Flotter Dreier |
|
Seite 6
|
||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Teil 4 - 1976 |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Epilog: Was wurde eigentlich aus...... den Maschinen..... Die bis zur Mitte der Siebziger Jahre gängige Praxis, die aktuellen Werksmaschinen nur bei Abgabe bzw. Rücksendung der Vorjahresmodelle zu liefern, hat dazu geführt, dass nur wenige Werksmaschinen von Suzuki aus den 60er und frühen 70er Jahren überlebt haben. Nachweislich wurden die meisten zurückgelieferten Renner zerlegt, die Rahmen mit dem Schneidbrenner zerteilt und die Motoren mit dem Vorschlaghammer zerkleinert. Die Reste wurden dann in eigens in der Grünanlage vor dem Raceshop ausgehobenen Löchern vergraben - verrückt, aber leider wahr, wie Bert “Bertie“ Schneider berichtet. Renningenieur Nakamura erinnert sich: „Wenn wir nach der Saison unser Europa Hauptquartier in Leidschendam in Holland auflösten, wurden die Ersatzteile vorher auf den umliegenden Feldern “beerdigt“. Kleinteile, wie die Zahnräder für die verschiedenen Übersetzungen, wurden durch Auskippen der Holzbehälter auf einer Maasbrücke entsorgt. Die Firma hatte halt ungeheure Angst, dass wichtige Erkenntnisse in die falschen Hände gerieten!“
Später wurden die Maschinen wie z.B. in Amerika direkt vor Ort in die
Schrottpresse gesteckt, dies betraf jedoch hauptsächlich die älteren XR05,
die die Japaner, ohne Merv Wrights Wissen, zur Presse beförderten, eine
1975er XR11 ist heute im Besitz eines texanischen Sammlers und ist, wie auch
immer das möglich war, wohl heute die einzige XR11 die noch in Amerika
existiert. Die Information, daß Jody Nicholas nach seinem Karriereende eine
XR11 geschenkt bekam, hat sich als nicht richtig herausgestellt, er selbst
teilte mir mit, daß dies leider nicht der Fall gewesen sei. Dem ex-XR11
Piloten Paul Smart gehören heute
noch eine 1974er XR11 mit “low-boy“ Rahmen, die er in Amerika und England
selbst gefahren ist und auch eine 1972er Maschine. Überhaupt haben die
meisten XR11 Rennmaschinen in England überlebt, da das englische Suzuki Team
von Anfang an die Maschinen für seine Fahrer als Importeursteam ohne direkte
japanische Einflußnahme betreute und Ende 1975 sogar die Reste des US Teams
kaufte. Die alten Maschinen blieben unangetastet zurück bzw. wurden
als Ersatzteilträger verwendet, außerdem blieben ein paar Maschinen in den Händen
der Fahrer, nachdem diese das Team bereits verlassen hatten, so konnten einige
Exemplare bis heute überleben. Nachdem man am Ende der 1976er Saison die
Rennerei mit der XR11 ganz aufgab konnte das Werk auch nicht mehr die Zerstörung
verlangen, da die Maschinen das Eigentum von Suzuki GB waren. So blieben die
Maschinen und Ersatzteile in irgend einem Verschlag auf dem Gelände von
Suzuki GB lange Zeit unbeachtet stehen und wurden zu Mitte der achtziger Jahre
für nicht sehr hohe Beträge vor die Türe
gekehrt. Eine 1975er XR11 wurde von Peter Agg ins Effingham Park Museum
gebracht. Barry Sheene hatte seine Seeley Suzuki TR750 mit der Fahrgestellnr.
