Aus der Schrauberszene:
Arbeiten am Dell'Orto SSI Vergaser

 

                               Aermacchi, Benelli, Ducati, Mondial, Moto Morini, Moto Guzzi oder ganz besonders MV Agusta, ein jedes italienisches Supersport- oder Rennmotorrad musste und muss mit einem Dell'Orto SSI Vergaser bestückt sein. Basta!
Diese Vergaser gingen bei Dell'Orto kurz vor dem Zweiten Weltkrieg in Produktion. Das besondere an diesen Vergasern war, dass sie aus leichtem Aluminium gegossen wurden, und natürlich die "Smooth Bore" Bauweise. Das bedeutet, dass bei voll geöffnetem Schieber (der nur aus einem dünnwandigem Rohr besteht) der Gasstrom eine glatte Bohrung durchläuft. Nur die Düsennadel ist zu sehen. So werden gegenüber anderen Vergaserbauarten Verwirbelungen reduziert, bzw. der Gasdurchfluss vergrößert.

Für mehrzylindrige Motoren wurden Mischkam
bild3mern mit rechts oder links angordneten Zusatzluftschiebern gegossen (linke sind sehr selten), eine große Vielfalt gab es bei den stets separaten Schwimmerkammern.
Unterschiedliche Anbauwinkel für Schräg- oder Fallstrom, eine Kammer für zwei Vergaser und zwei Kammern für einen Vergaser (BMW Renngespann).

Mit diesen Vergasern wurden unzählige Weltmeisterschaften gewonnen. Auch in Deutschland war in den 60er Jahren Dell'Orto ein Synonym für rennmäßige Leistung. Bei MV Agusta sind diese SSI Vergaser durchgehend von den ersten Anfängen im Rennsport 1948 bis zu den letzten Werksrennmaschinen 1974 verwendet worden. Aber diese Vergaser werden seit über 40 Jahren nicht mehr hergestellt.
Es gibt zwar in Italien Firmen, die wieder Kleinstserien auflegen, allerdings sorgen die aufgerufenen Preise für erhöhten Blutdruck. Auch für komplette, gut erhaltene Altteile werden sehr hohe Preise verlangt.


                               Anlass zur eingehenden Beschäftigung mit diesen Vergasern waren konkrete Probleme mit einer vorhandenen Vierfach-Vergaseranlage an einer 500er Quattro MV GP Replica. Trotz umfangreicher Abstimmungsarbeiten an der 29er Vergaserbatterie gelang es nicht, die Aussetzer im Teillastbereich vollständig zu eliminieren. Aus diesem Grunde hatten wir uns vorgenommen, eine möglichst authentische Anlage aus vier 27er Einzelvergasern aufzubauen.
27er deshalb, weil die 29er wohl einfach zu gro
                               ß waren und weil 27er doch gelegentlich gebraucht angeboten werden. Diese Größe war häufig an Einzylindern in den 50er und 60er Jahren verwendet worden. Tatsächlich konnten zeitnah vier Gehäuse (ohne Innereien) aus den USA, England und Deutschland zu vernünftigen Preisen erworben werden. Nach der Reinigung wurden sie, wie original bei Dell'Orto, silber lackiert.

Die mei                               sten Einzelteile, wie Mischkammereinsatz, Schieber, Hebel, Welle, Deckel, Verschraubungen, Stutzen oder Düsenstock wurden an Drehbank oder Fräsmaschine nachgefertigt. Hauptdüsen und Düsennadeln gibt es noch zu kaufen.

bild7Die speziellen Schwimmerkammern waren allerdings nicht aufzutreiben und mussten nachgegossen werden. Wobei es sich nicht lohnt, für nur einzelne zu gießende Teile regelrechte Modelle anzufertigen. Wir haben also die vorhandene Schwimmerkammer und Deckel zum Abformen modifiziert.

bild8Nach dem Abguss mussten die Teile natürlich noch bearbeitet werden.


bild9Aus Messing wurden schließlich die Schwimmer der Vergaser (vielen Dank für die Hilfe, Bernd) und Ventilsitze angefertigt, aus Edelstahl die Schwimmernadeln.

bild10 Soweit, so schön. Dieser Vergasertyp macht auch optisch was her.
bild11Aber: Die Probeläufe auf dem Prüfstand und auf der Piste müssen darüber hinaus noch zeigen, dass die Funktion der Form nicht nachsteht.

Text + Fotos: Gerhard Fischer
Vielen Dank für moralische und tatkräftige Unterstützung an Rolf Schendel und Manfred Amelang