Flotter Dreier  

die Story der Suzuki XR11
und ihrer Fahrer, vierter und letzter Teil.


von Karl Hübben

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Teil 4 - 1976


Die Rennen in Amerika

Man fuhr also im Februar 1976 wieder einmal nach Daytona, wo das 200 Meilen Rennen am 7. März gestartet werden sollte.

Noch 10 Sekunden, Start in Daytona, 1.Reihe: Roberts, Baker, Cecotto, Aksland

Diesmal waren die Suzuki Fahrer auf dem schnellen Oval eigentlich von vornherein völlig chancenlos. Vielleicht lief gerade deshalb die Vorbereitung glatt und ohne großen Druck ab. Die Reifentests mit Dunlop waren zufriedenstellend. Merv Wright hatte durch stundenlanges Training die Mechaniker auf schnelle Tankstops trainiert und jedem eine spezielle Aufgabe zugewiesen, so dass es diesesmal nicht zum wilden Durcheinander der Vorjahre kam. Im Training zum 200 Meilen Rennen sah es dann aber doch so aus, als ob es für die drei Fahrer vom Texaco Heron Team Suzuki mit ihren alten XR11 nichts zu holen gäbe. Barry Sheene startete von Platz 16, John Newbold vom 27. und John Williams, bei seinem ersten Daytona Auftritt, vom 30. Startplatz. 

Diesmal klappt's auch mit dem Tankwart, 
Barry Sheene Daytona 1976

Aber Daytona hat eigene Gesetze, zu Ende des Rennens lag Barry Sheene hinter seinem Freund Gary Nixon auf dem 3.Platz und John Newbold war auf den 7.Platz vorgefahren, als beide wegen Kettenriß in der 48. bzw. 49. von 52 Runden ausfielen. John Williams war in der 36. Runde schwer gestürzt, er wurde mit Verdacht auf Schädelverletzung ins Krankenhaus eingeliefert. Motorradrennen sind zum großen Teil reine Psychologie, hatte Merv Wright immer gesagt, an John Williams Maschine fand sich jedenfalls keine Ursache für den Unfall, weder die Bremsen hatten versagt, noch hatte der Motor blockiert. John Williams konnte nachher nicht einmal sagen was überhaupt passiert war. Also wieder einmal völliges Desaster für Suzuki in Daytona!! Nein, nicht ganz, es war ja noch ein XR11 Fahrer am Start gewesen.Durch seine Beziehungen im “Suzuki Network“ und wegen des plötzlichen Interessesder Japaner am lieben Geld, war Rod Coleman in der Lage Pats abgelegte 1975er XR11 zu kaufen, auf diesem “Museumsstück“ fuhr Pat Hennen zum einzigen Podestplatz einer Suzuki XR11 in den fünf Jahren in denen man verzweifelt versucht hatte bei diesem Rennen zu glänzen. „Das gab einige hochgezogene Augenbrauen und Erstaunen bei den Suzuki-Verantwortlichen“, so teilte mir sein Bruder Chip mit! Dabei war bei der ersten Nennung für das Rennen gar nicht klar auf welcher Maschine Pat Hennen überhaupt starten würde und auch die im Rennprogramm aufgeführte offizielle Starterliste auf der die “Entries“ also die Nennungen, die Sponsoren und die Marke aufgeführt sind, zeigt bei Pat Hennen nur ein leeres Feld bei der Motorradmarke. Die Maschine wurde also von Suzuki USA über seinen Sponsor Rod Coleman gekauft, der selbst einige Jahre auf den Rennstrecken zu Hause war und der auch eine RG 500 für Pat in Japan besorgt hatte, Pat war mit seiner Unterstützung schließlich auch Sieger in der Marlboro Serie auf dem fünften Kontinent geworden, in Europa waren diese Rennen nicht sehr bekannt, für einige Fahrer von der Nordhalbkugel der Erde aber die einzige Möglichkeit auch im Winter Rennen fahren zu können. Pat wurde in Daytona Dritter hinter dem strahlenden Sieger Johnny Cecotto auf Yamaha und dem Zweitplazierten Gary Nixon auf  einer Kawasaki KR750, die, wie schon seine Suzuki 1974, einen speziellen Rahmen von Erv Kanemoto besaß.

Johnny Cecotto, 
jüngster Daytona Sieger, bis dahin!

