MV
AGUSTA - Museum
- RACER - |
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Die berühmten, erfolgreichen Rennmotorräder von MV Agusta wurden vor den Fotos der wichtigen Piloten dieser Marke gruppiert. |
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MV kann mit Stolz auf 34 TT-Siege zurückblicken!
Daran erinnern zwei ACU TT Replica Trophys, die ihren angemessenen Platz zwischen den berühmten MV Racern gefunden haben. |
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125 Bialbero |
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Unmittelbar nach Aufnahme der Motorrad-Produktion begann MV Agusta, sich im Rennsport zu engagieren, und zwar in der in Italien sehr populären 125er Klasse. Natürlich basierten diese frühen MV Racer auf den Zweitakt-Serienmodellen, doch spätestens 1949 bei der erstmals ausgetragenen 125er WM wurde deutlich, dass man einen Viertakt-Motor im Rahmen haben musste, wenn MV den schnellen Mondials und Morinis Paroli bieten wollte. So entstand der erste echte, nur für den Sporteinsatz konzipierte Rennmotor bei MV, der 125 Bialbero, der 1950 in Assen erstmals von Renato Magi und Franco Bertoni und an den Start geschoben wurde. Zu dem Zeitpunkt konnte niemand ahnen, dass MV diesen Motor in seinen verschiedenen Weiterentwicklungen bis 1960 einsetzen würde, und dass er in der Zeit 34 GPs und sechs WM-Fahrertitel mit Cecil Sandford (1952) und Carlo Ubbiali ( 1955/56/58/59/60) gewinnen würde. Als sich MV aus den kleinen Klassen zurückzog von der WM nach der Saison 1960, bedeutete das immer noch nicht das Ende der Karriere der 125 Bialbero. Der letzte WM-Sieger 1960, den wir hier mit der Startnummer 14 sehen, wurde in Italien immer wieder einmal eingesetzt, zum Beispiel um das Talent von Nachwuchs-Piloten damit zu erproben, denn Domenico Agusta suchte über ein Jahrzehnt nach einem italienischen Fahrer, der die 350/500er MVs so bewegen würde, wie es bislang nur die Ausländer wie Surtees, Hocking und Hailwood vermochten. So endete die Karriere der Bialbero mit einer letzten gewonnenen italienischen 125er Meisterschaft 1964 mit Bruno Spaggiari im Sattel. |
250 Bialbero |
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Von der 125
Bialbero wurde bald ein Motor mit 175 ccm abgeleitet für die
italienische Szene der Klasse „175 Sport “, und der auf ca. 203
ccm gebrachte Motor schien erstmals aussichtsreich für die 250er
Klasse zu sein, was Bill Lomas’ Lightweight-TT-Sieg 1955
eindrucksvoll bestätigte. Allerdings ging der WM-Titel trotz
klarer Überlegenheit bei sogar 20 % Hubraumvorgabe nicht an MV
wegen Lomas’ Disqualifikation in Assen, wo er den Motor beim
Boxenstop nicht abstellte, so dass der 1-2-3-Zieleinlauf der drei
Bialberi den Titelgewinn nicht sicherte, weil das Ergebnis am grünen
Tisch zu Saisonschluss gekippt wurde. Außerdem siegte in Monza
mit Ubbiali „die falsche MV“, allerdings siegte mit Surtees in
Ulster auch „die falsche NSU“. Hermann Paul Müllers am grünen
Tisch errungener WM-Titel krönte jedoch verdientermaßen eine
Karriere, die sich weit über ein Vierteljahrhundert erstreckte.
MV
hatte sich aber fest etabliert bei den 250ern, und 1956 holte
Ubbiali den Titel, wobei der Motor zuerst auf 220 ccm gebracht
wurde. Erst am Saisonschluss 56 gab es die ersten „vollen
250er“.
