die Story der Suzuki XR11 und ihrer Fahrer Teil 2 |
1974 |
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Die Rennen in Amerika Zurück zum Rennen in Daytona am 10.03.1974. Immer Saisonauftakt und zugleich Höhepunkt der amerikanischen Saison. Das Suzukiteam wollte seine Chancen gegen die Yamaha Übermacht wahren und mit Nixon, Smart und Carr hatte man ja auch daytonaerfahrene Eisen im Feuer, um Roberts, Romero, Kanaya und Agostini entgegenzutreten. Der Druck auf die Fahrer war enorm und die Nerven machten sich bei dem einen oder anderen Fahrer bemerkbar. Merv Wright, der amerikanische Suzuki Teamchef, hatte so seine eigenen Methoden, um mit den empfindlichen Fahrerdiven fertigzuwerden.
Er ließ die Fahrer im Training verschiedene Schwingen und Stoßdämpferkombinationen ausprobieren und beobachtete die Rundenzeiten ganz genau. Sheene war mit der gefundenen Lösung aber unglücklich und verlangte Änderungen. Er schaute in der Zwischenzeit seinem Freund Gary Nixon bei dessen Trainingsrunden zu. "Ironman" Nixon war bekannt für seine unerschrockene Art, das furchterregende Geschaukel konnte ihn nicht schocken, und Sheene war schwer beeindruckt. Als Barry Sheene auf seine nächsten Trainingsrunden ging, hatte Wright rein gar nichts an Sheene’s Maschine ändern lassen. Als Sheene zurück kam, war sein Kommentar „So ist es perfekt! Nichts mehr anrühren". „Alles Psychologie", war Wright’s Meinung dazu.
Im Rennen war es Gary Nixon, der ganz nah an den ersehnten
Sieg herankam. Er lag 12 Sekunden vor Agostini, der noch zum Tanken musste, in
Führung. Dann riskierte er zu viel
und stürzte in der 38. von 47 Runden. Wieder nichts mit dem Sieg in Daytona. Sheene
schied mit Zündungsschaden aus. Smart lag zu Beginn des
Rennens vorn, er hatte die Pole-Position, aber seine Kondition reichte am
Schluss nur zum neunten Platz. Araoka wurde als Siebter unerwartet bester Suzuki
Fahrer. Cliff Carr beendete das Rennen als Elfter. Agostini gewann vor
Roberts und ließ sich verdienterweise umjubeln. Erstes Rennen für die
700erYamaha, erster Sieg! Wright setzte Nixon, Carr und Smart auf drei völlig identische Maschinen und bewies seine Theorie auf’s Neue. Nach nur einer Runde fuhr Smart mit kreidebleichem Gesicht an die Box und erklärte, dass das Motorrad unfahrbar sei. Carr kam etwas später herein und meinte, es wäre ganz o.k., könnte aber besser sein, und Nixon war ganz angetan von der neuen Maschine! Um das Problem zu lösen, ließ Wright die Maschinen tauschen, mit genau gleichem Ergebnis. Alles Psychologie, wie gesagt. Ganz aus der Luft gegriffen waren die unterschiedlichen Urteile nun aber doch nicht. Es zeigte sich die Abhängigkeit von der physischen Konstitution des Fahrers, Nixon und Fahrwerkstester Itoh hatten etwa gleiche (geringe) Größe und Gewicht. Carr und Smart waren viel kräftiger und größer. Die Strecken in Amerika waren außerdem viel unebener und rauer als der Testkurs in Japan. Dazu kam noch der Fahrstil. Smart gilt bis heute, neben dem unvergessenen Renzo Pasolini, als der Erfinder des „hanging off", manchmal nur noch mit den „Zehennägeln" an der Maschine hängend! (Orginalton Merv Wright). Carr drückte die Maschinen auf eine ganz eigentümliche Weise mit aller Kraft durch die Kurven und Nixon saß immer kerzengerade obendrauf - kein Wunder, dass es da Unterschiede gab. Nixon wurde Dritter in Atlanta, Carr und Smart brachen das Rennen wegen Fahrwerksproblemen entnervt ab, ohne dass sich ein technischer Grund finden ließ. Nach dem Rennen meinte Nixon’s Mechaniker und Wundertuner Erv Kanemoto (zwar mit japanischem Namen, aber in den USA geboren), dass der Rahmen mit anderer Lenkgeometrie noch besser sein könnte und baute zusammen mit einer Firma aus Santa Anna einen verbesserten Rahmen mit verstellbarer Lenkgeometrie für Nixon’s XR11. Von privater Entwicklungsarbeit wollten die Japaner aber gar nicht gerne hören. Der neue Rahmen wurde bei den japanischen Mechanikern nur mit bösen Blicken gewürdigt. Als Nixon schon beim nächsten Meisterschaftslauf in Loudon am 16.6.1974 mit der umgebauten Maschine auftauchte, erkannten die Werksmechaniker sofort das fremde Ei, das ihnen da ins Nest gelegt werden sollte. Nixon widerstand den freundlich geäußerten Drohungen und startete trotzdem mit seiner Kanemoto XR11. Er gewann überlegen das 75Meilen Rennen und hinterließ eine Reihe sprach- und fassungsloser kleiner japanischer Mechaniker. Außerdem hatte die Sache noch den Effekt, dass Smart und Carr nun auch noch einen solchen Rahmen wollten, was die Stimmung bei den Renningenieuren und Mechanikern nicht gerade verbesserte. Smart hatte mit den üblichen Problemen noch einen 13. Platz erkämpft und Carr war ausgefallen.
In Laguna Seca am 28.07.1974 traten nur noch Paul Smart und Cliff Carr, mit jetzt nach Nixon’s Vorbild umgebauten Orginalrahmen, an. Merv Wright erinnert sich an eine Episode aus dem Trainning zum Rennen in Laguna Seca. Paul Smart flitzte die lange Gerade den Berg hinauf und hatte sich bereits nach links herausgehängt in Vorbereitung auf die hinter der Kuppe liegende Linkskurve, als beim Schalten in den 5. Gang die Kurbelwelle brach und im Motor plötzlich die Hölle los war, Wright: „Noch nie im meinem ganzen Leben habe ich jemanden gesehen, der sich so schnell bewegt hat. Im Bruchteil einer Sekunde war Smart von der Seite der Maschine wieder oben drauf. Er konnte das Motorrad noch sicher zum Streckenrand lenken, aber unzweifelhaft hat er danach sofort die Unterwäsche gewechselt, es hat auf jeden Fall lustig ausgesehen." Im Hauptrennen wurde Paul Smart immerhin Dritter, Cliff Carr war in den Vorläufen der Motor geplatzt, im Hauptrennen musste er, auf dem 7. Platz liegend, wegen Bremsdefekt aufgeben. Zum vorletzten Lauf der Meisterschaft am 01.09.1974 in Talladega war Barry Sheene wieder in Amerika dabei, nachdem eine Woche vorher der letzte Lauf der Grand Prix Saison in Europa in Brünn stattgefunden hatte. Sheene war in der WM Wertung Sechster geworden, Findlay vor ihm auf den fünften Platz. |
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