CS37657 im Donington Museum ausgestellt, sie ist heute zusammen mit einigen
anderen Suzuki Rennmotorädern die er während seiner Karriere gefahren hat,
u.a. auch seine RT 67, im Besitz seiner Familie. Eine weitere 1972er Maschine
befindet sich in England und wurde von Alan Cathcart als, leider nicht sehr
orginalgetreues, Fotomodell für eine XR11 Story verwendet. Ich erhoffe mir
noch weitere Informationen zum Verbleib der “englischen“ XR11 durch einen
Kontakt den ich zu Martyn Ogborne hergestellt habe. .......... und den Fahrern? Mit wem soll ich beginnen? Nun, am bekanntesten ist und bleibt Barry Sheene. Er gewann seinen ersten großen Titel mit der (Seeley)XR11, wurde 1976 und 1977 Weltmeister auf der 500er Suzuki, konnte aber danach nicht mehr so recht an die großen Erfolge anknüpfen, obwohl die Duelle, die er sich mit Kenny Roberts auf Messers Schneide lieferte, sicher zu seinen stärksten Leistungen zählen und er in diesen Jahren immer zu den Top-Fahrern zählte. Ein Wechsel zu Yamaha brachte dann leider auch nicht den gewünschten Erfolg, ein weiterer schwerer Unfall in Silverstone im Jahr 1982 warf ihn nochmals zurück. Barry Sheene kam aber, wie so oft nach schweren Verletzungen, wieder und beendete seine Karriere auf der längst nicht mehr konkurrenzfähigen RG 500 (XR45) des Heron Suzuki GB Teams. Er versuchte sich danach noch im Tourenwagen- und Truckrennsport. Er ging dann mit seiner Familie nach Australien - aus gesundheitlichen Gründen, wie er sagte. Barry Sheene verstarb am 10. März 2003 im Alter von 52 Jahren an einem Krebsleiden. Er bleibt als einer der populärsten Vertreter seines Sports, aber auch als ein neuer Typ von Motorradrennfahrer in Erinnerung. Einer, der noch sehr viel mehr als seine Zeitgenossen Phil Read und Giacomo Agostini den neuen Profi im Motorradrennsport verkörperte. Er, der nach außen hin zu seinen Fans den lockeren Sunnyboy vorlebte, konnte bei Veranstaltern und Herstellern seine und seltener auch die Ansprüche und Rechte seiner Fahrerkollegen als knallharter Geschäftsmann einfordern.
Barry Sheene's Schwager Paul Smart lebt heute in der Nähe von London und ist in der Oldtimer Rennszene überall auf der Welt ein gern gesehener und schneller Gast. Stan Woods verließ das Suzuki Team 1976, um sich in der Langstreckenszene umzutun, was bei seinem gleichmäßigen, aber nicht so spektakulären Fahrstil eine sehr gute Entscheidung war. Als Werksfahrer von Honda Great Britain gewann er u.a. die 24 Stunden von Barcelona und auch mit seinem Teamkollegen Chris Williams zusammen das zweite 8 Stunden Rennen auf dem Nürburgring 1977. Er fuhr noch bis in die 80er Jahre hinein Motorradrennen auf der Insel und betreibt heute ein gut gehendes Autohaus in Manchester. John Williams verließ das Suzuki Team am Ende der Saison 1976, stieg jedoch 1977 und 1978 noch einmal auf eine Werks XR14, um den Platz des wie immer abwesenden Barry Sheene bei der Senior TT auf der Isle of Man einzunehmen. Er lieferte sich mit Barry Sheene’s neuen Teamkollegen Pat Hennen und Tom Herron einen packenden Dreikampf, fiel aber in beiden Jahren wie schon 1976 mit Technikdefekt aus. Sein letztes Rennen sollte er beim 500er Lauf zum Ulster Grand Prix 1978 in Irland gewinnen. Beim letzten Rennen des Tages, dem Classic-1000ccm Lauf, sah er die Zielflagge nicht mehr. Er stürzte mit seiner TZ750 schwer, und auch in Belfast, wie auf der Isle of Man, ist das nur allzu oft das Ende für den Fahrer. Mit ihm verlor England einen seiner besten und vielseitigsten Fahrer.