Wenn die Knochen heil blieben, war auf ihn Verlass, Gary Nixon, Zweiter in Daytona

Pat Hennen (40), 
Dritter auf seinem "Museumsstück" in Daytona, dahinter John Newbold (6)

Drei verschiedene Marken auf dem Podest stellte die wahren Verhältnisse aber vollkommen auf den Kopf, dahinter kamen ausschließlich nur noch Yamahas! Cecotto hatte dabei das Glück des Tüchtigen auf seiner Seite. Als er seine Maschine nach der Ziellinie auf der “Victory Lane“ abstellte, war am Hinterreifen die Karkasse an mehreren Stellen deutlich sichtbar. Sein Konkurrent Kenny Roberts, der ebenfalls wegen eines völlig abgefahrenen Hinterreifens den Sandwall im Infield näher kennenlernte, hatte deswegen am Ende zwei Runden Rückstand, neunter Platz. Vorjahreszweiter Steve Baker konnte nach einem Kerzenwechsel seinen Motor nicht mehr in Gang setzen, Totalausfall. Yvon Duhamel, einziger verbliebener offizieller Kawa-Werksfahrer, legte während des Rennens eigenhändig dreimal die abgesprungene Kette wieder auf den Zahnkranz, chancenlos! Gene Romero wurde Vierter vor Patrick Pons.

Die drei weiteren Straßenrennen der AMA Grand National Championships in Loudon, Laguna Seca und Riverside, das Daytona Rennen zählte ja auch für die Formel 750, sind für diese Geschichte nicht von Belang, da Suzuki nach dem Rückzug im Vorjahr nicht mehr an der AMA Meisterschaft teilnahm.

Es lief nicht alles glatt in 1976, Johnny Cecotto und Andres Ippolito, sein Manager

Das nächste Rennen im Kalender der Formel 750 sollte in San Carlos in Venezuela stattfinden. Nicht zuletzt durch Johnny Cecotto's Erfolge, er war zu dieser Zeit ja amtierender 350ccm Weltmeister, hatte der Motorradrennsport in Venezuela einen rasanten Popularitätssprung gemacht. Andres Ippolito, Cecotto's Sponsor (Venemotos Yamaha), Manager und gleichzeitig Verbandspräsident seines Landes, hatte das Rennen in San Carlos bei den Fahrern stark propagiert und für günstige Transportmöglichkeiten und gute Startgelder gesorgt. Dieses Rennen nimmt in der Motorradrenngeschichte einen besonderen Platz ein, weil über das Ergebnis noch lange nach Ende der Saison gestritten wurde. Eine sehr unglückliche Entscheidung des Weltverbandes FIM nahm dem wahrscheinlichen Sieger dieses Rennens, Gary Nixon, durch das Streichen der Wertung aus der Endabrechnung den ihm höchstwahrscheinlich zustehenden FIM Cup Titel. Ein Bärendienst der FIM an der Formel 750 war diese Entscheidung außerdem durch die Tatsache, dass Nixon auf seiner giftgrünen Kawasaki einen der wenigen Farbkleckse im Meer der weiß-roten Yamahas darstellte. Da man sich vor Ende der Saison beim FIM Kongress in Brügge vom 15.-23. Oktober nun endlich zum WM Status der attraktiven Formel 750 entschließen konnte, wäre eine Entscheidung zugunsten eines Kawasaki Fahrers für das Werk in Japan vielleicht ein Grund gewesen, sich weiter an der Rennserie zu beteiligen. Kawasaki aber beschränkte sich für 1977 auf einige spezielle Rennen in Europa wie z.B. die Isle of Man TT und auf die Superbike Serie auf dem fünften Kontinent, wo Greg Hansford und Murray Sayle auf den von Neville Doyle vorbereiteten Werks KR750 alles, vor allem aber die konkurrierenden Yamahas, in Grund und Boden fuhren.

Aber zurück zum Rennen in San Carlos - was war geschehen? Lokalmatador Johnny Cecotto führte das Rennen lange Zeit an, und seine Landsleute, auch die Rennoffiziellen, schäumten regelrecht über vor Begeisterung. Als Cecotto dann ausfiel, haben wohl leider auch die Zeitnehmer, die die Rundentabellen führen sollten, vor lauter Enttäuschung aufgegeben. Zuerst wurde Gary Nixon zum Sieger erklärt, nach einem Protest von Steve Baker wurde ihm aber kurzerhand der Sieg wieder aberkannt. Den Siegerpokal durfte er kurioserweise behalten. Ein Vergleich der offengelegten teaminternen Rundentabellen, z.B. des Heron Suzuki Teams, machte einen Sieg von Gary Nixon wahrscheinlich, da Steve Baker wohl tatsächlich eine Runde weniger absolviert hatte. Der zweite Platz hätte Nixon am Ende nicht gereicht, um Cup Sieger zu werden. Sein Protest drehte sich natürlich um die Platzierung. John Newbold wurde in diesem Rennen sicher Dritter auf seiner XR11 und Barry Sheene fiel aus.

Die Rennen in Europa


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