Bei Startnummer 4 handelt es sich um die 250er Bialbero des Jahres
1957, der letzten Saison, in der mit der das Voderrad umschließenden Vollverkleidung gefahren werden durfte. Dieses Modell wurde völlig überraschend in der WM von der Mondial
geschlagen, bei der ausgerechnet mit Cecil Sandford der Pilot im Sattel saß, der 1952 mit der 125 Bialbero den ersten WM-Titel
überhaupt
für MV Agusta holte.
Als sich dann viele
italienische Firmen den gigantischen finanziellen Aufwand für den
Rennsport nicht mehr erlauben konnten, kam der „zweite Frühling“
der 250 Bialbero, obwohl mit
Morini und Ducati (letztere allerdings erst als 125er)
neue Konkurrenten aus dem eigenen Land erschienen.
Tarquinio Provini holte mit ihr einen weiteren WM-Titel nach
Cascina Costa, seinen einzigen für MV. |
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250 Bicilindrica |
In
den Jahren 1953 und 1954 dominierte die NSU Rennmax die 250er
Klasse, und ihr Motor enstand ursprünglich als Verdoppelung des
125er Rennfox-Triebwerks. Als MV in diesen Jahren hart kämpfen
musste in der 125er Klasse gegen die Föxe, um nicht genauso
unterzugehen wie die Guzzis gegen die Mäxe, enstand der erste
250er Twin bei MV, denn gegen die NSU Twins brauchte man mit der
auf der 175er „Corsa“ basierenden 203er überhaupt nicht
erst anzutreten. Unvorhersehbar
verschwand aber der übermächtige Konkurrent NSU nach der 54er
Saison von der WM-Bildfläche mit seinen dominierenden 125er und
250er Maschinen, so dass MV die Bicilindrica erst einmal nicht
mehr brauchte, obwohl man sie „zur Sicherheit“ beim
entscheidenden Monza-GP 1955 trainieren ließ.
Als
dann die Saison 1957 mit der Dominanz von Mondial in den beiden
kleinen Klassen MV ohne jeden Titel dastehen ließ, wurde die
Arbeit am Twin wieder forciert, doch das entscheidende Erlebnis
war die Niederlage gegen Horst Fügner’s MZ in Schweden 1958.
Nun wurde die Bicilindrica wirklich konsequent zur Rennreife
entwickelt!
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Die 250er Bicilindrica holte die WM-Titel 1959 und 1960 mit Carlo Ubbilai im Sattel. 1960 und 1961 wurde sie auch von Gary Hocking
gefahren, der damit 1961 beim GP Spanien ihren letzten GP-Sieg verbuchen konnte. Anschließend wurde sie nur noch sporadisch
eingesetzt. Der letzte Fahrer, der sie bewegen durfte, war 1966 übrigens immerhin Giacomo Agostini. |
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Zwei Jahre lang (1959/60) sahen Ubbiali’s Konkurrenten die 250er Bicilindrica aus dieser Perspektive. |
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Vierzylinder |
Conte
Domenico Agusta wollte sich nicht auf Dauer nur in den kleinen
Hubraum-Klassen mit seinen Maschinen betätigen, er hatte die Königsklasse
schon lange im Visier. Er hatte natürlich die Karriere der
Vierzylinder-Gilera verfolgt, die gewonnene Europameisterschaft
(eine WM gab es damals noch nicht, die 500er EM war damals also
der Top-Titel, den eine Marke gewinnen konnte!) 1939 der
Kompressor-Gilera, die dann von der nicht aufgeladenen
Nachkriegs-Gilera Quattro fortgesetzt wurde. Bevor diese zum
ersten Mal die 500er WM gewann mit Umberto Masetti 1950, hatte
Domenico Agusta längst deren technischen Schöpfer, Dr. Ing.
Pietro Remor auserkoren, die MV Agusta 500er zu konstruieren, und es
gelang dem Conte tatsächlich, Remor von Gilera zu MV zu holen.
Dieser entwarf sofort einen neuen Vierzylinder, der 1950 in Spa
mit Arciso Artesiani, der ebenfalls von Gilera kam, debutierte.
