Flotter Dreier  

die Story der Suzuki XR11
und ihrer Fahrer, vierter und letzter Teil.


von Karl Hübben

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Teil 4 - 1976


Im ersten WM Lauf in Le Mans griff das neue FIM Geräuschlimit, welches den Grenzwert auf 110db (A) festlegte. Die Werkssuzukis waren, bei einem Verlust von ca. 5PS, die einzigen Maschinen im Feld, die die neue Vorschrift erfüllten. Für die anderen gab es noch einmal eine Gnadenfrist, und im weiteren Verlauf der Saison machte sich die FIM bei ihrer Vorgehensweise in dieser Sache ziemlich lächerlich. Mit seiner leisen XR14 gewann Barry Sheene den ersten WM Lauf  vor Johnny Cecotto. Dritter wurde der junge Italiener Marco Lucchinelli aus La Spezia, der auch in der Formel 750 einige Auftritte mit einer “italienischen“ XR11 vom S.A.I.A.D Team hatte und von Roberto Gallina betreut wurde. John Williams stürzte in der 15. Runde, nachdem er zu Beginn des Rennens an zweiter Stelle hinter Johnny Cecotto gelegen hatte.

Den eine Woche später folgenden zweiten Lauf zur WM am Salzburgring gewann Barry Sheene auch und führte nun mit 30 Punkten vor Marco Lucchinelli, der in Salzburg Zweiter wurde. Sheene hatte während des Rennens ein wenig mit seinen Konkurrenten gespielt, er führte nach einigen Runden, fiel auf den dritten Rang zurück, um zum Ende hin dann ernst zu machen. Die Leistungsfähigkeit seiner Maschine war nicht zu übersehen! John Williams stürzte schon wieder, weil ihm ein verrückter Streckenposten vor das Vorderrad sprang. Im Krankenhaus stellten die Ärzte dann fest, dass sein Fuß seit seinem Daytona-Crash im März gebrochen war. John war den amerikanischen Ärzten nicht böse, die hatten seine ernste Schädelverletzung vorrangig behandelt.

Am nächsten Wochenende mussten die Teams Prioritäten setzen: Gleich mehrere internationale Veranstaltungen fanden zeitgleich statt. Das Texaco Heron Team Suzuki ging zum MCN Superbike Lauf nach Cadwell Park. Sheene gewinnt den Lauf und führt das Klassement an, er hatte auch den ersten Lauf in Brands Hatch gewonnen. Im “offenen“ Lauf bis 1000ccm setzt Barry Sheene eine auf 837ccm aufgebohrte XR11 (Bohrung 74,5mm statt 70mm) ein, wahrscheinlich die größte je offiziell eingesetzte Zweitaktrennmaschine. Die Maschine leistete etwa 125PS, aber die altersschwachen Motorenteile machten immer wieder Ärger, und so fiel Sheene auch in diesem Lauf mit Wasserpumpenschaden aus. Sieger wurde Dauerrivale Mick Grant auf Kawasaki vor dem ebenso schnellen wie bescheidenen Geoff Barry, der Sheene bei den nationalen Meetings oft das Leben schwer gemacht hat. Hinter Roger Marshall wird Paul Smart Vierter auf einer von seinem Schwager geliehenen Vorjahres XR14. Stan Woods wird Sechster auf seiner alten Kanemoto XR11.

Barry testet die 837ccm XR11 in Schlappen, 
Vater Frank scheint skeptisch!

Gleichzeitig findet am 9. Mai in Jarama in Spanien der vierte Lauf zum FIM Formel 750 Cup statt. Michel Rougerie hat keine Gegner und gewinnt beide Läufe vor Victor Palomo.

In Hockenheim finden am gleichen Wochenende die Läufe zum Maipokal vor 70000 Zuschauern statt. Einige Starter des FIM Cups, wie Jack Findlay und Alex George, treten lieber hier an.

Am nächsten Wochenende gab es wieder eine neue Runde im WM-Zirkus. Auf der Rennstrecke von Mugello kam es zu einem harten Dreikampf zwischen Giacomo Agostini, der zum erstenmal auf einer RG500 fuhr und mit Heimvorteil gleich einmal die Pole-Position innehatte, Phil Read und Barry Sheene. Nachdem Ago mit Zündungsdefekt ausgefallen war, lieferten sich Sheene und Read einen Kampf bis aufs Messer. Am Zielstrich rissen beide den Arm hoch, gewonnen aber hatte, mit weniger als einer zehntel Sekunde Vorsprung, Barry Sheene. Mit 45 Punkten zeichnete sich langsam ein Durchmarsch zur WM Krone ab.