Sein Namensvetter John Newbold sollte ihn nicht allzulange überleben, auch er verließ das Suzukiteam nach Ende der 1976er Saison, auch er kehrte noch einmal zurück und startete ab 1980 zusammen mit Mick Grant und Graeme “Croz“ Crosby auf der 1000ccm XR69S Viertaktmaschine in der TT Formel 1 und der MCN Superbike Serie, er starb im Alter von 29 Jahren 1982 den Rennfahrertod bei einem MCN Superbike-Lauf, der im Rahmen des nordirischen North-West 200 Rennens stattfand. Tragischerweise wurde der tödliche Sturz durch eine Kollision mit dem Hinterrad der XR69S seines Teamkollegen Mick Grant ausgelöst. Martyn Ogborne, 1976 John Newbolds Schrauber, wurde später
Teamingenieur des Heron Teams und 1982 dann Teammanager des HB Suzuki Teams,
er ist heute immer noch bei Suzuki GB und dort technischer Direktor für den
Bereich Zweirad, ATV und Marine. Er schraubte im Jahr 2001 bei der
Veranstaltung zum 40. Jahrestag des ersten Suzuki Auftritts auf der Isle of
Man zusammen mit Rex White an den alten Werksmaschinen, die dann im
Paradecorso über den Mountain Circuit gefahren wurden.
Teuvo "Tepi" Länsivuori, der durch den Suzuki-Rückzug 1975 seine durchaus berechtigten Hoffnungen als Werksfahrer ganz nach vorn zu kommen begraben mußte, hat seine Karriere bis heute nicht richtig beendet. Er fährt neben den Oldtimerveranstaltungen auch jetzt noch "richtige" Rennen in seiner finnischen Heimat. Das mit dem "Begraben" hatte er allerdings später zu seinem Hauptbroterwerb gemacht, sein Beerdigungsinstitut hat er 1996 an einen Neffen abgegeben und ist seitdem zumindest in dieser Branche Pensionär. (Die Brüder seines Freundes Jarno Saarinen betreiben übrigens ihr Beerdigungsinstitut in Turku bis zum heutigen Tag) Pat Hennen wurde 1977 Sheene’s Teamkollege und auch zum schnellen
Amerikaner hatte Barry Sheene zuerst nicht das beste Verhältnis. Sheene warf
ihm Knüppel zwischen die Beine wo er nur konnte, wie das Pat’s Bruder Chip
mir gegenüber bezeichnete,. Pat war erfolgreich und als auch Sheene in ihm
den neuen Mann erkannte änderte er seine Haltung und unterstützte ihn, um
ihn auf seine Seite zu ziehen, wohl auch um seinen Abgang ins Vierradlager
(Pat hatte nach sechs Trainingsrunden in einem Formel Ford in Brands-Hatch den
Rundenrekord für diese Wagenklasse gebrochen) zu verhindern, aber Pat’s
beginnende Liebe zur Isle of Man TT wurde ihm zum Verhängnis, er hatte gerade
Geschichte geschrieben, die erste Runde unter 20 Minuten in einem Rennen, 19
Min 53.2 sec, als er bei der Senior TT 1978 an zweiter Stelle liegend in der
letzten Runde bei Bishop’s Court stürzte. Er überlebte, lag im Koma, aber
mit Hilfe seiner Freundin Karen, seines Bruders Chip und seiner Mechaniker,
die ihn bewachten und Tag und Nacht mit ihm sprachen und seine Lieblingsmusik
für ihn spielten, fand er ins Leben zurück. Er litt noch lange an Lähmungen
der Gliedmaßen, aber er schaffte es,kam wieder auf die Beine, wenn auch sein
Gedächnis immer noch Ausfallerscheinungen hat. Er fuhr wieder Go-Kart, reiste
wieder durch die Welt, nur Eines konnte er nie wieder tun, ein Rennmotorrad
schnell bewegen. Gary Nixon lebt heute wieder in seiner Heimat im Bundesstaat Maryland. Er verkauft zurzeit viele Dinge aus seiner Rennkarriere, ob er Geld braucht? Sein Zorn über die Geschichte des Rennens in San Carlos ist noch immer nicht verraucht, wie er mir mitteilte. In Amerika fuhr er noch einige Zeit in den verschiedenen Disziplinen die Straßenrennen auf TZ Yamahas. Er zeigte einigen jüngeren Leuten im amerikanischen BMW Racing Legends Boxercup in der Mitte der neunziger Jahre, was so ein alter Haudegen noch drauf hat. Einige Rennen der Serie gewann er mit fast sechzig Jahren auf dem Buckel! Er ist jedes Jahr im Frühjahr in Daytona, um dort alte Rennmaschinen durch die Betonschüssel zu jagen. Sein Wundertuner Erv Kanemoto, der später u.a. mit “Fast Freddie“ Spencer und John Koscinski arbeitete, lebt heute in Australien.