Die kurz zuvor in Assen erstmals eingesetzte 125 Bialbero konnte
sozusagen bei der Entwicklung der Quattro „ganz nebenbei“
mitentwickelt werden, ähnlich wie bei NSU ein Jahr später, als
die Rennfox kurzfristig als eine Zylindereinheit von der 500er
Vierzylinder abgeleitet werden konnte. |
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Die ersten 500er Vierzylinder hatten eine Parallelogramm-Schwinge hinten,
die Jahrzehnte später wieder bei Arturo Magni’s Fahrwerken wiederkehrte. Der Hinterradantrieb mit Kardanwelle wurde 1950/51 ausschließlich und 1952/53 noch sporadisch eingesetzt. |
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Bei der letzten Version des 500er Vierzylinders mit Parallelogramm-Schwinge hinten
wurde 1953 sogar noch die von Les Graham favorisierte Earles-Schwinge vorn probiert. |
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Der Motor dieser 500er von 1953 ist noch weitgehend identisch mit der Zweivergaser-Version
des Jahres 1951, obwohl die Viervergaser-Versionen ab 1952 längst eingesetzt wurden. |
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Die Parallelogramm-Hinterradschwinge ist übrigens mit einer Drehstab-Federung ausgestattet.
Das „Federbein“ beinhaltet nur den hydraulischen Dämpfer, nachdem die Vorläufer dieses
Motorrades 1950/51 noch mechanische (Reibungs-)Dämpfer verwendeten. |
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Conte Agusta löste sich
bei seinen Vierzylinder-Projekten erstmals aus dem
„Windschatten“ von Gilera, als er eine 350er von der 500er
ableitete, denn damit kam er Gilera zuvor. Das heißt aber
nicht, dass ihm das die ersehnten Pokale und Titel einbrachte,
denn erst in der Surtees-„Epoche“ wurde die 350 Quattro zum
„Winner“, und das auch erst in der dritten Saison, in der
sie von Big John bewegt wurde. Zuvor scheiterte sie regelmäßig
erst an den britischen Einzylindern, und anschließend an der
Dominanz der 350er Guzzi mit Fergie Anderson und Bill „Top
Dog“ Lomas im Sattel. Erst in der Saison 1958 holte der kleine
MV-Vierzylinder, den wir oben sehen,
den ersten WM-Titel, und das vermutlich auch nur, weil
die Maschinen, die ihn bisher vom Podium ferngehalten hatten,
nun nicht mehr antraten. 1957 zeigte Bob „Mac“ McIntyre,
welches Potenzial in der frisch entwickelten 350er Gilera
steckte. Doch Domenico Agusta hatte den längeren finanziellen
Atem und setzte die Quattros auch nach 1957 weiter ein, obwohl
er dem Abkommen der italienischen Marken, das „Wettrüsten“
zu beenden, beigetreten war. Er deklarierte das Engagement in
der MW einfach als „privaten“ Einsatz.
Er nutzte so auf ziemlich eigenwillige Art die Gunst der Stunde
und errang endlich die Abonnements-Siege mit den Vierzylindern,
von denen er schon lange träumte, und die er in den kleinen
Klassen bereits errungen hatte. |
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Auf diesen Drehzahlmesser der 350er MV Quattro schauten Piloten wie John Surtees, Gary Hocking
und Mike Hailwood. Mike kam allerdings zu spät auf die MV 350/4, um mit ihr noch Titel zu erringen,
denn ab 1962 waren die Chancen der MV im Kampf mit Jim Redman’s Honda ziemlich begrenzt. |
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Mit
den 500er MVs der frühen 60er Jahre konnte Mike „the Bike“
aber vier Titel in Folge von 1962 bis 1965 einheimsen. Damit „enthronte“
er Geoff Duke, der mit der Gilera drei Titel in Folge
errang. Da Conte Domenico Agusta Gilera stets als “Erzfeind”
betrachtete, kann man sich vorstellen, wie sehr er Mike’s vier
Titel in Serie geschätzt haben wird. Von Giacomo Agostini’s
Titeln in Serie ahnte zu dem Zeitpunkt noch niemand etwas.
