Flotter Dreier die Story der Suzuki XR11 und ihrer Fahrer |
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Teil 3 - 1975 |
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Europa In Europa blieben die Teams
auch nicht unverändert für die Saison 1975.
Das Castrol Suzuki GB Team, dieses Mal wieder unter Führung von Rex
White, war wie im Vorjahr mit Barry Sheene und Stan Woods besetzt,
zusätzlich kam John “Noddy“ Newbold neu ins Team. Die FIM Formel
750, die MCN Superbikeserie und die Shellsport Championships waren die
Haupteinsatzgebiete. Darüber hinaus sollten Woods und Newbold, wenn die
anderen Aufgaben es zuließen, auch in der 500er Weltmeisterschaft als Unterstützung
für die mit Werksvertrag fahrenden Sheene und Lansivuori antreten. Dafür
stand für Stan Woods eine RG500 (XR14) und für John Newbold eine
zweizylindrige TR500III zur Verfügung. Sheene und Woods bekamen neue 1975er
TR750 Maschinen, und für Newbold wurde eine XR11 aus einem 1974er Rahmen und
einigen Ersatzteilen zusammengesteckt.
Stan Woods hatte noch im
Herbst 1974 für sich eine XR11 aufgebaut, die auf einem der 1974er
Kanemoto-Rahmen für Gary Nixon basierte. Barry Sheene hatte den Rahmen mit
nach Europa gebracht, weil sein Freund ihn nach dem Unfall auf dem Suzuki
Testkurs in Japan nicht mehr brauchte. Er überließ den Rahmen
seinem Teamkollegen mit den Worten : „Der taugt sowieso nicht für die
englischen Kurzbahnen“. Stan Woods konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht
wissen, dass er diesmal mit dem neuesten Modell ausgerüstet wurde, hatte er
doch Anfang 1974 seine alte 1973er XR11, mit einigen neuen Teilen
modifiziert, weiterfahren müssen. Nach seinen Stürzen in Mallory Park und
Imola, wo seine 75er XR11 zuerst einmal total zerstört wurde, kam die
selbstaufgebaute Maschine nach weiteren Unfällen mit seiner 75er Maschine später
im Jahr und auch nach seinem Weggang von Suzuki (z.B. beim Ulster Grand Prix
1976) noch zum Einsatz. Und sie war ganz prima, gerade auf den englischen
Kurzbahnen, erzählte mir Stan Woods.
Auch Rob Bron, der schon am
Anfang der Siebziger gute Platzierungen mit der luftgekühten Zweizylinder XR05
TR500 erreicht hatte, fuhr in diesem Jahr eine mit einem Rahmen des Niederländers
Nico Bakker versehene TR750. Auch er war wie Marcel Ankone vom niederländischen
Verband für das Rennen in Daytona extra mit einer silberfarbenen(!) und mit
blau-weiß-roten Streifen versehenen Lederkombi ausgerüstet worden. „Wir
haben ausgesehen wie die Astronauten“ (Orginalton Marcel Ankone). In diesem
Jahr 1975 hat auch Boet van Dulmen mit einer 1974er XR11 an den nationalen
Rennen in den Niederlanden teilgenommen und auch einige Formel 750 Auftritte
gehabt.
Nach dem Rennen in Daytona,
das ich ja schon geschildert habe, war das Rennen in Imola der zweite Termin
im Kalender der Formel 750. Vorher fanden jedoch die, im
Jahr 1975 von der Glimmstengelmarke “John Player“ gesponsorten,
Transatlantic Match Races statt. Es gab im Gegensatz zu den Vorjahren diesmal
nur zwei Rennen mit jeweils zwei Läufen, Oulton Park und Mallory Park. Und
nun gewannen die Amerikaner zum ersten Mal das Match mit 278 zu 243 Punkten
gegen die Engländer, bei denen neben Stan Woods und John Newbold auch Percy
Tait und P.Mahoney zur Mannschaft
gehörten. Sheene lag ja noch in Gips. Stan Woods, der in Oulton Park als
einziger Engländer einen der vier Läufe gewinnen konnte, stürzte in Mallory
Park und verletzte sich die rechte Hand. Da hatte die amerikanische Manschaft
um Kenny Roberts (er gewann die anderen drei Läufe), Gene Romero und Co.
etwas leichteres Spiel. Punktbester, allerdings ohne einen Lauf zu gewinnen,
wurde Dave Aldana, der auf Barry Sheene’s XR11 antrat.