Rob Bron betreibt einen Rennsportservice in Belgien und pflegt seine TR500, mit der er Dritter in der WM 1971 wurde. Er hat sie mal für 180000 Gulden angeboten, woraus man ableiten kann, dass er sie eigentlich gar nicht verkaufen will.
Marcel Ankone kann man bei vielen Gelegenheiten in unserem kleinen Nachbarland und auch bei uns treffen, wenn er mit seiner eigenen alten Suzuki TR500 an Oldierennen teilnimmt, auch er war, wie Will Hartog und Cees van Dongen Ehrengast Ehrengast beim Suzuki Zweitakt Treffen 2003 in Boschenhoofd bei Breda. Merv Wright zog sich nach der Saison 1976 aus dem Motorradsektor zurück, auch wenn es nicht immer ideal lief, möchte er das Abenteuer der Saison 1976 nicht missen, “I still like Motorcycle Racing“ sagte er und verlegte sich auf die Wartung, Restauration und den Handel mit klassischen Automobilen, vor allem Rolls-Royce und Bentley, in Costa Mesa in seiner kalifornischen Wahlheimat, denn auch er stammte ursprünglich von den britischen Inseln. Er betreute ein Projekt mit klassischen Rennwagen das von niemand anderem als Peter James Agg, seinem früheren Chef bei Suzuki GB, gestartet worden war! Sein Geschäft hat er vor ein paar Jahren verkauft und hat sich in Kalifornien zur Ruhe gesetzt, er ist bis heute an der Geschichte der Marke mit dem “S“ interessiert, eine sprudelnde Informationsquelle und ganz sicher....ein feiner Kerl!
Don Emde veröffentlicht in amerikanischen Magazinen Artikel über Zweiradrenngeschichte und ist Mitglied im Kuratorium der AMA Hall of Fame Stiftung. Ron Grant begann nach seiner Zeit als
Rennfahrer bei Suzuki USA eine erfolgreiche Tuningfirma für Suzuki Straßenmotorräder
in Frisco aufzubauen. Später ging der geborene Londoner aber wieder nach Großbritannien zurück und betreute in den 80er
Jahren verschiedene Rennfahrer wie Fred Merkel, Nick Jeffries und Steve Hislop
beim Honda Britain Team. Er arbeitete 1990 auch noch einmal als Tuner mit dem
Suzuki GB Team zusammen. Ron Grant kam im Januar 1995 bei einem tragischen
Bootsunfall in Nordirland ums Leben. Seine Asche ließ man im Oval von Daytona
verwehen, dort wo er der XR11, nach seinen ersten Runden auf der Maschine, den
Spitznamen Flexi-Flier gegeben hatte. Das war es also, hier am Ende dieser Story nochmals vielen Dank an alle die mir behilflich waren mit Bildern, Infos, Tips und Aufmunterung. Besonders bedanken möchte ich mich bei den Fahrern, die mir für eine Menge Fragen mal mehr, mal weniger Zeit geopfert haben, allen voran Stan Woods, aber natürlich auch Marcel Ankone, Barry Sheene, Paul Smart, Yvon Duhamel und Gary Nixon, mit dem ich regen e-mail Kontakt hatte (und der mich bei Technikfragen immer an Erv Kanemoto verweisen wollte), vielen Dank auch an Dieter Braun, der mir das erste Formel 750 Rennen in Deutschland aus seiner Sicht geschildert hat. An dieser Stelle sei nochmal auf Ray Battersby und sein Buch “Team Suzuki“ hingewiesen, welches mit Informationen und Interviews mit inzwischen leider verstorbenen Personen das unverzichtbare “Gerüst“zu dieser Geschichte geliefert hat. Nicht vergessen will ich Peter Frohnmeyer, der mit der Aufbereitung für die Internetdarstellung garantiert eine Menge Arbeit gehabt hat. Gewidmet meinem Freund Thomas Wahle.
|
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Seite | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|