Mike’s
Konkurrenten sahen seine 500er
aber fast nur von hinten. Als die Gilera 1963 wieder bei den GPs
erschien, war das ganz besonders wegen der Fahrer Derek Minter,
John Hartle und Phil Read schon eine echte Herausforderung für
Mike, die er aber souverän absolvierte. Auch als später mit
Benedicto Caldarella der letzte Gilera-Fahrer Mike wirklich
herausforderte, konnte dieser das Potential der MV komplett
ausnutzen und auch diesen letzten Gilera-Angriff problemlos
abwehren. Danach wurde Domenico Agusta nie wieder von
einer Gilera geärgert. |
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Nachdem Benelli’s Angriff mit Renzo Pasolini im Sattel auf die 350er Dreizylinder MV von Giacomo Agostini pariert werden konnte, erkannte man in Gallarate das Potential der
nun attackierenden Zweitakter und kehrte bei den 350ern zuerst zum Vierzylinder zurück.
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Nachdem sich
Honda 1968 von den GPs verabschiedete, konnte MV die beiden „angestammten“
Klassen 350 und 500 ccm für einige Jahre mit den Dreizylindern
dominieren. Es gab zwar einige nette Kämpfe mit Renzo Pasolini’s
Vierzylinder Benelli bei den 350ern, und ein einziges Mal kehrte
sogar der große Mike Hailwood zu den Motorrad-GPs zurück, um
ausgerechnet in Monza, also quasi vor der Haustür von Conte
Domenico, 1968 die 500er MV und seinen alten Widersacher Giacomo
Agostini herauszufordern. Die Herausforderung endete in der
zweiten Runde, als Mike in der Parabolica im strömenden Regen
ein letztes Mal bei einem GP zu Boden ging. Anschließend gab es
nur noch Herausforderungen von Zweitaktern, die allerdings von
Jahr zu Jahr immer heftiger wurden. 1969 war es „Little Bill“,
Bill Ivy, der sich von der Yamaha V4, mit der er zwei Vize-Titel
1968 geholt hatte, verabschiedete, um sich auf die Jawa 350 V4
zu setzen und um Ago zum Beispiel in Assen mächtig zu ärgern.
Leider kam Bill bereits beim nachfolgenden GP am Sachsenring im
Training um’s Leben. Dann erschienen schnelle
Semi-Werks-Yamahas in der 350er Klasse, und das veranlasste
MV, erneut einen Vierzylinder zunächst für die 350er Klasse zu
entwickeln, der 1971 in Monza mit Alberto Pagani im Sattel
debutierte. Als Yamaha dann MV 1973 mit einem Vierzylinder 500
angriff, wurde auch beim 500er Rennmotor das
Vierzylinder-Konzept wieder aufgegriffen. Nach Jarno Saarinen’s
(und Renzo Pasolini’s) tragischem Tod in Monza 1973 gab es
noch einmal eine Atempause für die MVs, doch im nächsten Jahr
folgte ausgerechnet MV’s Multi-Weltmeister Giacomo Agostini
als Herausforderer der 500er Quattro aus Gallarate. Bespielhaft
für die zweite Generation der Vierzylinder-Racer von MV steht
diese 500er des Jahres 1974 im Museum. Mit ihr gelang es Phil
Read, seinen im Vorjahr hauptsächlich auf dem Dreizylinder
errungenen Titel zu verteidigen. Im Gegensatz zur Situation, als
Giacomo Agostini mit dem Dreizylinder gegen die Honda Mike
Hailwood’s kämpfte und man damals der überlegenen Leistung
der Hondas das wesentlich bessere Handling der Tre Cilindri
entgegensetze, war bei den späten MV Vierzylindern stets genug
Motorleistung vorhanden, um konkurrenzfähig zu sein. Doch nun
wurde das Handling diffizil, so dass man bei MV sehr viele
Modifikationen bei den eingesetzten Fahrwerken erprobte. So ist
der hier gezeigte Rahmen nur einer von etlichen, die 1974/75
eingesetzt wurden.
