Flotter Dreier |
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Teil 4 - 1976 |
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Die Geschichte der 750 ccm
Dreizylindermaschinen in diesem Jahr 1976 tritt etwas in den Hintergrund der
Geschehnisse um die Weltmeisterschaft in der 500ccm Klasse. Panik beim Suzuki GB Race Department in Croydon: Suzuki Japan zieht das werksseitige Engagement im Straßenrennsport am Ende der 1975er Saison zurück. Da war man nun endlich auf dem Weg zur Krone in der Königsklasse, hatte die richtigen Fahrer im Team, die RG500 hatte sich auch als die richtige Waffe im Kampf um den Titel erwiesen und nun der Rückzug? Die Firmenleitung von Suzuki Japan hatte
ihre Gründe. Um diese zu verstehen, muss man ein wenig zurückschauen, auf die
Entwicklung von Suzuki’s Serienmaschinen bis 1974. Mit dem Verkauf der
Serienmotorräder wird schließlich das Geld für den Rennsport verdient und Straßenrennsport kostet eine Menge Geld
und braucht halt auch eine Menge Know-how, was genau betrachtet auf dasselbe
hinausläuft. Der Effekt der Werbung durch Erfolge im Rennsport ist dagegen
nur schwer messbar. Suzuki
hatte sich 1970 die Lizenzrechte zur Produktion eines Wankelmotors von NSU aus
Neckarsulm gesichert. Aber eben nichts weiter als die Rechte, d.h. alles
andere, die gesamte Entwicklung, vor allem der Produktionstechnik, musste man
im eigenen Hause ausführen. Auf nicht weniger als 20 Patente konnte man zurückschauen,
als endlich 1974 die erste Serien Suzuki RE5 Wankel das Montageband verließ.
Der Löwenanteil der Entwicklungskosten war in den Sektor Werkzeugmaschinen
und in die Entwicklung neuer metallurgischer Verfahren geflossen. So hatte man
ein eigenes Verfahren zur Nickel-Siliziumcarbidbeschichtung von Metalloberflächen
entwickelt (ähnlich dem Nikasilverfahren der Firma Mahle), Verschleißprobleme
an Rotoren, Dichtleisten und Laufflächen wollte man auf alle Fälle
vermeiden. Das sogenannte SECM-Verfahren kam auch den Zweitaktern zu Gute,
die luftgekühlte GT 550 hatte ab 1975 ebenfalls mit dem SECM-Verfahren
beschichtete Laufbüchsen. Der Suzuki Wankelmotor wurde letztendlich tatsächlich
eine solide, haltbare Konstruktion. Es dauerte allerdings geraume Zeit, bis die
Ingenieure dem Motor Manieren beigebracht hatten, und als das Motorrad endlich
eine brauchbare Leistungscharakteristik in allen Lebenslagen hatte, war der
Vergaser eines der kompliziertesten Geräte geworden, die je in ein Zweirad
eingebaut wurden. Suzuki wagte als einziger der vier großen japanischen
Hersteller den Schritt zum Wankelmotor im Serienbau, aber all das Engagement
wurde leider vom Kunden nicht honoriert. Inzwischen war die Honda GL 1000 „Goldwing“
auf dem Markt und besetzte das Segment des Sporttourers. Die Wankel Suzuki war
ohne Zweifel ein gutes Motorrad, aber für den
konservativen Tourenfahrer sah sie nicht einmal so aus wie ein
Motorrad. Der hohe Verbrauch und die im Vergleich zur Konkurrenz eher
bescheidenen Fahrleistungen taten ein übriges. Einigen Kritikern fiel beim
Anblick des zerklüfteten Motors nur der Vergleich mit einer Waschmaschine
ein. Der wirtschaftliche Misserfolg des
Topmodells hatte zur Folge, dass man bei Suzuki Ende 1975 die Notbremse zog. Die Zweitaktlinie mit der GT750 an der Spitze
musste bis zur Einführung
einer neuen Modellpalette die Firma über Wasser halten, und so blieb z.B. der
“Wasserbüffel“ bis 1977 im Programm. Schnellstens musste eine
erfolgreiche Viertaktmaschine aus dem Hut gezaubert werden, also etwas, was es
bei allen anderen japanischen Herstellern längst gab. Das erforderte für die
Entwicklung der Viertakt GS 750 den Einsatz aller Resourcen sowohl an
Ingenieurleistung als auch an allen verfügbaren finanziellen Mitteln.
