoren – etwa das einzylindrige Modell LW. Es basierte auf dem populärsten Modell L und trug ebenso wie die anderen wassergekühlten Maschinen ein W für Water in der Typbezeichnung. Mit einem Hubraum von 600 Kubikzentimetern erreichte das LW eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h, fand allerdings zwischen 1903 und 1905 nur zehn Käufer: Mit seinem zylinderförmigen Kühler, dessen Rippen den Rahmen auf Höhe des Lenkkopflagers umspannten, war es den damaligen Kunden vermutlich zu kompliziert. Zum Vergleich: Für das luftgekühlte Basismodell entschieden sich im gleichen Zeitraum 965 Kunden. Erst bei den Dreirädern auf Basis des LW-Motorrads, die den Motor – anders als die Zweiräder – vor dem kettengetriebenen Hinterrad trugen, kamen die Vorteile der Wasserkühlung richtig zur Geltung: Bei den Dreirädern behinderte die Sitzposition der Mitfahrer oder die Ladebox über der Vorderachse die Zufuhr von kühlender Luft. Eine weitere Hürde, die auf dem Weg vom Motorrad zum Dreirad genommen werden musste: Durch den Hubraum von bis zu 0,8 Litern stieg auch der Widerstand zum Anlassen des Triebwerks, das damals noch durch Anschieben gestartet wurde. Das Konstrukteursteam um Václav Laurin entwickelte eine Leerlaufnabe, eine Kupplung und baute ein Zwei-Gang-Getriebe. Damit ließ sich der Motor auch bei stehendem Fahrzeug starten. Diese Innovation machte die wendigen Nutzfahrzeuge von L&K auch für Inhaber kleiner Gewerbe oder staatliche Postbetriebe attraktiv. Zur Wahl standen Motorräder mit Lastenbeiwagen oder Dreiräder, die aus bewährten Komponenten der LW zusammengesetzt wurden. Schon bald nutzten Postboten in Wien die tschechischen Modelle für den Transport ihrer Sendungen, Budapest und Prag folgten wenig später. Eine bemerkenswerte Aufzeichnung aus der damaligen Zeit belegt, wie sehr die Nutzfahrzeuge von L&K den Berufsalltag der Postboten erleichterten: Am 20. Juni 1906 gelang es dem Zusteller Kundert, innerhalb von 58 Minuten 37 Prager Briefkästen zu leeren – zu Fuß hätte er für die gleiche Aufgabe gut 2,5 Stunden benötigt. Auch aufgrund solcher Erfolge waren die L&K Modelle bald auf anderen internationalen Märkten gefragt. Im Jahr 1908 kamen einige Laurin & Klement Dreiräder des Typs LW sowie Motorräder mit Lastbeiwagen bis nach Mexiko. Ihre Einzylindermotoren unterschieden sich mit einem Hubraum von 780 ccm und einer Leistung von 5 PS (3,7 kW) von den gleichnamigen Vorgängermodellen. Als Chassis des dreirädrigen Laurin & Klement LW diente ein steifer Rohrrahmen, die Vorderachse mit einer Spurbreite von 1150 Millimetern war an zwei halbelliptischen Blattfedern aufgehängt. Der Radstand betrug 1650 Millimeter, das angetriebene Hinterrad war ungefedert. Die Bandbremse wirkte nur auf das Hinterrad, später wurden alle drei Räder verzögert. Der vor dem Motor angeordnete Wasserkühler bestand aus zwei dicht gerippten, seitlich platzierten Elementen und der Kühlkreislauf funktionierte nach dem „Thermosiphon“-Prinzip: Das leichtere Heißwasser strömte von oben in den Kühler. Mit fallender Temperatur sank es dort aufgrund seiner höheren Dichte ab und wurde unten wieder zurück zum Motor geleitet – je wärmer das Triebwerk war, desto besser funktionierte dieser Effekt. Auch der Oberflächenvergaser war konzeptionsbedingt stark temperaturabhängig. Da sich das Kraftstoffgemisch durch freie Verdunstung des Benzins in einem kleinen Behälter bildete, kam er ohne Einspritzdüse aus, jedoch gelang dies bei sommerlichen Temperaturen deutlich besser als bei Kälte. Der Vergaser war ebenso eine Eigenentwicklung von L&K wie die Zündung mit elektromagnetischem Niedrigspannungsinduktor und Kontaktunterbrecher. Für die Schmierung des Motors sorgte der Fahrer per Handpumpe zunächst selbst. Ein automatisches System mit dosierbarer Leistung kam erst später zum Einsatz, das Öl gelangte über Rohre an die richtigen Stellen. Das Leergewicht des LW-Dreirads lag bei 160 Kilogramm, die maximal mögliche Zuladung betrug 200 Kilogramm – so konnten auf einem lederbezogenen Doppelsitz zwei Passagiere Platz nehmen, die außerdem durch einen Blechunterboden vor Spritzwasser und Staub geschützt waren. Bei der Frachtvariante befand sich ein Kofferaufbau vor dem Kühler. Auf einem Rohrgestell, das der Abdeckung diente, ließen sich zudem weitere Gepäckstücke verzurren. Laurin & Klement behielt den dreirädrigen LW von 1905 bis 1911 im Programm. Vermutlich gibt es heute nur noch drei Exemplare sowie einen separaten Motor des Modells. Eines dieser Fahrzeuge ist als Leihgabe des Technischen Nationalmuseums Prag in der Ausstellung des Skoda-Museums in Mladá Boleslav zu sehen. (ampnet/Sm)
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