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1974
lief Phil Read zu großartiger Form auf der 500er MV Quattro
auf und verteidigte souverän seinen WM-Titel, den er im
Vorjahr hauptsächlich auf dem Dreizylinder errungen hatte.
1975 waren er und die MV nach wie vor
voll konkurrenzfähig gegen die japanische Zweitakt-Übermacht
von Yamaha und nun auch noch von Suzuki, was sein
eindruckvoller Triumph in Spa nachdrücklich unterstrich. In
Imatra konnte er allen Wettbewerbern noch einmal diesen
Anblick der MV (Foto links) bieten, als er in Führung lag und
der Titelverteidigung entgegenfuhr. Doch dann fehlte er bei
der Zieldurchfahrt in der Mitte des Rennens, und in der Presse
konnte man als Ausfallsursache lesen, dass der Magnetzünder
versagt habe. In der Diskussion der Ereignisse der Saison 1975
sagte mir Phil aber, dass er nicht wisse, woher diese
Information stamme, denn der Motor der MV habe nicht erst
ausgesetzt, sondern „auf einen Schlag“ gestanden, was ihn
ziemlich unsanft aus seinen Titelverteidigungs-Träumen
gerissen habe.
Richtig war aber auf jeden Fall, dass der immer noch vor dem
Kurbelgehäuse angeordnete Magnet und der mit ihm kombinierte
Verteiler empfindlich auf Nässe reagieren konnte, denn bei
Regen wurde die Motorfront natürlich von der Gischt des
Vorderrades richtiggehend „abgeduscht“. Im Folgejahr
traten die MVs endlich mit einer zeitgemäßen elektronischen
Zündanlage an. |
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Dreizylinder |
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1965 beim großen Preis von Deutschland gab es gleich zwei bemerkenswerte
Debuts bei MV Agusta:
Nachdem selbst der große Mike Hailwood sich genauso lang bei den 350ern der schnelleren Honda mit Jim Redman beugen musste wie er die 500er Klasse mit der MV dominierte, erschien MV am Nürburgring mit der neu entwickelten 3Zylinder 350er, und das mit einem neuen Piloten, der im Vorjahr Trarquinio Provini auf der legendären 250er Morini nachfolgte: Giacomo Agostini.
Als er völlig überraschend seinen allerersten GP auf einer MV gewann, ahnte noch niemand, dass man nicht nur den zukünftig erfolgreichsten Champion auf einer MV gesehen
hatte, sondern dass er sogar der erfolgreichste Motorrad-Rennfahrer aller Zeiten werden würde. Die Dreizylinder MV feierte allerdings damit auch eine Premiere, die ihr in der Geschichte der Rennmotorräder gebührt: ein Sieg beim allerersten GP! „Ago“ verpasste dann 1965 den 350er Titel gegen Redman’s Honda nur ganz knapp, und es sollte noch bis 1968 dauern, bis diese MV einen WM-Titel erringen würde. Hingegen musste MV schon 1966 die hubraumgrößere Schwester aufbieten, um ein konkurrenzfähiges Motorrad gegen die Herausforderung der Honda RC 180 unter Mike Hailwood und Jim Redman an den Start bringen zu können. Kaum jemand hätte einen größeren Betrag auf die Kombination Agostini/MV Agusta in der Halbliter-Klasse am Saisonanfang 1966 gewettet, doch Ago gelang es, seinen ersten WM-Titel bei den 500ern zu holen, und zur weiteren Überraschung aller Interessierten verteidigte er den Titel 1967 sogar! Daher musste Honda noch eineinhalb Jahrzehnte warten, bis Freddie Spencer den ersten Halblitertitel für diese Marke holen konnte! In der 350er Klasse war Giacomo Agostini allerdings zwei Jahre lang ziemlich chancenlos gegen Hailwoods RC 173 und RC 174, bis Honda ab 1968 eine Rennpause einlegte. Die von 1965 bis 1973 währende Ära der MV Tre Cilindri wird im Museum durch eine 500er aus dem Jahr 1970 repräsentiert. MV hatte sich mitlerweile entschlossen, bewährte Zubehörteile zu verwenden und nicht mehr alles selbst herzustellen. So wurden die eigenen Naben und Gabeln durch Teile von Ceriani ersetzt.