Da man lieber gar nicht im Rennsport
antreten wollte als nur mit halber Kraft, setzte man den Rotstift natürlich
als erstes beim Sportbudget an. Die neue Formel-750 Maschine, die RF750
(XR20), wurde, obwohl fast fertig, völlig fallengelassen. Das Werksteam, im
Vorjahr mit Barry Sheene und Teuvo Länsivuori durchaus erfolgreich und mit
deutlich positiver Tendenz, wurde aufgelöst und die in Europa stationierten
Ingenieure und Mechaniker nach Japan zurückgeholt. Nur der Umstand, dass
Suzuki bereits vorher den Verkauf der RG500 als Produktionsrennmaschine für
die 500er Klasse geplant hatte, führte dazu, dass es überhaupt weiterging mit
Suzuki auf den Rennstrecken. Rennchefingenieur Makato Hase hatte die Werks RG
500 (XR14) auch für die Saison 1976 weiterentwickelt. Der Entwicklungsstand
des Werksrenners von 1975 wurde Anfang 1976 in Form der RG500 Mark I über die
Importeure an ca. 70 Privatfahrer verkauft und brachte so wenigstens etwas
Geld in die Kasse. Den eingangs erwähnten völligen Rückzug aus dem GP-Zirkus wollte Peter James Agg, Geschäftsführer von Heron Suzuki GB, auf keinen Fall hinnehmen. Er begab sich im November 1975 nach Japan, um zu retten, was zu retten war. Agg hatte sich zuvor die finanzielle Rückendeckung durch die Konzernmutter, die Heron Corporation, gesichert. Er trug den Japanern vor, dass die in den vergangenen Jahren gesammelten Erfahrungen nicht einfach vergeudet werden dürften. Heron Suzuki GB wäre, mit dem Hauptsponsor Texaco im Rücken, durchaus in der Lage, ein komplettes GP-Team für die Saison 1976 zu finanzieren, wenn Suzuki Japan die Maschinen und die nötigen Ersatzteile zur Verfügung stellen würde. Die Gründe für den Rückzug könne man zwar verstehen, aber ein Erfolg in der Weltmeisterschaft liege im Bereich des Möglichen. Man wolle in England gerne die Verantwortung übernehmen, wenn Suzuki sozusagen die nötige Hardware liefere. Mit der Zusicherung für das Material in der Tasche machte Peter Agg auf dem Rückflug Zwischenstation in Los Angeles und traf sich dort im Beverly Hills Hotel mit Merv Wright, um ihn als Team-Manager für das Heron Suzuki Team zu gewinnen. Merv Wright sagte zu und war ab Januar 1976 von Suzuki USA freigestellt und an Suzuki GB “ausgeliehen“, er sagte mir: „Eigentlich bin ich mitverkauft worden!“ denn die in Amerika verantwortlichen Japaner entdeckten plötzlich die “money talks“(Orginalton Merv Wright), die verbliebenen amerikanischen XR11, alle schon in mehr oder weniger verbrauchtem Zustand, wurden nämlich tatsächlich nach England verkauft und wurden damit entgültig zu “fremdem“ Eigentum. Merv sollte die volle Verantwortung für das Team übernehmen, nur für die Verträge mit den Fahrern war er nicht zuständig und deswegen sah er von Anfang an ein Problem auf das Texaco Heron Team Suzuki, so der offizielle Name des Teams, zukommen.
