die Story der Suzuki XR11 und ihrer Fahrer |
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Das Daytona Rennen endete für Suzuki unglücklich, fast hätte man den ersten Auftritt mit einem Sieg beendet. Die Reifen an Nicholas Maschine hatten etwas dagegen; Mike Babbich, der Good-Year Techniker wollte bei jedem Boxenstop die Temperatur messen und sich den Reifen ansehen, der Schaden befand sich aber wohl an einer Stelle, die er nicht einsehen konnte, der Reifen wurde nicht gewechselt! Jody Nicholas hatte sich einen konfortablen Vorsprung herausgefahren, als sein Hinterreifen bei 170 Sachen, glücklicherweise im Infield, plötzlich die Luft verlor. Er driftete ins Gras ab, jedoch bevor er wieder auf die Strecke zurückrutschte, konnte er die Maschine abfangen und blieb unverletzt. Grant verheizte nach einem völlig verkorksten Tankstop seine Kupplung und Baumann fiel mit Zündungsschaden aus, gerade er hatte noch im Trainig mit 172 mph (279 km/h) einen neuen "Qualifying speed record" aufgestellt. Blieb nur Geoff Perry, der bekam 350 $ Prämie für den 15. Platz. Alles in allem also nicht gerade ein berauschender Einstand für die schnellste Rennmaschine der Welt. Beim nächsten Rennen in Road Atlanta am 16.April 1972 sollte es dann im zweiten Versuch klappen. Jody Nicholas gewann überlegen, Ron Grant wurde Vierter. Lange hatte man aber keine Freude an dem Erfolg, sofort nach Ende des Rennens ging bei der Rennleitung ein anonymer Protest gegen das Suzuki Team ein. Die verwendeten Zylinder würden nicht dem Reglement entsprechen, weil sie in ihrer Außenform nicht mit denen der Serienmaschine übereinstimmen. Das war völlig richtig, die Rennzylinder waren im Sandgussverfahren hergestellt worden und wiesen nicht die an den GT750 Zylindern aus optischen Gründen vorhandenen kleinen Kühlrippen auf. Das Regelwerk der AMA wies im Gegensatz zu dem der Formel 750 in Europa, dem es inzwischen angeglichen war (man wollte ja auch transatlantische Vergleichsrennen, natürlich nach gleichen Regeln, fahren), einen Unterschied auf. Eigentlich war es wohl ein Schreib- oder besser gesagt ein Übertragungsfehler. Nach der FIM Formel 750 mussten die Zylinder aus dem gleichen Gussmaterial (Cylinderbarrel casting material) sein, man wollte die Verwendung von Magnesium verhindern. Im AMA-Rulebook stand an gleicher Stelle dort aber "Cylinderbarrel casting and material", also in Guss und Material der Serienmaschine gleich. Kleiner Unterschied, große Wirkung. Es war anzunehmen, dass das Team, dessen giftgrüne Renner auf Platz zwei und drei gelandet waren, an der ganzen Geschichte nicht völlig unbeteiligt war. In Hamamatsu wurde sofort mit Hochdruck daran gearbeitet "legale" Zylinder herzustellen. Aber man hatte eigentlich Zeit genug, weil man ja mit einer sechsmonatigen Sperre für die Meisterschaftsrennen belegt wurde. (Wer mal bei der Seeley 750 genauer hingeschaut hat, dem ist der "illegale" 1972er Werkszylinder sicher aufgefallen, Anmerk. d.Verf.)
