Flotter Dreier  

die Story der Suzuki XR11
und ihrer Fahrer


von Karl Hübben

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Teil 3 - 1975


Das Jahr 1975 sollte endlich  wieder das volle Pogramm der FIM Formel 750 mit neun Läufen in Europa und einem in Amerika sehen. Das Daytona Spektakel wurde in den Kalender der FIM Formel 750 aufgenommen, da viele Spitzenfahrer aus Europa sowieso teilnahmen, schon allein wegen der Preisgelder und natürlich auch wegen des Stellenwertes, den das Rennen für die teilnehmenden Hersteller hatte. In Amerika hingegen bestand die ganze AMA Meisterschaft nur noch aus vier Veranstaltungen und nachdem der Lauf  in Atlanta, der im Juni stattfinden sollte, ersatzlos gestrichen wurde, waren es nur noch drei.
Im Jahr zuvor hatte die AMA vordergründig beschlossen, die in Amerika hinter den Dirt-Track- und Cross-Rennen eigentlich drittrangige Straßenrennserie weiter nach vorn zu bringen. Dazu wollte man zuerst mal mehr Geld von den Sponsoren und Rennstreckenbetreibern, die einen Lauf ausrichten wollten. Bei einigen Rennstrecken wie z.B. Road Atlanta oder Loudon (New Hampshire), die wegen ihrer eher ländlichen Lage sowieso nicht gerade mit Zuschauermassen gesegnet waren, führte dieser Beschluss praktisch zum Rausschmiss aus der Serie. Der eigentliche Hintergrund für diese Maßnahmen lag wohl am starken Einfluss des Harley-Davidson Managements auf die AMA, in den Straßenrennen hatten die Harleys nämlich nichts zu melden. Man wollte, dass ein Gesamtsieg in der All American Championship, also der Wertung aus allen drei Disziplinen, auch ohne Teilnahme an den Straßenrennen möglich wurde. Bei den Dirt-Trackern und Crossern konnten die Harleys ja mithalten.
Es blieben also nur drei reine Straßenrennen übrig, zu wenig für echte Straßenspezialisten, auch zu wenig für den großen Aufwand, den Suzuki USA mit Unterstüzung des Werkes aus Japan betrieb. Zumal die Verantwortlichen von Suzuki USA eigentlich sowieso nicht gerade rennbegeistert waren und nur auf  Wunsch und mit tatkräftiger Unterstützung des Werkes überhaupt teilnahmen. Suzuki hatte ja auch kein Werksteam für die Dirttrack Saison, wie es z.B.Yamaha damals unterhielt. Da wurden die paar Straßenrennen praktisch so nebenher ohne großen Mehraufwand mit durchgezogen. Den Suzuki-Ausstieg aus der AMA Serie für das nächste Jahr 1976 pfiffen also schon die Spatzen von den Dächern.
Dabei hatte man die Technik für das Jahr 1975 noch einmal  kräftig weiterentwickelt. Parallel zur Fahrwerksentwicklung der RG500 hatte Chefentwickler Makato Hase (aus seiner Feder stammte auch das RG500 Triebwerk) auch dem Rahmen der XR11 nun stark geneigte Stoßdämpfer, die eine gewisse Progressivität im Feder-Dämpfer-Verhalten der Hinterachse

So sahen die 1975er XR 11 aus, auffällig der "abgespeckte" Zylinderblock, 

Daytona 1975

ermöglichen sollten, und dazu eine kräftige Kastenprofil-Hinterradschwinge spendiert. Der Rahmen war nach den Erfahrungen aus dem Jahr 1974 nochmals verbessert worden, und über die  Fahrwerksseite kamen nun keine Klagen mehr von den Fahrern. Es wurden plasmabeschichtete Bremsscheiben an der Vorderachse verwendet. Der Zylinderblock, der ja nach dem neuen Reglement nicht mehr der Serie entsprechen musste, wurde neu gestaltet, d.h. es wurde jede Menge Aluminium weggelassen. Durch die reichliche Verwendung von Titanschrauben und -muttern konnte das Gewicht auf 148 kg (trocken) gesenkt werden. Außerdem bekamen die Fahrer endlich das lang ersehnte Sechsganggetriebe. Dazu musste aber auf die Ölpumpe auf dem Motorengehäuse verzichtet werden, da ein Antrieb der Ölpumpenschnecke mit dem neuen Rädersatz nicht möglich war. Oftmals waren die Mechaniker schon vorher dazu übergegangen, die Motoren ohne die bei den Rennmotoren nur für die Wellenschmierung und zu diesem Zweck fest eingestellte Pumpe laufen zu lassen. Dazu waren jedoch auch einige Modifikationen an der Kurbelwelle nötig. Die bei der Pumpenschmierung verwendeten Ölleitbleche mussten entfernt werden, damit der Ölnebel aus dem angesaugten Gemisch die Hauptlager der Kurbelwelle erreichte. Das Mischungsverhältnis wurde auf 1:20 angehoben. Die Kupplung bekam noch einmal eine neue Betätigungseinheit. Diesmal wurde ganz auf einen Deckel verzichtet.

So sah die letzte Ausführung
der Kupplungsbetätigung aus
 

Trotz all dieser Maßnahmen war klar, dass das Motorkonzept an seinen Grenzen angekommen war. Vor allem die Drehzahl der Dreizylindermotoren konnte wegen der gefährdeten Pleuel nicht weiter gesteigert werden. Die Fahrer waren angehalten den Motor nicht über 8500 U/min zu drehen. Oberhalb dieses Wertes konnte es vorkommen, dass ein Pleuel fluchtartig das Gehäuse verlassen wollte. Das Yamaha Vierzylinderkonzept war ja noch in der Entwicklung. Und trotzdem war die  Leistungsausbeute bei einigen Maschinen in diesem Jahr schon besser als bei den Suzuki Werksmotoren, die in dieser Entwicklungsstufe etwa 115-120 PS (je nach Verdichtung) am Hinterrad leisteten und die damit die 300km/h Grenze knackten. Entwicklungsingenieur Makato Hase sah das Haupthindernis für weitere Leistungssteigerung im Kanaldesign des Zylinders. Bei seiner Bauform ließen sich keine größeren Überstomkanäle und vor allem nicht mehr als zwei unterbringen. Da war jetzt also das Fahrwerk endlich brauchbar und dann fehlte das, was man zuvor im Überfluss gehabt hatte: die Leistung! Dennoch sollte die XR11, natürlich dank einiger ihrer überragenden Fahrer, doch noch Siege einfahren.


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