Barry Sheene sollte auf jeden Fall wieder für Suzuki fahren. Er war sich seines Marktwertes aber sehr wohl bewusst und pokerte, solange es ging. Er ließ in der Presse verlauten, dass er lieber als Privatfahrer antreten wolle, als für den angebotenen Betrag beim Heron Suzuki Team zu unterschreiben. Sheene wusste aber ebenso nur zu genau, dass ihm nur beim Team von Merv Wright die beste Waffe im Kampf um die WM zur Verfügung stand, die 1976er XR14 Werksmaschine. Er unterschrieb also den Vertrag, der ihm die Vorrangstellung im Team zusicherte, nachdem Peter Agg nochmals eine “Schaufel Kohlen“ nachgelegt hatte. John “Butcher“ Newbold, er war von Beruf ja Fleischer, wurde wie im Vorjahr weiterverpflichtet. “Old Bugger“ Percy Tait sollte dem Team bei den nationalen Rennen angehören. Stan Woods wechselte ins Langstreckenlager zu Honda GB, wurde aber bei den nationalen Rundstreckenrennen weiter durch Suzuki England unterstützt. Neu ins Team kam der im Vorjahr als Ersatzmann für den verletzten Sheene eingesprungene John “Willy“ Williams. Der war in der Saison 1975 immerhin vor Sheene auf Rang 5 in der 500er Weltmeisterschaft gelandet. Und Merv Whrigt, der ja Barry Sheene aus seinen Jahren in Amerika schon ganz gut kannte, sah die dunklen Wolken am Himmel heraufziehen. Er meinte: „Barry mochte keinen Fahrer im Team neben sich haben, der in der Lage war, ihm auf der Strecke Paroli zu bieten. John Williams aber war ein solcher Fahrer“. Seine Vorahnungen sollten sich bewahrheiten.
Barry Sheene wählte wie in den Vorjahren seinen Vater Frank Sheene und Don Mackay als Mechaniker, John Newbold hatte Martyn Ogborne als Schrauber, und John Williams vertraute weiter auf seinen langjährigen Begleiter Bob White. Als Merv Wright dann im Januar nach
Europa kam, blieb ihm nicht viel Zeit alles Nötige vorzubereiten. Zuerst
einmal musste man sich über das optische Erscheinungsbild des Teams einigen.
Die Sponsoren wollten ihre Namen an den Maschinen richtig platziert sehen,
Suzuki Japan, im fremd gesponsorten Rennsport völlig unerfahren, wollte seine
Werksrenner nicht als fahrende
Litfaßsäulen auf den Rennstrecken sehen. So hatten Peter James Agg, sein
Rennsportmanager Maurice Knight und Merv Wright einige Zeit nötig, um Suzuki
Japan und die Hauptsponsoren Texaco und Forward Trust unter einen Hut zu
bringen. Zeit die für die intensive Vorbereitung auf das in wenigen Wochen
stattfindende Rennen in Daytona fehlte, wie Merv Wright schmerzlich
feststellte. Als das neue Design der Maschinen in den Hauptfarben weiß-rot
mit schwarz-gelb abgesetzten Streifen dann der Öffentlichkeit vorgestellt
wurde, war gerade noch genug Zeit, die Maschinen, ohne Ausnahme alte 1975er
XR11, zu verladen. Die Tatsache, dass Merv Wright aus der aufgelösten US
Suzuki Rennabteilung einiges an XR11 Ersatzteilen und Ausrüstung mitgebracht
hatte, entspannte die Situation etwas. Die Japaner hatten parallel zur XR14
Entwicklung auch für die XR11 nochmals eine neue Verkleidung entworfen, die an der
Verkleidungsnase eine stärkere Neigung aufwies als das Vorgängermodell. Außerdem
bekamen die Dreizylinder für die internationalen Rennen Schalldämpfer
verpasst. Eine technische Weiterentwicklung fand aber nicht statt, so dass der
Vorsprung, den die Yamahas schon im Vorjahr gehabt hatten, nur noch größer
wurde, zumal die Suzukis ja schon eine Saison auf dem Buckel hatten und
dementsprechend “müde“waren.
Die Formel 750 - das Rennen in Daytona war
wie im letzten Jahr das erste der Serie - sollte für 1976 nur ein
Nebenschauplatz sein, da einige Termine sich mit den Rennen zur 500er WM überschnitten,
die natürlich höchste Priorität hatte. Tatsächlich hatten sogar die MCN
Superbikeserie und die Shellsport Championchips einen höheren Stellenwert als
die Formel 750. Da die Fahrer natürlich an den Transatlantic Match Races
teilnahmen und das Team auch noch zu den TT Races auf der Isle of Man und zu
einigen weiteren nationalen Rennwochenenden fahren sollte, meinte Merv Wright:
„We seemed
to be doing
every bloody
race on the
face of the earth!“
Tatsächlich war das Programm, das man sich in Croydon ausgedacht hatte,
schon allein logistisch kaum zu bewältigen. |
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