Erst zum Rennen in Talladega am 3. Semptember 1972 durfte man wieder, diesmal mit regelgerechten Zylindern, die Maschinen zum Einsatz zu bringen. Art Baumann wurde Dritter und das, obwohl er sich bei einem Trainingssturz mit 230 km/h das linke Schlüsselbein angebrochen hatte und nur mit großen Schmerzen und einer auf der linken Schulter montierten "Korsettstange" starten konnte. Die amerikanischen Fahrer waren schon aus einem besonderen Holz geschnitzt. Das traf natürlich auch für den Sieger von Talladega, den auch als der verrückte Stürzer bekannten Franko-Kanadier Yvon DuHamel und genauso für den Zweitplatzierten Gary "Ironman"(wegen des hohen Metallanteils in seinem Körper) Nixon zu. Zum Saisonabschluss der sieben Läufe umfassenden Meisterschaft in Ontario am 1. Oktober 1972 konnte Geoff Perry einen Podestplatz erringen. Er wurde Zweiter in dem Rennen, welches das letzte in der Karriere von Jody Nicholas werden sollte. Nach seinem schweren Sturz sollte er nie mehr in den Sattel einer Rennmaschine steigen, das Suzuki-Team verlor seinen Leithammel, einen der bemerkenswertesten Fahrer, hochgebildet, Geigenvirtuose und Marine Kampfpilot mit vielen Einsätzen über Vietnam. Die einzige XR11, die 1972 außerhalb der USA eingesetzt wurde, war in Händen des Suzuki Europa Racing Team, das vom italienischen Suzuki Importeur S.A.I.A.D. in Turin unterhalten wurde. Bei den nur sehr sporadischen Einsätzen fuhr Guido Mandracchi bei einem internationalen 750ccm Rennen in Misano auf den vierten Platz. Genau wie in Amerika wurden die Maschinen nach dem Rückzug aus der Straßenweltmeisterschaft auch in Europa nicht von einem Werksteam sondern von einem werksunterstüzten Importeursteam eingesetzt. ( Ein echter Werksfahrer sollte erst wieder 1974 Barry Sheene werden, der die Entwicklung der Vierzylinder RG500, Werkscode XR14, unter direkter Werksaufsicht vorantreiben sollte)
Rex White, der technische Leiter von Suzuki GB, hatte in Japan angefragt, ob man nicht für die TT auf der Isle of Man eine XR11 bekommen könnte. Die italienische Maschine wurde daraufhin nach England ausgeliehen und Jack Findlay, durch den Kängeruhaufkleber an seinem Helm leicht als Australier zu erkennen, erreichte einen hervorragenden 3. Platz im 750ccm Rennen am 5.6.1972. Ein toller Einstand auf der Insel, die für die XR11 ein gutes Pflaster bleiben sollte. Die Wahl des Fahrers fiel nicht zuletzt deshalb auf Findlay, weil er mit der TR500 im Jahr zuvor den ersten Halbliter GP Sieg für Suzuki eingefahren hatte, auf dem fast genauso schwierigen Dundrod Kurs beim Ulster Grand Prix. Der große Durst der Suzuki verhinderte eine noch bessere Platzierung, der Sieger des Rennens, Ray Pickrell und der Zweite, Tony Jefferies, saßen auf Triumph Trident Rennmaschinen. Bei der Vorbereitung der Suzuki waren neben White auch die Brüder Bran und David Bardsley, beide damals wie noch heute im Suzuki Handel beschäftigt, mitbeteiligt. Man fügte dem Hilfsrahmen der XR11 eine Querstrebe vom linken Schwingenlager zur rechten Stoßdämpferaufnahme hinzu, um die Verwindungen des Rahmens auf dem welligen Mountain Circuit etwas zu vermindern. Schlecht tragende Bremsbeläge ließen Findlay am Erfolg zweifeln, mit dem hergestellten vollständigen Flächenkontakt zu den Bremsscheiben waren sie dann 500% besser, meinte er und kam auf’s Treppchen. Der einzige andere noch erwähnenswerte XR11 Auftritt in Europa im diesem Jahr fand beim 200 Meilen Rennen von Imola am 23.4.1972 statt. Ron Grant wurde bei seinem Europaabstecher 17. von 21 ins Ziel gekommenen Fahrern. Er hatte fünf Runden Rückstand auf den Sieger Paul Smart, der mit seinem Teamkollegen Bruno Spaggiari jenen historischen Ducati Doppelsieg feiern konnte. Der Engländer Paul Smart fuhr im gleichen Jahr die Rennen der Amerikanischen AMA Meisterschaft auf 750ccm (teils Seeley-)Kawasaki H2R. Das Jahr 1973 brachte mit dem Einstieg von Suzuki GB in die Formel 750 einen zweiten Hauptschauplatz. Inzwischen war man in Japan nicht untätig gewesen, die Leistung des Motors stieg durch Veränderungen an Auspuff, Steuerzeiten und den dazu notwendigen 38mm Vergasern auf ca.110 PS, die damit erreichbare Höchstgeschwindigket auf über 290 km/h. Shoji Tanaka war der für die Fahrwerksentwicklung zuständige Mann. Als er erzählte, dass es mit dem Rahmen ein wenig Probleme gegeben habe, entsprach diese Aussage genau dem japanischen Wesen. Einem Gesichtsverlust wäre es gleichgekommen, die ganze schreckliche Wahrheit einzugestehen. Für 1973 aber verstärkte man den Rahmen durch größere Rohrdurchmesser, eine geringfügig dickere Wandstärke und übernahm die zusätzlichen Verstrebungen im Hilfsrahmen der englischen Suzuki Monteure für alle XR11 Rahmen. Das Gewicht der Maschine konnte mit Hilfe einiger Magnesiumteile trotzdem auf knapp unter 160 kg gedrückt werden. Damit waren die schlimmsten Verwindungen im Fahrgestell der XR11 veschwunden, ihr ungewöhnliches untersteuerndes Fahrverhalten wegen der zu geringen Vorderradlast verlor sie jedoch erst mit Einführung des neuen Rahmens nach Beginn der Saison 1974.
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