Percy Tait mit der XR11,
beim irischen North-West 200

Das Texaco Heron Team Suzuki kämpfte an zwei Schauplätzen an diesem Wochenende. Percy Tait brachte mit der XR11 einen weiteren Sieg für das Team nach Hause. Er hatte im zarten Alter von 47 Jahren das 750ccm Rennen beim irischen North-West 200 gewonnen. Über 50000 durchnässte Zuschauer sahen seinen Sieg bei strömenden Regen. Stan Woods hatte lange Zeit geführt, fiel aber nach einem verkorksten Tankstopp mit seiner alten XR11 zurück. Tony Rutter kämpfte verbissen, konnte aber den alten Fuchs bei diesem Wetter nicht halten. Percy Tait meinte nach dem Regenrennen, das er mit einem Schnitt von 168,38 km/h (!!) auf dem Straßenkurs beendete: „Meine Suzuki lief im mittleren Drehzahlbereich besser als Tony’s Yamaha, er kam dafür besser aus den Ecken heraus“. Favorit Mick Grant wurde Dritter, ohne Chance in den Kampf an der Spitze einzugreifen.

Nixon vor Newbold, Grant und Potter, 
Nivelles 1976

Der nächste Auftritt der Dreizylinder Suzukis kam am 15. Juni im belgischen Nivelles. Hier fand vor den Toren Brüssels der fünfte Lauf zur Formel 750 statt. Leider kamen nur sehr wenige Zuschauer zu diesem Rennen, was auch ein wenig am Starterfeld gelegen haben mag. Einige Fahrer wie Johnny Cecotto, Giacomo Agostini und Patrick Pons waren beim 350ccm WM Lauf in Opatija. In Zeltweg war ein internationales Rennen für 750ccm Maschinen ausgeschrieben, Phil Read zog es vor dorthin zu fahren. Steve Baker war in Amerika geblieben. Nur Gary Nixon war von den Amerikanern anwesend, und es sollte sich lohnen. Nach einem Sieg im ersten und einem zweiten Platz im zweiten Lauf nahm er die volle Punktzahl mit und lag nun mit 39 Punkten nur einen Zähler hinter Michel Rougerie, der in Nivelles nicht angetreten war. Barry Sheene fiel mit durchgeblasener Kopfdichtung im ersten Lauf aus, was seine Meinung über den Dreizylinder nicht gerade verbesserte.Er sollte John Newbold im zweiten Lauf unterstützen, zog es aber vor sofort nach Hause zu fliegen. Merv Wright kochte hinter den Kulissen. Unbeeindruckt aber wurde John Newbold hinter Dave Potter und Mick Grant Gesamtvierter. Marcel Ankone wurde auf seiner XR11 Siebter.

Von Belgien aus ging es sofort weiter nach Nogaro zum französischen Formel 750 Lauf. Im ersten Lauf lag Sheene nach Mick Grants Ausfall kurze Zeit in Führung, als er mit Getriebeschaden schon wieder ausfiel, im zweiten Lauf sah er die Zielflagge auch nicht. John Newbold hatte sich gar nicht qualifizieren können. Christian Estrosi gewann beide Läufe jeweils vor dem Schweizer Philippe Coulon, Nixon wurde Vierter und übernahm erstmals die Führung im Klassement der Formel 750, mit seinem inoffiziellen zweiten Platz des Rennens in San Carlos in der Wertung.

Am folgenden Montag traten die Engländer schon wieder in Brands Hatch zum sog. Bank Holiday Meeting an. Phil Read schlug Barry Sheene im 500er Lauf, und bei den Superbikes hatte Barry keine Chance gegen Dave Potter.

Einen weiteren tiefen Riss zwischen dem Heron Team Suzuki und dem (faktisch bestehenden) Team Sheene gab es bei der Vorbereitung zur Isle of Man TT. Barry Sheene nahm an der TT nicht teil, er wollte im belgischen Chimay fahren. Die TT hatte das weitaus höhere Prestige, und so ging Merv Wright und der Rest der Crew mit John Williams auf die Insel. Barry behauptete nun, dass man John Williams bevorzugt mit Ersatzteilen versorgen würde, die ihm nun fehlen würden. Bob White, Barry’s “bester Freund“, hatte den LKW gepackt. Er meinte später: „Wir blieben ja einige Zeit auf der Insel und nahmen alles mit, von dem wir glaubten es zu brauchen, aber hofften es nicht zu tun. Barry hatte für seine Maschinen seine eigenen Ersatzteile und Räder, ich wusste nicht warum er sich aufgeregt hat.“

Merv Wright ergänzte aber: „Bob hat die Ersatzteile nur so in den Truck hineingeschaufelt, er wird sich was dabei gedacht haben, kann ich mir vorstellen!“

Barry gewinnt in Chimay den 500er Lauf beim “Grand Prix des Frontiers“ und damit ein reichliches Preisgeld. Diesmal hat Phil Read, der die Isle of Man in seinem angekündigten Abschiedsjahr wegen des Risikos meiden will, das Nachsehen.