Der wesentliche Schritt in die richtige Richtung, um leistungsmäßig wieder konkurrenzfähig zu werden, war allerdings im Zylinderkopf der Dreizylinder-Motoren verborgen:
Während die Vorgänger-4Zylinder-Motoren konstruktiv noch prinzipiell aus den frühen 50er Jahren stammten, mit Zweiventil-Konzepten und recht großen Ventilwinkeln, die sich nicht wesentlich von der Ur-Vierzylinder von Gianni Remor unterschieden, orientierte sich der Dreizylinder endlich am Stand der Technik der zeitgenössischen Hochleistungs-Viertaktmotoren mit Vierventil-Konzept und engem Ventil-Winkel, wie es von Honda schon jahrelang vorexerziert wurde, und wie es auch bei den zeitgenössischen Rennmotoren in der Automobilwelt Standard geworden war. |
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Sechszylinder |
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1956 gelang es John Surtees, endlich den ersehnten ersten 500er WM-Titel nach Gallarate zu holen,
allerdings nur, weil der ab 1953 dominierende Geoff Duke auf der Gilera nach dem niederländischen GP in Assen gesperrt war.
1957 setzte sich Gilera erneut durch, nun mit Libero Liberati.
Domenico Agusta ahnte, dass seine Vierzylinder solange nicht dominieren würden, wie die Gileras an den Start geschoben würden,
und so erteilte er folgerichtig den Auftrag an seine Rennabteilung, einen 500er Sechszylinder zu entwickeln, um endlich die Gileras entscheidend schlagen zu können.
Außerdem war zu befürchten, dass Guzzi die V8 zur Rennreife entwickeln würde, und dann hätte sich leicht die Situation einstellen können, dass die Gilera gar nicht mehr der zu schlagende Gegner gewesen wäre.
Was
Domenico Agusta
nicht ahnen konnte, war, dass spätestens im Jahr 1957 fast allen italienischen Rennställen klar wurde, dass sie sich die Budgets für die
Rennbeteiligung nicht mehr erlauben könnten, denn auch in Italien verloren die traditionellen Motorradmarken viel von ihren Marktanteilen an die modernen
kleinen PKWs. Damit war den Firmen der Boden entzogen worden, sich die finanziellen Aufwendungen für den Rennsport leisten zu können.
So entschieden sich Guzzi, Gilera und Mondial nach der 57er Saison, eine Rennsport-Pause einzulegen. MV war ursprünglich ebenfalls bei dem
Abkommen dieser Marken dabei, gemeinsam aus dem Rennsport auszusteigen, doch konnte Domenico Agusta nicht der Versuchung widerstehen,
nun endlich die Erfolge einzuheimsen, die man gegen starke Gegner nicht erringen konnte.
Dazu reichten allerdings die schon vorhandenen Vierzylinder, so dass der weitestgehend fertige Sechszylinder nicht mehr benötigt wurde.
John Hartle trainierte mit dem Motorrad einige Male in Monza, und dann verschwand es im MV-Magazin, bis es wieder im Museum ausgesellt wurde.
In den 60er Jahren erinnerte man sich bei MV an das Sechszylinder-Konzept, das ja schließlich zwischenzeitlich von Honda erfolgreich eingesetzt wurde.
Daher entwickelte man einen neuen Sechszylinder, um den Hondas unter
gleichen Voraussetzungen begegnen zu können. Hondas Entschluss, ab 1968
nicht mehr bei den GPs anzutreten, haben das Projekt überflüssig gemacht. Dennoch entwickelte MV das Konzept fertig bis zur Rennreife,
und Angelo Bergamonti durfte 1971 in Riccione damit antreten.