Zu den Rennen um die
Transatlantic Trophy kamen auch zwei der neuen Kawasaki KR750 über den Teich
nach Europa, die von Barry Ditchburn und Mick Grant im Kawa-Team von Stan
Shanton für die englischen Farben eingesetzt werden. Die neuen Maschinen
litten aber noch sehr unter einigen Kinderkrankheiten und konnten sich erst im
Mai beim nordirischen North West 200 und später im Juni bei der Open Classic
TT auf der Isle of Man zum ersten mal so richtig in Szene setzen, wo Grant mit
einem Schnitt von 177 km/h den alten absoluten Rekord von Mike Hailwood
regelrecht pulverisierte. Er wurde bei Creg-ny-baa mit über 300 km/h gemessen.
Zurück zum Rennen in Imola,
wo keiner der arrivierten Suzuki Piloten punkten konnte. Privatfahrer Abbondio
Sciaresa, nur für dieses Rennen auf einer XR11 engagiert, holte zwei Punkte für
die Suzuki Farben, John Newbold wurde 15. in seinem ersten Formel 750 Rennen
und das, obwohl er die meiste Zeit wohl ohne Vorderradbremse fuhr. Stan Woods
stürzte und verletzte sich wieder die rechte Hand und das rechte Bein so
schwer, dass er bis zum schwedischen Formel 750 Lauf immer wieder aussetzen musste.
Johnny Cecotto gewann beide Läufe und führte das Klassement vor Steve Baker
an. Als das Team auf die Insel zurückkehrte,
hatte die Heron Cooperation das Kommando bei Suzuki GB übernommen. Zum nächsten
Formel Lauf im belgischen Mettet wurden die Maschinen mit einem zusätzlichen
gelben Streifen und einem Heron Aufkleber auf der Verkleidung versehen. John
Newbold konnte zum ersten Mal punkten, 6. Platz hieß 5 Punkte und das mit
eingerissenen Auspuffen und einem
gebrochenen Schalthebel. Er kam als einziger Suzuki Fahrer in die Wertung,
denn Sheene, seit dem GP von Österreich (also gut acht Wochen nach seinem
Horrorcrash) wieder im Sattel, wurde Zweiter im ersten Lauf, fiel aber im
zweiten wegen eines gebrochenen Auspuffs aus. Stan Woods war wegen seiner Hand
nicht am Start, obwohl er eine Woche zuvor bei seinem GP Debut mit der RG500
in Hockenheim einen guten 5. Platz erreicht hatte. Teuvo Lansivuori war voll
in der 500er Weltmeisterschaft beschäftigt und startete erst im, mit dem GP
am selben Ort und am selben Wochenende ausgetragenen, schwedischen Formel 750
Lauf auf seiner Dreizylindermaschine. Das Rennen auf der ultraschnellen
belgischen Straßenstrecke gewann der von seinen Landsleuten auch „le
petit prince de la moto“ genannte Patrick Pons mit einem Gesamtschnitt von
190,89 km/h(!) aus beiden Läufen.
Die nächste Runde war Magny Cours in Frankreich. Sheene
schlug alle Gegner aus dem Feld und das trotz gerissener Auspuffe (ein
Problem, das in dieser Saison immer wieder auftrat). Newbold hatte
Nachtankprobleme und verlor Zeit, weil die Mannschaft das Equipment nicht
parat hatte, 5. Platz. Nach Schweden wollte Stan Woods unbedingt mitfahren, mit
Vorrang für den Formel 750 Lauf. Aber während andere Fahrer den Veranstalter
mit Forderung
Statt dessen startete man beim
Hutchinson 100 in Brands Hatch. In allen vier Rennen (3x750,1x500), darunter
auch ein Lauf zur MCN Superbike Serie (die übrigens im Gegensatz zur Formel
750 nur Hubräume von 501ccm bis 750ccm zuließ), gewann Sheene. Diese Rennen,
wie auch das Race of the Year in Mallory-Park, das er auch in diesem Jahr
gewann, oder das Race of the South in Brands Hatch, waren international gut
besetzt und hatten entsprechende Preisgelder zu verteilen. Nur von der Isle of
Man hielt sich Sheene strikt fern: Zu gefährlich meinte er, zu wenig Geld
meinten seine Kritiker !?! In Finnland konnte keiner
seiner direkten Konkurenten wie Patrick Pons, Jack Findlay oder Johnny Cecotto
(alle Yamaha TZ750) Boden gutmachen. Gewonnen hat der Lokalmatador Tapio
Virtanen (Yamaha TZ350) vor dem tapfer kämpfenden Tepi Lansivuori auf
seiner Suzuki XR11. Auch den britischen Lauf zur
Formel am 9.u.10. August in Silverstone gewann Barry Sheene nach einem 4.