Braveheart, John Williams schiebt seine
 XR14 zum siebten Platz, IOM Juni 1976

Auf der Isle of  Man aber gibt John Williams seine große Vorstellung. Im Training zum Classic Race hatte Mick Grant auf der KR750 zum ersten Mal eine Runde mit einem Schnitt über 110 Stundenmeilen gefahren. Bei der Senior TT konnte John Williams kontern und unterbot Mick Grant’s Zeit auf der XR14 mit einem Schnitt von 112,27 Meilen pro Stunde. Damit war er “the fastest man on Island“. Dies gelang ihm, obwohl er von Anfang an Probleme mit der Kupplung hatte. Merv Wright hatte ihn auf eine Einstop Strategie eingestellt. Maurice Knight, der Heron Race Manager, war anwesend und wollte Merv Wright davon abbringen, weil er befürchtete, John würde ohne Sprit liegenbleiben. Merv Wright erinnert sich: „Maurice zeigte auf eine Wetterfahne neben der Boxenanlage und sagte: Da oben hänge ich deine Ei.... hin, wenn das schief geht!“

Wind Nordost-Startbahn 04, Mick Grant knackt die 110mph Schallmauer, Isle of Man TT 1976

Nach dem Tankstop kam die Maschine mit der nicht mehr funktionierenden Kupplung kaum in Gang, in der letzten Runde brach dann noch eine Feder im Schaltmechanismus und Schalten wurde zur Glückssache. Als er bei Governor’s Bridge vorbeikam, konnte er keinen kleinen Gang einlegen und ohne Kupplung ging der Motor aus und ließ sich auch nicht mehr starten. Er hatte zu diesem Zeitpunkt einige Minuten Vorsprung, John Williams war ein Fahrer mit einem großen Herzen, er schob seine RG500 mit übermenschlicher Anstrengung bis ins Ziel und wurde noch Siebter. Maurice Knight öffnete am Ziel den Tank und fand noch etwas mehr als einen Liter Benzin, da wird Merv Wright aber heftig durchgeatmet haben. Die Presse meldete Ausfall wegen Spritmangels, “welche Überraschung, wieder mal falsch gelegen“, meinte Merv Wright zu mir.

Einen Pokal gab es für John Williams' Mutter 
mit nach Hause zu nehmen, IOM Juni 1976

Willy war natürlich sehr enttäuscht, aber er holte doch noch seinen Pokal, den er sofort seiner mitgereisten Mutter überreichte. Im Classic Race brachte er der alten XR11 noch einmal einen grandiosen Sieg. Er ging als Erster mit 108,8 Meilen pro Stunde Gesamtschnitt über die Linie, nicht schlecht für eine alte, von anderen schon abgeschriebene Dame. Alex George kam mit seiner TZ750 erst über eine Minute später ins Ziel. Percy Tait verletzte sich schwer beim Training zur Production TT, wo er zusammen mit Alex George auf  Norton antreten wollte.

Zeitgleich mit den TT Wochen findet in Nürnberg der Norisring Cup statt. Im Superbikelauf gewinnt Pat Hennen den ersten Lauf auf seiner XR11, im zweiten Lauf siegt Ago, der nach einem zweiten Platz im ersten Lauf auch den Gesamtsieg mit nach Hause nimmt. Es sollte das letzte internationale Motorradrennen auf dem Norisring werden. Den 500er Lauf gewann Phil Read vor Teuvo Länsivuori, Vierter wird Dieter Braun.