Leider besitzt das MV-Museum kein Exemplar dieses letzten MV Sechszylinders. Ein derartiges Motorrad ist aber oft bei den wichtigen historischen Veranstaltungen zu sehen. |
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125 Monoalbero |
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Als Cecil Sandford in der 52er Saison
unterwegs war zu seinem und zu MVs erstem WM-Titel mit der
125 Bialbero, entstand bei MV ein 125er Production Racer,
die 125 Monoalbero.
So konnte MV den Erfolg mit den Werksmotorrädern gleich in
einen kommerziellen Erfolg ummünzen, doch die sportliche
Bilanz der Monoalbero blieb eigentlich ziemlich
bescheiden.
Sie war eigentlich gar nicht für die GPs gedacht, sondern
eher für die italienische Szene der „Formula Sport“,
und von Anfang gab es eine Version, die für die in der
italienischen Meisterschaft vorgesehenen
Langstecken-Rennen ausgerüstet war, wo man z. B. eine
Lichtanlage benötigte. Das im Museum vorhandene
Exemplar besitzt auch den zu dem Zweck notwendigen
Wechselstrom-Generator auf dem linken Kurbelwellenzapfen,
aber das Motorrad selbst besitzt nicht die zur
Langstreckenversion gehörende Ausrüstung wie
Batterie, Scheinwerfer, etc.
Drei Jahre lang blieb die Monoalbero im MV
Agusta-Verkaufsprogramm, aber MV musste einiges an zusätzlichem
Aufwand betreiben, um sie in dieser Zeit einigermaßen
konkurrenzfähig zu halten. Für die italienische Szene
gab es Zylinder, Köpfe und Kolben, um sie in der 175er
Klasse und mit 203 ccm auch bei den 250ern einzusetzen,
und für die 125er WM wurde ein dohc-Kopf konzipiert, von
dem laut Arturo Magni
nur 15 Exemplare zum Einsatz kamen.
Es ist ganz einfach, die auf Bialbero umgerüstete
Monoalbero von den „Bialberi ufficiali“, den
Werks-Doppelnockern zu unterscheiden: Beim Monoalbero gibt
es die Zahnrad-Kaskade bis zum zentralen Zahnrad, das
direkt auf der Nockenwelle sitzt. Diese Kaskade wird natürlich
beibehalten, wenn der für den Monoalbero konzipierte
dohc-Kopf verwendet wird. Die Kaskade des Werks-Bialbero
verzweigt sich jedoch vorher zu einem „Y“, so dass an
der Stelle, wo sich beim Monoalbero die Nockenwelle
befindet, bei der Werks-Doppelnocken-Kaskade kein Zahnrad
angeordnet ist. So kann man leicht die dohc-MVs einschätzen,
die heute oft als „Werksmaschinen“ bezeichnet werden,
in Wahrheit aber mit dohc-Kopf ausgestattete Monoalberi
sind.
Ein derartiger dohc-Kopf gelangte damals nach Deutschland
auf den Motor der Monoalbero von Karl Lottes, die anschließend
an Fritz Lecke und dann an Siegfried Spieß und Gerhard Mitter ging, bis sie in der Ausweisklasse
noch lange von Dieter Sander eingesetzt wurde. Von dort kam
die auf Bialbero umgerüstete Monoalbero in’s Museum
Helmerding in Bad Oeynhausen, von wo sie der Hannoveraner
Sammler Karl-Heinz Pawils von Bartholomaei erwerben
konnte.