Platz im ersten und einem 1. Platz im zweiten Lauf. Er hatte sich einige
Runden lang heftig mit seinem Namensvetter Barry Ditchburn auf Kawasaki
gekabbelt, der nach einem fünften Platz im ersten Durchgang beim zweiten Lauf
hinter Sheene auf dem zweiten Platz fuhr. Tepi Lansivuori wird Gesamtzweiter
mit zwei dritten Plätzen und John Newbold fällt wieder aus. Der Sieger des
ersten Durchgangs Johny Cecotto, hat mit seiner Yamaha TZ750 Probleme. Als
man ihm bei
Yamaha keine Ersatzteile geben
will und einen Ersatzmotor erst so spät anbietet, dass keine Zeit mehr zum
Einbau bleibt, reißt er wutentbrannt seine Yamaha Patches von der Kombi und
erscheint im zweiten Lauf mit Lansivuoris Ersatz XR11 auf der Startlinie. Es nutzte nichts, Kopfdichtung durchgeblasen. Er fuhr natürlich
die restliche Saison wieder auf seiner Yamaha. In Assen im vorletzten Lauf
der Saison sollte Sheene, der jetzt mit 45 Punkten in der Gesamtwertung klar
vor allen anderen lag, keine Punkte bekommen. Ständige Fehlzündungen plagten
seinen Motor. Newbold wurde 3. und Stan Woods wurde nur 11. in diesem Rennen.
Jack Findlay (Yamaha TZ750) wurde hinter Yvon DuHamel, der extra für dieses
gut dotierte Rennen nach Europa kam und auf seiner wassergekühlten Kawasaki
KR750 beide Läufe gewann, zweiter in der Wertung und bekam 12 Punkte dafür.
Das machte zusammen 36 Punkte für ihn. Als sich Barry Sheene beim nationalen
Meeting in Cadwell Park das Bein brach, hatte er also 9 Punkte Vorsprung vor
Jack Findlay. Dieser musste jetzt nur(!) noch als Dritter ins Ziel des letzten
Laufes in Hockenheim fahren, um Barry Sheene den sicher geglaubten Titel noch
abzujagen. Das wollte die Suzuki Mannschaft unter allen Umständen verhindern.
Zur Verstärkung holte man John “Willie“ Williams ins Team, der Sheenes
XR11 fahren sollte. Man musste sicherstellen, dass Jack Findlay nicht besser
als auf dem vierten Platz ins Ziel käme. Das wäre auch fast gelungen, aber
eben nur fast. John Newbold entschied sich
wegen des schlechten Wetters für Regenreifen im ersten Lauf, aber die Reifen
bauten so weit ab, dass Jack Findlay ihn überholen konnte und auf den dritten
Platz fuhr. Newbold glaubte, dass es reichen würde, wenn er im zweiten Lauf
vor Findlay ins Ziel käme. Er schaffte es auch, aber es reichte eben nicht.
Findlay wurde Dritter in Hockenheim und gewann mit vierzig Jahren(!) den Titel
im FIM Formel 750 CUP. John Williams hatte seine Aufgabe übrigens glänzend
erfüllt, er wurde zweimal Zweiter hinter Patrick Pons. Wir werden noch
einiges von ihm hören, im nächsten Teil der Geschichte.
Bei seiner Rückkehr nach
England wollte John Newbold seinen Teamkollegen sofort im Krankenhaus besuchen,
um ihm die ganze Geschichte persönlich zu erklären. Aber er kam nicht an
Sheene heran und hinterließ nur eine Nachricht. Als er wieder aus dem
Hospital herauskam, war sein Transporter von der Polizei abgeschleppt worden,
es war nicht Noddys Tag. Es brauchte einige Zeit, bis Barry’s Zorn auf ihn
verraucht war, aber zu nicht zu seinem Team gehörenden Rivalen war Sheene
immer fair und er gönnte Jack Findlay den Titel wirklich. In der Formel 750 wird Barry
Sheene also Zweiter und John Newbold Fünfter. Barry Sheene’s Ausfall hatte
auch Auswirkungen auf die nationalen Rennserien, denn man konnte zwar Mick
Grant den MCN Superbike Titel
nicht mehr wegnehmen, aber den zweiten Platz konnte man schon für Barry
verteidigen. Zur letzten Runde beim “Race of the South“ in Brands Hatch
wurden alle Register gezogen und der schlitzohrige Altmeister Percy Tait
engagiert. Und sogar Barry Sheene’s “bester Freund“ Phil Read bekam auf
diese Weise doch noch die Möglichkeit zu einer Fahrt auf der XR11. Ein
Massensturz in der ersten Kurve beendete allerdings diese Episode ziemlich
umgehend. Beim Neustart war Read nicht mehr dabei. Nach dieser durchwachsenen
Saison wurde Sheene von den MCN Lesern wieder zum “Man of the Year“ gewählt,
was sicher auch mit seiner schnellen Genesung und seinem meisterhaften
Auftritt trotz der Verletzungsfolgen zu tun hatte.
Standen 1975 auch die Erfolge
von Suzuki GB letztlich nicht im richtigen Verhältnis zum Aufwand, so waren
die Erfahrungen, die man in diesem Jahr und in den fünf Jahren davor
gesammelt
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