Die WM startet ihren nächsten Lauf in Assen bei der Dutch TT. Wie im Vorjahr gewinnt Barry Sheene die 500er Klasse, er setzt neben seiner Werkssuzuki noch eine andere Geheimwaffe ein, seinen Rolls-Royce! Bei der Hitze an diesem Wochenende kollabieren reihenweise die völlig verausgabten Fahrer. Barry Sheene nutzt die Klimaanlage seines Luxusmobils, um erst kurz vor dem Start gut durchgekühlt im ebenso gekühlten Lederanzug auf sein Motorrad zu steigen und nach dem Lauf sofort wieder diesen kühlen Ort aufzusuchen. Der zeitweise an dritter Stelle liegende Coulon fuhr plötzlich einfach geradeaus in die Wiese und im Zick-Zack Kurs zur Box, wo er völlig erschöpft vom Motorrad fiel. Pat Hennen kam noch am besten mit der Hitze klar und wurde Zweiter vor Lokalmatador Will Hartog. 60 Punkte für Barry Sheene waren eigentlich schon der WM Titel, aber noch gab es eine theoretische Chance für andere Fahrer.

Don Mackay und Barry Sheene
 im Fahrerlager, Assen 1976

Chas Mortimer und Dieter Braun
 im Brutofen von Assen

Cool man, 
Barry gewinnt gut gekühlt in Assen

Auch er fuhr, wenn auch nur kurz, XR11, 
Will Hartog, Nationale TT Assen 1976

Inzwischen hatte Merv Wright sich mit Barry Sheene’s persönlichen Sponsoren zu beschäftigen. Klar, seine offene Art und sein Lebensstil, seine Frauen (seine Freundin Stephanie McLean war inzwischen genauso oft in den Zeitungen abgebildet wie er selbst), aber natürlich auch seine Grand Prix Siege machten ihn unwiderstehlich für die Werbung. Die verschiedensten Firmen boten ihm gutdotierte Verträge noch während der laufenden Saison an. Das Texaco Heron Team bestand natürlich auf den vor der Saison geschlossenen Verträgen, und die legten als Sponsoren vier Unternehmen fest: Texaco, Heron, Forward Trust und natürlich Suzuki, die ja das Material beisteuerten. Merv Wright: „Diese Leute bezahlten nicht ganz unerhebliche Summen für das Privileg ihre Firmenlogos auf den Maschinen zu haben. Dann kam Barry plötzlich mit “Mashe“ Jeans Aufklebern auf der Maschine zur Strecke. Ich war aber immer nur zwei Schritte hinter ihm, um sie alle wieder zu entfernen.(Was ihm aber oft erst nach dem Rennen gelang, Anmerk. d. Verfassers) Sie hatten da nicht zu sein, so stand es schwarz auf weiß im Vertrag!“

Barry sah die Sache natürlich anders: „ Natürlich trug ich Mashe Sticker überall, auf dem Helm, an der Kombi und auch auf dem Motorrad, aber das hatte nichts mit Suzuki zu tun. Dies war ein privater Vertrag zwischen mir und dem französichen Jeanshersteller, dessen Klamotten ich immer dann zu tragen hatte, wenn ich im Blickfeld der Öffentlichkeit stand. Die waren jedenfalls immer zufrieden.“

Barry Sheene’s Vertrag mit Heron Suzuki GB sah übrigens vor, dass er Suzuki Kleidung tragen sollte, bei vielen Gelegenheiten ein echter Streitpunkt zwischen ihm und seinem Arbeitgeber. Maurice Knight, Suzuki GB’s Race Manager sah es so: „Da war sicherlich eine Menge Ärger mit der Tatsache, dass Barry sehr selten Suzuki Kleidung trug, er warb überhaupt sehr selten für den Namen Suzuki. Wir haben ihm sogar einmal 5000 Pfund Strafe aufgebrummt, weil er in der Öffentlichkeit ein Yamaha T-Shirt getragen hat. Ich denke, Barry fehlte damals irgendwie die Einsicht, dass die Maschine für seinen Erfolg mindestens so wichtig war wie er selbst. Ich habe über die Jahre auch eine ganze Menge getan, um ihn dahin zu bringen, wo er damals stand!“ Maurice Knight hatte Barry Sheene durch die Suzuki-GB Rennabteilung über Jahre hinweg unterstützt.