Die 125er Monoalbero gewann in einem „getarnten“ Werkseinsatz
immerhin zweimal die italienische 125er Meisterschaft der
Kategorie „Sport“ mit Ernesto Brambilla im Sattel, und
anschließend folgten noch zwei Titel bei den Junioren,
aber in der WM waren zu viele Werksmaschinen vieler Marken
unterwegs, so dass die Monoalbero dort keine nennenswerte
Erfolge erringen konnte. Aber dazu war sie ja auch ursprünglich
nicht gemacht worden. |
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Neben der 53er Quattro 500
fällt die schmale Silhouette der
Monoalbero besonders auf. |
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Hier ist das Feder/Dämpfungssystem für das Vorderrad sehr schön zu erkennen:
Die 125 Monoalbero besitzt nämlich ein zentrales Federbein zwischen den Gabelholmen. Auf den Einsatz auf der Langstrecke deutet auch der Abgas-Schalldämpfer hin, denn im GP-Sport wurde natürlich ein Megaphon verwendet! |
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125 Disco Rotante 1965 |
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Nach dem Rückzug von MV Agusta aus der 125er GP-Szene tobte dort der Kampf zwischen den Zwei- und Viertaktern, in dem Honda letztendlich bis zum Fünfzylinder RC 148/149 aufrüsten musste, um zuerst die MZ und den Suzuki-Twin und dann die Yamaha V4 bis 1966 in Schach zu halten. Für MV Agusta war klar, dass die Zeit des Bialbero nach genau einem Jahrzehnt der Weiterentwicklung abgelaufen war. Ducati versuchte, den gleichen Weg zu gehen wie Honda und konzipierte einen 125er Vierzylinder Viertakt-Rennmotor. Schließlich hatte man in Borgo Panigale mit Viertaktern begonnen direkt nach dem Krieg. MV Agusta hingegen hatte mit Zweitaktern begonnen, und so zeigte man sich erstaunlich flexibel in Cascina Costa, in der Mitte der 60er Jahre einen neuen Anlauf in der 125er Klasse mit einem Zweitakt-Rennmotor zu unternehmen.
Die letzte 125er Meisterschaft des Bialbero mit Bruno Spaggiari 1964 war international nicht viel wert, denn wäre ein italienischer Pilot in den Diensten einer japanischen Marke gestanden und hätte das Ding daheim in der Meisterschaft eingesetzt, dann hätte der seit fünf Jahren nicht mehr weiterentwickelte Bialbero nichts mehr zu bestellen gehabt. Erstaunlicherweise konnten sich die heimischen Zweitaktkonkurrenten z. B. von Parilla zu dem Zeitpunkt noch nicht durchsetzen.
MV holte Peter Dürr für das 125er Zweitakt-Projekt, das im Laufe des Jahres
1964 entstand. Der konzipierte einen teilwassergekühlten liegenden Einzylinder-Drehschieber-Motor mit Siebengang-Getriebe und Pumpenschmierung, und der wäre vielleicht sinnvoll in der italienischen Meisterschaft einzusetzen gewesen, doch in der WM war er schon chancenlos gegen die japanischen 125er. Die sporadische Entwicklung blieb bei angeblich 21 PS und 12000 1/min stecken, und das reichte kaum, um die Bialbero abzuhängen. So brauchte Bruno Spaggiari keinen Gedanken an die Titelverteidigung der 125er Meisterschaft zu verschwenden, denn das Motorrad mit dem wunderschönen Doppelschleifen-Rahmen und der mechanischen Campagnolo-Scheibenbremse im Vorderrad wurde einige Male im Training gefahren, aber eine echte Rennreife erlangte es nie.
So wurde es schon im Laufe des Jahres beiseite gestellt, was angesichts der Tatsache ziemlich naheliegend war, dass MV 1965 auch den völlig neuen 350er Vierventil-Dreizylinder erstmals einsetzte, und der war durchaus in der Lage, die Honda RC 172 unter Jim Redman ernsthaft herauszufordern. So war es völlig verständlich, dass sich MV Agusta nach dem gescheiterten Zweitakt-Experiment fortan komplett auf die beiden großen Grand Prix-Klassen konzentrierte. Vielleicht hätte Peter Dürr dem Motor besser eine Wasserpumpe spendieren sollen statt der Ölpumpe? Wir werden es hoffentlich bald einmal mit ihm diskutieren können! |
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