Der Start in Spa: v.r. Sheene (7), Palomo (24), Newbold (8), Williams (5), Länsivuori (4), dahinter verdeckt Pat Hennen, Ankone (28), Herron (19)

Aber wieder zurück zu den Rennen der Saison 1976. In Spa-Francorchamps konnte der Titel für Barry auch noch nicht entgültig gesichert werden, es fehlten noch 22 Punkte, um uneinholbar zu sein. Im Training ließ Barry Sheene keinen Zweifel aufkommen, wer der Herr im Hause ist. Auf der ultraschnellen Piste in den Ardennen erreichte er einen Schnitt von 218,14 km/h, einer der schnellsten Werte, die je bei einem Motorrad Grand Prix als Schnitt gemessen wurden. Neben ihm standen in der Startaufstellung: Victor Palomo, Marcel Ankone und Michel Rougerie. Letzterer war der Grund für ein weiteres Kapitel in der inzwischen schon grotesken Suzuki Team Geschichte. Michel Rougerie hatte im Training seinen letzten Satz Kolben für seine RG500MK1 durchgefahren. Er war aber noch nicht qualifiziert, so dass er keine Chance mehr für sich sah. Barry Sheene bot ihm, großmütig wie er zu Teamfremden manchmal war, seine XR14 Ersatzmaschine an. Merv Wright fiel aus allen Wolken, als er Rougerie auf der Werksmaschine um den Kurs kurven sah. Er traute seinen Augen kaum: „ Seine Teamkameraden John und Willy durften sich den Maschinen nicht einmal nähern, als gäbe es dort etwas Besonderes zu entdecken. Dies verneinte Barry ja ständig, aber man bewacht eine Sache nur dann so eifersüchtig, wenn es etwas zu bewachen gibt. Da fährt nun ein Teamfremder fröhlich auf den Werksmaschinen herum.“ Als Michel Rougerie von der Maschine stieg, machte er Augen so groß wie Servierteller und schüttelte minutenlang ungläubig den Kopf. Er war auf einem ihm fremden Motorrad ohne große Anstrengung in die erste Reihe gefahren. Merv Wright verhinderte allerdings durch ein Machtwort, dass Michel Rougerie auch im Rennen auf der Maschine starten durfte!

Catch me if you...., 
John Williams, Barry Sheene, Spa 1976

Williams, Ankone und Sheene
 umrunden La Source, Spa 1976

Nach dem Start konnte sich eine Dreiergruppe absetzen: Sheene, Williams und Ankone. Nach einigen Runden hatte Barry Sheene nur noch einen Gegner, John Williams. John Williams hatte vor dem Rennen dem Motorsportreporter George Turnbull ein Interview gegeben und ihm mitgeteilt, dass er sich in der Lage sehe Sheene zu schlagen. Bob White erinnert sich: „ John sagte eigentlich nie sehr viel, aber tief im Innersten wünschte er sich natürlich Barry zu schlagen. Er wusste für sich selbst sehr genau, dass er es konnte. Auf gleichwertigen Maschinen hätte es keinen Zweifel geben können. Er würde auf der Linie halten und ihn vorbeilassen, meinte er, er fuhr ja nicht um Barry zu schlagen, sondern um ihn zu unterstützen. John war ein guter Teamfahrer!“

Es kam etwas anders im Rennen: John Williams schaffte es nach einigen Runden, sich von Barry Sheene abzusetzten, der dem entfesselt fahrenden Willy nicht folgen konnte und auch sicherlich kein unnötiges Risiko eingehen wollte. Am Ende der letzten Runde drosselte John Williams das Tempo ein wenig und schaute sich immer wieder um, aber es war kein Barry Sheene zu sehen. Er wurde noch langsamer, als er Sheene dann sah, der seit einigen Kilometern mit Fehlzündungen wegen hitzebedingtem Kraftstoffmangel zu kämpfen hatte. Marcel Ankone kam schnell hinter Barry auf, Willy erkannte das und gab Gas. Was immer er gedacht haben mag, er gewann das Rennen in Spa. In diesem Jahr sollte nur ein einziger Fahrer in einem WM Lauf vor Barry Sheene über die Ziellinie fahren, John Williams!

Barry konnte Marcel Ankone gerade noch abfangen, nun fehlten ihm nur noch zehn Punkte, also ein dritter Platz, zum WM Titel. John Newbold wurde immerhin noch Neunter.

Beinahe hätte Barry Sheene nicht weiter an den Rennen zur WM teilnehmen können. Beim “Race of the Aces“ in Snetterton flogen beim Anbremsen der ersten Schikane die Bremsbeläge aus den Sätteln seiner XR14, Montagefehler! Barry fuhr geradeaus in die Wiese hinein und kam nach einer längeren Motocrosseinlage, nur wenige Meter vor der Autobahn London-Norwich, durch einen harmlosen Sturz bei geringer Geschwindigkeit zum Stillstand.Das hätte auch ganz anders ausgehen können. Mick Grant holte sich den Pokal vor Tony Rutter. 

Der nächste Grand Prix in Anderstorp in Schweden konnte nun schon die Entscheidung bringen.


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